
Jochen Volpert – Ten
Jochen Volpert veröffentlichte genau vor einem Jahr, am 15. Oktober 2024, ein weiteres Album seiner nummerierten Solo-Serie. Das Werk trägt den folgerichtigen Titel „Ten“.
Hinter dieser schlichten Bezeichnung verbergen sich zwölf ausdrucksstarke Songs, die ein klares Statement setzen. Es ist Musik, die perfekt in die aktuelle Jahreszeit passt und tief berührt. Was die beteiligten Musikerinnen und Musiker auf diesem Album musikalisch gezaubert haben, ist ein Geniestreich.
Doch bevor wir uns der Musik zuwenden, ein kurzer Exkurs zum Künstler selbst: Im Sommer 2024 hatte ich die Gelegenheit, Jochen Volpert im Rahmen des Eric Clapton-Coverprojekts „Bell Bottom Blues Band“ live zu erleben. Es war eine Freude, zu sehen, mit welcher Hingabe, Ehrfurcht und Freude dieser Mann sein Instrument bedient. Volpert vermittelt dabei stets eine unheimlich positive und ansteckende Energie. Mit diesem Live-Erlebnis im Hinterkopf höre ich nun sein neues Werk.
„Ten“ ist für mich ein auf den Punkt passendes Herbstalbum. Der Sommer hat sich verabschiedet und verspricht uns noch schöne Herbsttage mit sich färbenden Blättern, den sogenannten Indian Summer. Dieses Album liefert den idealen Soundtrack dazu.
Zur Verwirklichung dieser facettenreichen Klangbilder hat sich Volpert hochkarätige Gäste aus seinem „Würzblueser“-Umfeld eingeladen. Er hat die musikalischen Freunde und Freundinnen so eingebunden, dass sie das Album bereichern, ohne es zu überfrachten. Es ist stets ein Jochen Volpert-Soloprojekt geblieben – ein Unterschied zu seinen Session-Projekten „Session 50.1“ (2013) und „Session 52.2“ (2015).
Seine vorhergehenden Soloalben „Six“, „Seven“, „Eight“ und „Nine“ wurden von der Fachpresse hoch gelobt und von mir mit Vergnügen gehört. „Ten“ ist für mich eine nochmalige Weiterentwicklung und Steigerung.
Eröffnet wird das Album mit „1973“, einer Hommage an die Filmmusiken der frühen 70er Jahre. Volperts Gitarrenspiel ver- und bezaubert vom ersten Ton an, während Achim Gössl das musikalische Cinema-Spektakel mit virtuosen Variationen an den Tasten abrundet. Grandios ist der fast nahtlose Übergang zu „Dance The Blues Away“, einer Gemeinschaftsproduktion mit Volperts Ehefrau Carola Thieme. Ihre ausdrucksstarke Soulstimme setzt hier sowie in den Stücken „To Be Loved By You“ und dem abschließenden „Trouble“ (Bonus) ein weiteres, unter die Haut gehendes Highlight.
Die Variantenvielfalt des Werks wird nicht nur durch Carola Thiemes Gesang unterstrichen, sondern auch durch den Mann an den sechs Saiten selbst. „Fat“ ist "fett" im besten Sinne. „Manchmal muss es einfach raus, Dampf ablassen“, meint Volpert – ein Statement, das zur Musik passt. Nahtlos folgt der nächste Streich, „Cooler Than Ice“, im Zusammenspiel mit Dirk Blümlein am Bass. Knapp vier Minuten, die wie im Flug vergehen. Dieser Song würde sich auch perfekt für eine ausgedehnte Jamsession eignen.
Ein weiteres Glanzlicht ist der „Dune Song“. Gemeinsam mit dem Keyboarder, Musikproduzenten und Klangkünstler Burkard Schmidl begibt sich Volpert auf eine musikalische Orientreise. Die Frage, wer wen zu musikalischen Höchstleistungen inspiriert, bleibt offen: Ist es Volperts Experimentierfreudigkeit oder das geballte Können eines Vollblutmusikers wie Schmidl, der bereits in Vorprogrammen von Albert Mangelsdorff, Volker Kriegel und Klaus Doldinger unterwegs war? Mit „Shake It“ präsentiert uns Jochen Volpert seinen letzten musikalischen Gast; Jan Hees bedient die Drums.
Den Abschluss bildet das bereits erwähnte und von Carola Thieme gesungene „Trouble“. Der Song ist als Bonustrack ausgewiesen und gleichzeitig Carola Thiemes neue Single, die sich hier aber bestens in das Gesamtwerk einfügt.
Trotz der genannten Gäste behält der Gitarrist stets das Heft des Handelns in der Hand. Er präsentiert sein vielschichtiges Talent und Können in all seinen Variationen. Da stellt sich natürlich die Frage nach Volperts Inspiration. In Fachmagazinen liest man oft Vergleiche wie „klingt wie...“. Sollte ich jetzt Joer Bonamassa, Eric Clapton, Krissy Matthews, Vanesa Harbek, Chet Atkins oder gar Mark Knopfler anführen? Ich verzichte darauf. Volpert klingt schlicht nach Volpert – und „Ten“ ist ein überragendes Album.