[REVIEW] Open Mind • Spiritual Lovers (1992)

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Beatnik
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[REVIEW] Open Mind • Spiritual Lovers (1992)

Beitrag von Beatnik »

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Als sich Anfang der 90er Jahre in England ein Revival der psychedelischen Musik der 60er Jahre abzeichnete, etablierte sich schnell der neue Begriff British Neo Psychedelia und es entstanden einige Plattenlabels, die sich ausschliesslich dieser neuen Psychedelik-Welle verpflichteten wie zum Beispiel das noch heute durch seine frühen Veröffentlichungen der erfolgreichen Band Porcupine Tree relativ bekannte Label Delerium Records, das von Richard Allen und Ivor Trueman, den Machern der britischen Zeitschrift Freakbeat lanciert wurde, oder auch Fungus, Magick Eye und Aftermath Records sowie das Label Mystic Stones, bei welchem heute leider weitgehend vergessene Bands wie Harrold Juana, Stark, die Dead Flowers, Optic Eye, Paperhouse und Open Mind teils exzellente Platten veröffentlichten.

Open Mind, bestehend aus dem Sänger und Gitarristen Wayne Sharp, dem Keyboarder Brian Nayar, dem Bassisten Matthew Rogers und dem Schlagzeuger Dave Brown setzten dabei auf hoffnungslos romantischen und extrem verträumten Wohlfühl-Sound, der über weite Strecken des einzigen Albums "Spiritual Lovers" wie in Watte getaucht klang. Aufgenommen im Studio "The House In The Woods", einem gemütlichen Blockhaus in Surrey, welches auch bekannte Acts wie Paul Rodgers, T-Pau oder Alien Sex Fiend schon für Aufnahmen buchten, spielte das Quartett neun verträumte Songs ein, die nicht von dieser Welt stammen, denn sie schweben praktisch ohne jegliche Bodenhaftung selbst in schwungvolleren Momenten locker dahin und lassen den Zuhörer wie auf einer sanften akustischen Wolke zeit- und gedankenverloren dahinschweben.

"Don't lose your head in the clouds, you're a million miles from nowhere" lassen dieses entrückte und schwerelose sich treiben lassen auch textlich nachvollziehen: dieses Weltfremde, Losgelöste vereinnahmt den Zuhörer sofort und lässt ihn den Alltag komplett ausblenden. Und solche Platten sind heute selten geworden. Was vor allem fasziniert ist die Tatsache, dass ausgerechnet eine psychedelische Band dies schafft. So betrachtet könnte man bei Open Mind vielleicht etwas vorschnell den Begriff Dream Pop bemühen, was allerdings der Band nicht gerecht wird, denn ein bisschen viel Haschisch-Nebel ist hier schon drin.

"The time is upon us my friends, we've got the old, the new - the beginning and the end. Take your time, we gotta long way to go. Don't run away, take a look inside yourself, why don't you surrender ? Say goodbye to time". Hier wieder schön nachzuvollziehen: Die Zeit vergessen, sie zum Stillstand bringen, das Leben entschleunigen. Fast meditativ spielt die Band in "Surrender", einem der schönsten Momente auf diesem traumhaft schönen Album, das damals kaum Käufer fand und noch heute absolut zeitlos, trendbefreit und immer passend wirkt, wenn mal wieder der Moment da ist, mal für kurze Zeit den Alltag auszublenden und auf eine Reise in die Träume aufzubrechen.

Alle Stücke des Albums stammen aus der Feder von Sänger und Gitarrist Wayne Sharp, der ausser diesem Werk leider nichts veröffentlicht hat. Einzig Bassist Matthew Rogers spielte später bei Incubus Succubus mit, über die anderen Bandmitglieder ist nichts über weitere Engagements bekannt. Unter dem Strich also eine absolut wundervolle akustische Momentaufnahme einer Band, die es schaffte, innerhalb eines zeitlich eher befristeten Psychedelik-Revivals ein Werk mit langer Nachhaltigkeit zu veröffentlichen, vermutlich ohne dass sie sich dies bewusst war.





Die wunderbare Zumutung, selbst denken dürfen zu müssen.

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Louder Than Hell
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Re: [REVIEW] Open Mind • Spiritual Lovers (1992)

Beitrag von Louder Than Hell »

Wie es scheint, ist die Gruppe Open Mind nahezu unbekannt geblieben, denn ich habe selbst im Internet kaum eine Quelle von ihnen finden können. Ihre Namensbrüder aus dem Jahre 1969 werden da schon wesentlich häufiger genannt.

Der Musik folgend, würde ich sie als fließende romantische Songs mit einem gewissen Wohlfühlcharakter beschreiben, die von einem hohen Maß an Zartheit erfüllt ist. Gerade diese Sanftmütigkeit ist das positiv prägende Element in ihrer Musik und ja, man bewegt sich in einem Raum der absoluten Schwerelosigkeit.

Das gewisse Maß an Haschisch Nebel konnte ich zwar nicht ausfindig machen, allerdings war es eine wohltuende Reise ohne jegliche Hetze und Eile und schön, dass ich daran teilhaben durfte. Schöne Rezi .....
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BRAIN
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Re: [REVIEW] Open Mind • Spiritual Lovers (1992)

Beitrag von BRAIN »

Wie es der Zufall will ist mir diese LP letzte Woche in Stuttgart in die Hände gefallen.
Der Gesang ist zwar etwas dünn und die Instrumentalqualitäten der Band überzeugen voll! :yes:
MAKE PROG NOT WAR ! ---> ---> My 2024 Album Faves
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