[REVIEW] Galactic Cowboys • Galactic Cowboys (1991)

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Beatnik
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[REVIEW] Galactic Cowboys • Galactic Cowboys (1991)

Beitrag von Beatnik »

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Eine der vielleicht übersehensten Bands der 90er Jahre präsentierte einen opulenten und in Kopf, Bauch und Bein schiessenden Trash Metal, der so viel mehr war als blosse Knallerei in die Magengrube. Würde man den Thrash Metal von Bands wie Metallica, Pantera, Megadeth, Anthrax mit dem Alternative Rock von Faith No More (insbesondere "Real Thing" oder "Angel Dust") und Soundgarden ("Louder Than Love", "Badmotorfinger") sowie die sich in den Gehörgängen festkrallenden Melodien von King's X und den Beatles (!) und den Progressive Rock von Dream Theater und Extreme in einen Mixer schmeissen und alles richtig durchschütteln, würden am Ende die Galactic Cowboys herauskommen. Insbesondere ihr Debutalbum war so viel mehr als blosses Abfeuern üblicher Trash Metal Salven und noch heute kann man kaum glauben, was für ein unfassbar vielseitiges und farbenfrohes Feuerwerk hier abgeschossen wurde.

Die Galactic Cowboys waren eine US-amerikanische Band aus Houston, Texas. Der Gesang erinnerte an die Beatles und das Spiel der Musik an Thrash Metal Bands wie Anthrax. Die Gruppe wurde als die wahrscheinlich melodischste Metal-Band, die jemals auf dem christlichen oder generellen Markt existierte, beschrieben. Obwohl alle Mitglieder der Band bekennende Christen waren, verstand sich die Gruppe nicht als christliche Band. Die Galactic Cowboys traten zusammen mit Bands wie Anthrax, Dream Theater, King's X und Overkill auf. Sie wurden im Jahre 1989 von Bassist Monty Colvin und Alan Doss, dem Schlagzeuger von The Awful Truth, gegründet. Nachdem sich The Awful Truth aufgelöst hatten, kamen schliesslich auch deren Sänger Ben Huggins und der Gitarrist Dane Sonnier zur Besetzung hinzu.

Bereits ein knappes halbes Jahr nach ihrer Gründung unterschrieb die Band einen Vertrag beim Plattenlabel Geffen Records und veröffentlichte im Jahre 1991 ihr selbst betiteltes Debütalbum. Trotz einiger guter Kritiken, erhielt die Band seitens des Labels aufgrund des Erfolges von Grunge Bands wie Nirvana und deren Album "Nevermind" kaum Aufmerksamkeit. Wenn man sich die Stücke des Debutalbums heute, mehr als 25 Jahre nach dem Erscheinen, anhört, mag man das aus heutiger Sicht kaum glauben. Mit "I'm Not Amused" starteten die Cowboys in eine Art friedvoller Kuhweide inklusive Kühen, bevor sie sich mit brachialem Trash Metal der Marke Testament eindrucksvoll in Szene setzten. Schon dieses erste Stück zeigte die Band in all ihren Besonderheiten: Hart und geerdet wie Black Sabbath, mit einem überaus mitsingbaren mehrstimmigen Chorus und vielen kleinen instrumentalen Gimmicks, die den Gesamtsound immer wieder interessant machten, inklusive nicht unbedingt zu erwartendem Bluesharmonika-Teil. Nicht minder imposant das nachfolgende "My School", bei welchem die Band teilweise recht mysteriöse Klänge in einen ansonsten brettharten Trash einbaute. "Kaptain Krude", das peitschende "Kill Floor" und die abseitigen Kurzthemen "Pump Up The Space Sulf" und ""Ranch On Mars Reprise", welche schliesslich in das längste Stück der Platte "Speak To Me" mündeten, gaben diesem Album dann den ultimativen Höhepunkt: Trash Metal meets Pink Floyd. Sehr ungewohnt, sehr ausgefallen und sehr brilliant. Die meisten Tracks des Albums bewegen sich zwischen 6 und 7 Minuten Lauflänge, mit Ausnahme der erwähnten Kurzthemen und dem Longtrack "Speak To Me", der die 10 Minuten Marke sprengte. Ebenfalls einer der Toptracks des Werks war "Sea Of Tranquility"

Nach aufgrund der überrragenden Qualitäten des Albums kaum erwarteten schlechten Verkaufszahlen und einigen Tourneen, die ebenfalls den Durchbruch nicht brachten, begab sich die Band erneut ins Tonstudio und veröffentlichte im Jahre 1993 das zweite Album "Space In Your Face", das der Qualität ihres Debutalbums in nichts nachstand. Durch dieses zweite Werk konnte sich die Band aber auf dem Markt etablieren. Das Album enthielt mit "If I Were A Killer" und "I Do What I Do" zwei kleinere Hits, welche regelmässig auf MTV und dem Radiosender ZROCK gespielt wurden. Die Band trennte sich danach von Geffen Records, ihrem Manager Sam Taylor und dem Gitarristen Dane Sonnier.

Einige Zeit später tauchte die Gruppe in dem Film 'Airheads' unter dem Namen Sons Of Thunder auf. Das einzige Originalstück, das in dem Film gespielt wurde, war "Don’t Hate Me Because I'm Beautiful", das auf keiner offiziellen Platte der Galactic Cowboys zu finden ist und nur als ein kurzer Auszug im Film zu hören war. Nachdem sich die Gruppe kurzzeitig aufgelöst hatte, fand sie schliesslich wieder zusammen, wobei Wally Farkas als neuer Gitarrist eingestiegen war und die Gruppe inzwischen einen neuen einen Plattenvertrag bei Metal Blade Records unterzeichnet hatte. Es folgte die Veröffentlichung des dritten Albums "Machine Fish" und der EP "Feel The Rage", beide im Jahre 1996. Das Album "The Horse That Bud Bought" folgte im Jahr darauf.

Die Band nahm das Album "At The End Of The Day" im Jahre 1998 auf, ein Konzeptalbum, das bei den Fans als bestes Werk der Galactic Cowboys gilt. Zwei Wochen vor der Veröffentlichung des Albums verliess jedoch der Schlagzeuger Alan Doss die Band. Für die nachfolgende Tournee stiess Erick Tatuaka als Session-Schlagzeuger zur Band. Das letzte Werk "Let It Go" wurde im Jahre 2000 veröffentlicht, wobei jedes der Bandmitglieder auch sang. Der King's-X Schlagzeuger Jerry Gaskill, ein Freund der Band, war auf dem Album als Schlagzeuger zu hören. Neben eigenen Songs nahmen die Galactic Cowboys auch Coverversionen von Titeln der Bands Kiss, Petra und Wings auf. Im August 2009 spielte die Band schliesslich drei Wiedervereinigungskonzerte in Houston, Dallas und Austin.

Monty Colvin war Bassist der Band von 1991 bis 2000. Ab dem Jahr 2000 begann er eine Solokarriere mit seiner eigenen Band Crunchy. Das erste Album "All Day Sucker" erschien im Jahre 2001. Auf dem zweiten Album "Clown School Dropout" spielte Colvin fast alle Instrumente selbst und stellte für die Aufnahmen einen Session-Schlagzeuger ein. Als Einflüsse der Band galten dabei Gruppen wie die Wildhearts, Cheap Trick, die Foo Fighters und die Ramones. Das dritte Album "Loserville" von 2007 erhielt einen Gastauftritt von Kerry Livgren, Mitglied der Band Kansas. Monty Colvin ist ausserdem der Cousin des verstorbenen Dee Dee Ramone. Alan Doss war später als Manager und Produzent tätig. Er stand dabei in Diensten von Bands wie Ashbury Keys und Jambi's Revenge und spielte dabei auch immer wieder Keyboards und Bass als Mitmusiker.

Ben Huggins spielte nach den Galactic Cowboys in einer Band namens Gristle und fungierte als Gastmusiker für The Phlegmatics. Gristle's erstes Album "Cold Blue Sky" wurde am 17. Juli 2012 als Download veröffentlicht. Wally Farkas war als Distributor für diverse Hip-Hop-Künstler aus der Houstoner Gegend tätig. Zusammen mit Ty Tabor von King's X veröffentlichte er unter dem Namen Xenuphobe zwei Alben: "1.0" im Jahre 2006 und "2.0: Electrolux" im Jahre 2007. Danach gründete er sein eigenes Label Molken Music. Farkas war als Co-Produzent und Gitarrist bei Doug Pinnicks (King's X) Album "Strum Sum Up" tätig. Dane Sonnier schliesslich gründete zusammen mit seinem Bruder Lee die Band The Sonnier Brothers Band. Lee war ausserdem Gitarrist bei Gristle. Im Jahre 2017 kam es erneut zu einer Reunion und daraus resultierte ein bislang letztes Album mit dem Titel "Long Way Back To The Moon".



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Louder Than Hell
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Re: [REVIEW] Galactic Cowboys • Galactic Cowboys (1991)

Beitrag von Louder Than Hell »

Galactic Cowboys habe ich schon Anfang der 90er kennen- und schätzen gelernt. Damals war für mich das Rock Hard ein vertrautes Musikmagazin, die diese Band beworben hatten. Da mir das von dir beschriebene Debüt gefiel, folgten auch noch ihre beiden nächsten Alben.

Eine auf den Punkt gebrachte Stilbeschreibung der Band ist letztlich kaum möglich, weil sie viel zu vielseitig waren und sich in den unterschiedlichsten Metalbereichen tummelten. Die von dir genannten Bandbeispiele haben somit durchaus ihre Berechtigung, weil sie in zahlreichen Bereichen unterwegs waren, ohne hierbei spürbar von anderen Gruppen etwas abzukupfern.

Galactic Cowboys waren auch nicht auf dem Trip "Laut oder leise, verhalten oder schnell" unterwegs, sondern fanden eine Melange oder Identität, die aus härteren als auch ruhigen und sehr melodischen Passagen bestanden. Und gerade diese Mischung war das Salz in der viel zitierten Suppe.

Zu den absoluten Aushängeschildern des Albums sei noch angemerkt, war das Riffing, also das Herzstück ihrer Musik, was die Basis und auch das Fundament ihrer Musik darstellte. Ohne diesen musikalischen Teppich, also den faktischen Motor der eingespielten Musikstücke, wäre so etwas Glanzvolles gar nicht vollbracht worden.

Durch deine abermals biografische und lesenswerte Rezi bin ich nochmals in alte Zeiten eingetaucht und habe mir speziell dieses Album am späten Nachmittag zur Brust genommen, weil gewisse Details doch ein wenig in Vergessenheit geraten sind. Tja, was soll ich sagen, der Tauchgang hat sich gelohnt.
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