[Review] Gerry Lockran • Wun (1972)

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Beatnik
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[Review] Gerry Lockran • Wun (1972)

Beitrag von Beatnik »

Der am 19. Juli 1942 als Gerald Cranston Frederick Loughran in der indischen Yeotmal Provinz geborene Blues-, Folk- und Rock-Sänger mit seiner sehr prägnanten Stimme war eines von acht Kindern einer Familie aus Damoh am Fusse des Himalayas. Ursprünglich aus England im Jahre 1800 nach Indien emigriert, kehrte die Familie nach dem Tod des Vaters 1949 wieder zurück nach England.

Dort begann Gerry Lockran ab 1961 in unterschiedlichen Bands zu spielen, die sowohl einen Bezug zur britischen Skiffle-Musik hatten, jedoch auch der aufkeimenden Beatmusik verpflichtet waren. Als Gitarrist und Sänger der Gruppen "The Hornets" und "Wally Whyton and The Vipers" verdiente er sich erste Sporen ab, tat sich ab 1963 mit den zwei jungen Bluesmusikern Cliff Aungier und Royd Rivers zusammen und begann ab da, sich dem traditionellen Blues etwa eines Big Bill Broonzy zu widmen, der ihn sehr zu seiner eigenen Musik inspirierte. Der schon damals relativ bekannte englische Folk Gitarrist John Renbourn erinnert sich, dass Gerry Lockran's Gitarrenspiel einen wichtigen Einfluss darstellt, der ihn zu seiner eigenen Spielweise der Gitarre inspiriert hat: "Lockran was a great player and a great guy who took me under his wing and gave me a platform". Im April 1965 änderte der Musiker seinen Nachnamen Loughran in den Künstlernamen Lockran.

Zu der Zeit spielte er viele Konzerte in wechselnden Besetzungen. Darunter befanden sich auch Konzerte, die im Rahmen einer Package Tour unter der Bezeichnung "Kings of the Blues" gemeinsame Auftritte mit Long John Baldry, Alexis Korner und Duffy Power beinhalteten. Am 6. August 1965 eröffnete Lockran, zusammen mit seinen musikalischen Freunden Aungier and Rivers den Folk und Blues Club "Folksville" in London, der sich zu einem der grossen Geheimtipps der britischen Folk- und Bluesmusik entwickelte und dem Musiker 1966 auch einen Plattenvertrag bescherte, nachdem Talentscouts auf den Club und die dort auftretenden meist noch unbekannten und sehr talentierten Bands aufmerksam geworden waren und regelmässig Ausschau nach zukünftigen Stars hielten.

Lockran's erstes Album "Hold On - I'm Coming!" erschien im selben Jahr und darauf waren inzwischen schon die bekannten Folkmusiker Danny Thompson, Terry Cox und Ray Warleigh zu hören. Im Jahr darauf erschien mit dem zweiten Album "Blues Vendetta" ein zum momentanen musikalischen Trend sehr gut passendes Blues-, Rock- und Folk-Album, das im Rahmen des "British Blues Revival" auf reges Interesse stiess und sich auch relativ gut verkaufen konnte. Gerry Lockran konnte dank der vielen Musiker, die er dank seines Musik Clubs kennenlernte, viele Kontakte knüpfen und pflegen, und so erstaunt es nicht, dass er seine Mitstreiter immer sorgfältiger auswählte und auch immer professioneller agieren konnte. 1971 traf er in Nigel Thomas einen Produzenten, der bereits mit Bands und Künstlern wie Joe Cocker, der Grease Band, den Faces, Chris Stainton und Juicy Lucy einige erfolgreiche Alben auf den Weg gebracht hatte. Während der beiden folgenden Jahre war Gerry Lockran deshalb stets auch live mit den Genannten unterwegs, und zwar sowohl in Europa, wie auch in Amerika. 40 Auftritte konnte er so alleine als Support Act auf Joe Cocker's US- und Kanada Tour 1972 und 1973 bestreiten, was ihm bald ein relativ grosses Renomée bescherte.

Während dieser Zeit nahm Gerry Lockran mit "Wun" auch ein weiteres Album auf, bei welchem Lockran instrumentale Unterstützung von Ronnie Wood, Neil Hubbard, Alan Spenner, Andy Pyle, Ron Berg, Chris Mercer, Bruce Rowland und Cliff Aungier erhielt, was das Album zu einem wahren Highlight des britischen Blues Rock werden liess.

Trotz exzessivem Tourens in Europa und Amerika gelang es jedoch nicht, das Album einigermassen gewinnbringend an die Fans zu bringen, weshalb die Plattenfirma Polydor den Musiker nach diesem einen Album wieder fallen liess. Dabei fanden sich auf dieser Platte etliche tolle Songs von herausragender Qualität, wie zum Beispiel den Opener "Father To Your Children", auf welchem der damals noch relativ unbekannte Gitarrist Bryn Haworth eine exzellente Gitarre spielte. Auf "Maybe Not Up" und "Tired Neal Groans" fielen vor allem die fetten Bass/Schlagzeug-Fundamente von Andy Pyle und Ron Berg auf, die beide von Blodywn Pig kamen und unmittelbar nach diesen Aufnahmen zu einer neuen Inkarnation von Savoy Brown wechselten und dort auf deren LP's "Lion's Share" und "Jack The Toad" mitspielten. Speziell im Song "Maybe Not Up" konnte auch Saxophonist Chris Mercer glänzen. Der ehemalige Mistreiter von John Mayall und der Band Juicy Lucy steuerte ein phantastisches Saxophon-Spiel bei, das dem Titel eine perfekte angejazzte Form gab. Mit Gitarrist Neil Hubbard, Bassist Alan Spenner und Schlagzeuger Bruce Rowland spielten beim Stück "Stop On The Red" ausserdem eine Abordnung der damals aktuellen Begleitband von Joe Cocker. Bei dem Stück steuerte der damalige Faces- und zukünftige Rolling Stones-Gitarrist Ronnie Wood eine exzellente Slide Gitarre bei.

1976 erschien noch ein weiteres Album von Gerry Lockran mit dem Titel "Rags To Gladrags" mit den Musikern Mick Ralphs, Henry McCulloch, Philipp Chen, Pete Wingfield und Mel Collins, das leider völlig unbeachtet blieb, obwohl es genauso interessant und kompetent gespielt war.

Danach führte Gerry Lockran's Weg kontinuierlich zurück zu seinen Roots, und sein finales Album "Cushioned for a Soft Ride Inside" im Jahre 1982 spielte er mit Hans Theessink ein - ein subtiles und stilles Folk- und Bluesalbum, weitestgehend akustisch. Zu dem Zeitpunkt hatte er bereits einen Herzinfarkt hinter sich, den er im Jahr zuvor erlitten hatte, was es ihm verunmöglichte, seine linke Hand weiterhin zu gebrauchen. Ein schwerer Schicksalsschlag, von dem sich der Sänger und Gitarrist nicht mehr erholte. Ein weiterer Herzinfarkt kostete ihn am 17. November 1987 das Leben.

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BRAIN
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Re: [Review] Gerry Lockran • Wun (1972)

Beitrag von BRAIN »

hat durchaus seinen eigenen Stil und die Stimme ist ebenfalls unverkennbar.
Ich kenne Lockran nicht, das kann sich aber mal ändern, wenn mir die Scheibe zu einem günstigen Tarif in die Hände fällt.
Könnte man auch in den Blues/Bluesrock Bereich schieben?
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Re: [Review] Gerry Lockran • Wun (1972)

Beitrag von Beatnik »

Darfst Du gerne machen, passt auch gut dort rein 👍
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