Wie wir es von Jonathan Wilson gewohnt sind, klingt er auf seinem neuen Album wieder ganz anders als zuletzt, diesmal mit einem Sound, der sich an den großen Singer-Songwritern der 1970er Jahre orientiert.
Jonathan Wilson hat in etwas mehr als einem Jahrzehnt ein umfangreiches Werk geschaffen.
Der amerikanische Musiker verleiht all seinen Alben eine etwas andere Note und auch auf seinem neuen Album Eat The Worm klingt er wieder anders als auf seinen früheren Alben.
Harry Nilsson ist ein Name, der einem beim Hören von Eat The Worm in den Sinn kommt, aber Jonathan Wilson lässt sich nicht so leicht in eine Schublade stecken und liefert ein Album ab, dass mehrmals die Farbe wechselt.
Was sich nicht geändert hat, ist die Qualität der Musik, denn die ist auch dieses Mal hoch.
Es ist ein wunderbarer Stapel von Alben, den der kreative Musiker nun vorzuweisen hat, und es ist auch ein erstaunlich vielseitiger Stapel von Alben.
Auf "Gentle Spirit" (2011) und "Fanfare" (2013) schöpfte Jonathan vor allem aus den Archiven der Musik, die in den späten 60er und 70er Jahren im Laurel Canyon bei Los Angeles entstand.
Auf "Rare Birds" (2018) wandte er sich dann dem Pop, Rock und der Psychedelia der 70er und 80er Jahre zu, mit einer Vorliebe für das Werk von Pink Floyd, und 2020 zeigte er auf "Dixie Blur" sogar seine Liebe zur amerikanischen Roots-Musik.
Seine Alben in eine Schublade zu stecken, war übrigens nie möglich, denn die sind voller Einflüsse und jedes klingt wie eine umgestürzte Plattenkiste.
Neben seiner Arbeit als Produzent (u.a. für Father John Misty und Margo Price) und Session-Musiker (u.a. in der Band von Roger Waters) hat Jonathan Wilson nach mehr als drei Jahren Zeit für ein neues Album gefunden, dass im Aigust erschien.
Es wird wohl niemanden überraschen, dass Eat The Worm wieder ganz anders klingt als seine früheren Alben.
Das Eröffnungsstück Marzipan ist reich mit Streichern instrumentiert, hat aber auch beatleske Zutaten und erinnert vielleicht am ehesten an die Arbeit von Harry Nilsson, obwohl auch die letzten Alben des bereits erwähnten Father John Misty nicht allzu weit entfernt sind.
Mit Eat The Worm hat Wilson sein 70er-Jahre-Singer-Songwriter-Album aufgenommen, und auch dieses Genre beherrscht er hervorragend.
Aber auch hier sollte man Jonathan Wilsons Musik nicht zu schnell in eine Schublade stecken.
Eat The Worm ist ein farbenfrohes Album, dass immer wieder eine andere Wendung nimmt, als man es erwartet hätte, und dass mit ungewöhnlichen Akzenten gespickt ist.
Wie auf allen Vorgängeralben kommt auch hier ab und zu eine gehörige Portion Psychedelic durch, dennoch klingt Eat The Worm nur selten wie seine Vorgänger.
Für die 50 Minuten Musik auf dem Album wird ein ganzes Arsenal an Instrumenten herausgeholt, so dass jeder Song anders klingt.
Jonathan Wilson hat besonderes Augenmerk auf die Rhythmen gelegt, sorgt aber natürlich auch für schöne Gitarrenarbeit (mit einem gelegentlichen Hauch von David Gilmour), während Streicher und Bläser ebenfalls eine wichtige Rolle auf dem Album spielen.
Die Instrumentierung ist im Allgemeinen schön und gut durchdacht, aber Eat The Worm darf auch regelmäßig entgleisen, was dem Album viel Schwung verleiht.
Diese Dynamik hört man nicht direkt im Gesang des Musikers, der sich angenehm verträumt durch das Album zieht.
Auch auf seinem neuen Album springt Jonathan in Sachen Einflüsse von einem Fettnäpfchen ins nächste, aber am Ende passt alles zusammen, auch wenn es eine Weile dauert, bis man alle Geheimnisse dieses besonderen Albums entschlüsselt hat.
Andererseits ist es aber auch ein typisches Jonathan-Wilson-Album, denn obwohl alle seine Alben anders klingen, erkennt man sofort die Handschrift des Musikers.
Das nächste Album wird wahrscheinlich wieder ganz anders klingen, aber was mich betrifft, kann Jonathan Wilson für ein weiteres Album durchaus beim Sound des sehr guten Eat The Worm bleiben.
Tracklist:
1. Marzipan (5:15)
2. Bonamossa (4:28)
3. Ol’ Father Time (3:37)
4. Hollywood Vape (2:46)
5. The Village is Dead (2:52)
6. Wim Hof (3:24)
7. Lo and Behold (3:12)
8. Charlie Parker (6:14)
9. Hey Love (2:53)
10. B.F.F. (5:19)
11. East LA (5:05)
12. Ridin’ in a Jag (5:08)
[REVIEW] Jonathan Wilson - Eat The Worm (2023)
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Re: [REVIEW] Jonathan Wilson - Eat The Worm (2023)
Der spannende Text macht mich doch glatt schon wieder sehr neugierig.
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Re: [REVIEW] Jonathan Wilson - Eat The Worm (2023)
danke, hab trotzdem ein paar Korrekturen gemacht.
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Re: [REVIEW] Jonathan Wilson - Eat The Worm (2023)
Jonathan Wilson sagte mir erst einmal gar nichts, aber die Songbeispiele wussten zu überzeugen. Somit kann ich auch nichts über sein bisheriges künstlerisches Schaffen anmerken bzw. welche Veränderungen im Stil vorgenommen wurden.
Interessant ist allerdings seine musikalische Vielseitigkeit. Ich würde auch nicht unbedingt von "Fettnäpfchen" sprechen, in die er vemeintlich springt, sondern vielmehr von einer Orientierung an anderen Musikstilen, deren Wege bereits weitere Musiker gegangen sind.
Das psychedelisch anmutende Cover des Albums ist in meinen Augen ein Oberknaller, ein wahrer Eyecatcher.
Interessant ist allerdings seine musikalische Vielseitigkeit. Ich würde auch nicht unbedingt von "Fettnäpfchen" sprechen, in die er vemeintlich springt, sondern vielmehr von einer Orientierung an anderen Musikstilen, deren Wege bereits weitere Musiker gegangen sind.
Das psychedelisch anmutende Cover des Albums ist in meinen Augen ein Oberknaller, ein wahrer Eyecatcher.
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Re: [REVIEW] Jonathan Wilson - Eat The Worm (2023)
Jonathan Wilson ist für Americana das, was Steven Wilson für den aktuellen Prog ist.
In Roger Waters Tourband spielt er die Parts von David Gilmour.
Hier eine Liste wo er als Produzent verantwortlich zeichnet.
Dawes – North Hills (2009)
Jason Boesel – Hustler's Son (2010)
Jonathan Wilson – Gentle Spirit (2011)
Dawes – Nothing Is Wrong (2011)
Mia Doi Todd – Cosmic Ocean Ship (2011)
Father John Misty – Fear Fun (2012)
Jonathan Wilson – Fanfare (2013)
Roy Harper – Man and Myth (2013)
The Deep Dark Woods – Jubilee (2013)
Conor Oberst – Upside Down Mountain (2014)
Father John Misty – I Love You, Honeybear (2015)
Father John Misty – Pure Comedy (2017)
Dawes – Passwords (2018)
Jonathan Wilson – Dixie Blur (2020)
Father John Misty – Chloë and the Next 20th Century (2021)
Billy Strings – Renewal (2021)
Erin Rae – Lighten Up (2021)
Mary Scholz – Begin Again (2022)
Dawes – Misadventures of Doomscroller 2022
Angel Olsen – Big Time (2022)
Margo Price – Strays (2023)
In Roger Waters Tourband spielt er die Parts von David Gilmour.
Hier eine Liste wo er als Produzent verantwortlich zeichnet.
Dawes – North Hills (2009)
Jason Boesel – Hustler's Son (2010)
Jonathan Wilson – Gentle Spirit (2011)
Dawes – Nothing Is Wrong (2011)
Mia Doi Todd – Cosmic Ocean Ship (2011)
Father John Misty – Fear Fun (2012)
Jonathan Wilson – Fanfare (2013)
Roy Harper – Man and Myth (2013)
The Deep Dark Woods – Jubilee (2013)
Conor Oberst – Upside Down Mountain (2014)
Father John Misty – I Love You, Honeybear (2015)
Father John Misty – Pure Comedy (2017)
Dawes – Passwords (2018)
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Father John Misty – Chloë and the Next 20th Century (2021)
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Erin Rae – Lighten Up (2021)
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Re: [REVIEW] Jonathan Wilson - Eat The Worm (2023)
Sehr ansprechender Sound, das Gegenteil von Low-Fi. Es hat mich vom Stil her an die Amused to death von Roger Waters erinnert.