Am 12. Juni 1941 erblickte Roy Harper in Manchester das Licht der Welt.
Einer Welt, mit der er stets im Konflikt stand.
Im Alter von 17 Jahren meldete er sich freiwillig zur Royal Air Force, was er schnell bereute und deshalb vortäuschte geisteskrank zu sein, um wieder entlassen zu werden.
Der Schuss ging nach hinten los, Harper wurde prompt durch diverse Anstalten geschleust und bis hin zur Elektroschocktherapie behandelt.
Eine gewisse Ähnlichkeit zu Mc Murphy von „Einer flog über das Kuckucksnest“ ist nicht von der Hand zu weisen.
Nachdem er diese Torture hinter sich hatte, musste er 1 Jahr wegen diverser kleinerer Delikte im Gefängnis absitzen.
Ab Mitte der 60er konnte Roy jedoch seine Freiheit genießen und tingelte in Beatnik-Manier als Folkmusiker quer durch Europa.
Als er Ende 1966 im -Swingin'- London ankam, entwickelte er sich schnell zum Underground Helden, ähnlich wie Syd Barrett.
Seine drei ersten Platten sind deutlich von Folkmusik und Beatnik-Poesie geprägt, häufig scheinen die Texte wichtiger als die Musik zu sein.
Led Zeppelin wollten ihn als Textschreiber engagieren, woraus jedoch nichts wurde.
Rock-Poeten waren zu jener Zeit sehr gefragt, weshalb Harper auch einen guten Plattenvertrag bei EMI bekam und mit dem deutlich rockorientierten Album Flat Baroque and Berserk mehr Beachtung erhielt.
Als Backingband waren hier teilweise die Musiker von The Nice, anonym, zugange.
Mit Stormcock schuf Roy sein erstes Meisterwerk, eine Art "Folkprog-Sinfonie" basierend auf überwiegend akustischen Instrumenten.
Joanna Newsom wurde von dieser Platte zu Ys inspiriert, worauf durch ihren Erfolg auch wieder Roy Harper ins Gespräch kam, und so 2007 das Werk komplett mit Kammerorchester aufführte.
Auch wenn Harper bei Musikerkollegen höchstes Ansehen genoß, kam er über den Insiderstatus nie hinaus.
Seine apostelhafte Attitüde machte es einem breiten Publikum schwer ihm zu folgen, er hielt bei Konzerten minutenlange Vorträge, beschimpfte sein Publikum und gab sich auch sonst als großer Exzentriker.
Nach seinem geflopten Schauspielerdebut im Film „Made“ erkrankte Roy schwer an einer Blutkrankheit.
Im Angesicht des Todes entstanden die Lieder zu Lifemask die eine Totenmaske mit dem Abbild von Harper auf dem Cover zeigte.
Die Alben Lifemask als auch Valentine bestechen durch feingesponnene Liebeslieder und rauen Rhytm & Blues Stücken.
1975 formierte Harper seine Band Trigger mit Chris Spedding und Bill Bruford.
Die daraus entstandene Platte HQ, welche mit großem Staraufgebot aufgenommen wurde, gilt als sein größter Erfolg und als Klassiker.
Auch große Konzerterfolge hielt die Band Trigger nicht zusammen die an zwischenmenschlichen Zwistigkeiten von Spedding und Harper scheiterte.
Roy Harper zog sich nun für eine Weile zurück bis er von Linda und Paul Mc Cartney, zu einem weiteren Masterpiece -Bullinamingvase- ermutigt wurde.
Eingängiger denn je, gab es jedoch mit dem Text des Titels Watford Gap, in dem er sich über eine englische Tankstelle lustig machte, juristische Probleme.
Gerade als der Song One Of Those Days In England in die Charts abhob (Top 40) musste das Album aus den Läden genommen werden.
Bis die Neuauflage mit dem geänderten Titel von Watford Gap rauskam war der Markt schon wieder verlaufen.
Das 80er Werk The Unknown Soldier entstand unter reger Teilnahme von David Gilmour, der hier einiges an Musik schrieb, ein Titel Short and Sweet wurde auch schon für das Gilmour Debut aufgenommen.
Ansonsten hüllt man m.E. besser den Mantel des Schweigens über die uninspierten Platten der 80er Jahre.
Mit Ausnahme der 85er Kollaboration mit Jimmy Page -Jugula- die wieder sehr akustisch und folkmässig daherkommt.
1990 lief er mit Once wieder zur Hochform und in die erste Garnitur der Singer-Songwriter auf.
1992 und 1998 folgten mit Death or Glory? und The Dream Society hochkarätige Nachfolger die jedoch kaum beachtet wurden.
In den letzten Jahren machte Harper kaum noch von sich reden, mit Ausnahme einiger gemeinsamer Konzerte unter anderen mit Joanna Newsom.
Zuletzt erschien 2013 ein düsteres meisterwerk namens "Man & Myth " das wieder von langen, komplexen Songs mit kritischen Texten bestimmt wurde.
In 2015 wurde vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs einstimmig freigesprochen, eine ziemlich turbulente Zeit die der 75. jährige da mitgemacht hatte.
Roy Harper gilt als großer Neuer, Impulsgeber des britischen Folkrocks und wird von namhaften Künstlern wie Jimmy Page, Robert Plant, Pete Townshend, Kate Bush, Roger Waters und David Gilmour, Ian Anderson bis hin zu den Fleet Foxes und Jonathan Wilson als Vorbild genannt.
[PORTRAIT] Harper, Roy
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Re: [PORTRAIT] Harper, Roy
Albums:
1966 – Sophisticated Beggar
1968 – Come Out Fighting Ghengis Smith
1969 – Folkjokeopus
1970 – Flat Baroque and Berserk
1971 – Stormcock
1973 – Lifemask
1974 – Valentine
1974 – Flashes from the Archives of Oblivion (live)
1975 – HQ (US title: When an Old Cricketer Leaves the Crease)
1977 – Bullinamingvase (US title: One of Those Days in England)
1977 – The Early Years (reissue of Come Out Fighting Ghengis Smith)
1980 – The Unknown Soldier
1982 – Work of Heart
1984 – Born in Captivity
1985 – Whatever Happened to Jugula? (with Jimmy Page)
1986 – In Between Every Line (live)
1988 – Descendants of Smith
1988 – Loony on the Bus
1990 – Once
1992 – Death or Glory?
1998 – The Dream Society
2000 – The Green Man
2001 – Royal Festival Hall Live – June 10th 2001
2013 – Man and Myth
1966 – Sophisticated Beggar
1968 – Come Out Fighting Ghengis Smith
1969 – Folkjokeopus
1970 – Flat Baroque and Berserk
1971 – Stormcock
1973 – Lifemask
1974 – Valentine
1974 – Flashes from the Archives of Oblivion (live)
1975 – HQ (US title: When an Old Cricketer Leaves the Crease)
1977 – Bullinamingvase (US title: One of Those Days in England)
1977 – The Early Years (reissue of Come Out Fighting Ghengis Smith)
1980 – The Unknown Soldier
1982 – Work of Heart
1984 – Born in Captivity
1985 – Whatever Happened to Jugula? (with Jimmy Page)
1986 – In Between Every Line (live)
1988 – Descendants of Smith
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1992 – Death or Glory?
1998 – The Dream Society
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2001 – Royal Festival Hall Live – June 10th 2001
2013 – Man and Myth
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Re: [PORTRAIT] Harper, Roy
'71 Stormcock
'72 Lifemask
'75 HQ
'13 Man & Myth
leider bin ich hier in*s Stocken geraten
'72 Lifemask
'75 HQ
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Tschüß
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Re: [PORTRAIT] Harper, Roy
sind aber schon die wichtigsten Werke.
Bullinamingvase wäre vielleicht noch was für dich, da ist ein 19 Minüter drauf.
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Re: [PORTRAIT] Harper, Roy
Danke für den Tip!
Tschüß
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Re: [PORTRAIT] Harper, Roy
Meine erste Begegnung mit Roy Harper war wie vielleicht bei Einigen der Song "Have A Cigar". Ich fand den Gesang jetzt nicht wirklich überragend, aber er passte sehr gut zum Song und wirkte auf mich nicht wie ein Gastgesang. Roger Waters wollte den Titel nicht singen und David Gilmour lehnte ab. Zu Harper's Gesang kam es, weil er zeitgleich im selben Tonstudio an seinem nächsten Album arbeitete. Die Musiker tauschten sich aus und Roy Harper erklärte sich bereit, "Have A Cigar" zu singen. Erst vor einigen Jahren sagte er in einem Interview, dass er es nachwievor eine Frechheit fände, dass er bis heute von Pink Floyd für seinen Gastbeitrag nicht bezahlt worden sei, was nicht ganz richtig ist: Er erhielt einen Check über 200 Pfund, zerriss diesen aber, weil er die Gage als lächerlich empfand. Menschlich war er ohne hin ein äusserst schwieriger Zeitgenosse, habe ich gelesen. Die erste Platte, die ich mir von ihm kaufte, war dann dieses tolle Album, das er da 1975 aufnahm: "HQ". Die nächste Scheibe von ihm war "Bullinamingvase", die mir wider Erwartens gar nicht gefiel, ich fand sie nicht annähernd so gut wie die "HQ". Erst Jahre später entdeckte ich seine frühen Folk-Alben. Die gefallen mir heute allerdings nicht mehr so. In der Sammlung blieb bis heute nur die "HQ". Sonst hab ich leider nichts mehr von ihm behalten.
Die wunderbare Zumutung, selbst denken dürfen zu müssen.
Haben ist besser als brauchen.
(Alte Plattensammlerweisheit)
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Re: [PORTRAIT] Harper, Roy
Der musikalische Werdegang und der Karriereverlauf erinnert mich bisweilen an den Musiker von Terry Reid. Beides waren Musiker mit einer ernormen musikalischen Tragekraft, schafften es aber nicht ihr Potenzial auszuschöpfen.
Das Schicksal dieses Musikers ist in der Tat schon ein wenig betrüblich. Wie man sieht, reicht die eigentliche künstlerische Klasse nicht immer aus. Bisweilen muss man nach den Strohhalmen greifen, die einem entgegengereicht werden. Ob dieses nun an der Verbohrtheit oder auch der Selbstwertüberschätzung lag, lässt sich heute nicht mehr darstellen. Letztlich ist Roy Harper ein Musiker gewesen, der sicherlich Akzente zu setzen vermochte, aber bei der breiten Masse, nämlich dem Publikum wenig Akzeptanz fand.
Das Verrückte an der Geschichte ist, Roy Harper hatte diverse Fürsprecher, aber er blieb seinem strigentem Weg treu und ja, dieses muss man ihm auf eine gewisse Art auch anerkennen.
Neben dem Album "HQ" muss auf jeden Fall auch die Einspielung "Whatever Happened To Jugula?" aus dem Jahre 1985 genannt werden.
Das Schicksal dieses Musikers ist in der Tat schon ein wenig betrüblich. Wie man sieht, reicht die eigentliche künstlerische Klasse nicht immer aus. Bisweilen muss man nach den Strohhalmen greifen, die einem entgegengereicht werden. Ob dieses nun an der Verbohrtheit oder auch der Selbstwertüberschätzung lag, lässt sich heute nicht mehr darstellen. Letztlich ist Roy Harper ein Musiker gewesen, der sicherlich Akzente zu setzen vermochte, aber bei der breiten Masse, nämlich dem Publikum wenig Akzeptanz fand.
Das Verrückte an der Geschichte ist, Roy Harper hatte diverse Fürsprecher, aber er blieb seinem strigentem Weg treu und ja, dieses muss man ihm auf eine gewisse Art auch anerkennen.
Neben dem Album "HQ" muss auf jeden Fall auch die Einspielung "Whatever Happened To Jugula?" aus dem Jahre 1985 genannt werden.