Der Legende nach ist dieses Psychedelik-Album 1969 in einer Auflage von lediglich 99 Stück gepresst worden, was seinen Wert auf dem Sammlermarkt mittlerweile in vierstellige Höhen beflügelt hat. Ob die Musik solch einen utopischen Preis für eine LP rechtfertigt, muss nicht erörtert werden: Sammler sind eine eigene Spezies und handeln nicht immer wirklich realistisch. Ich kenne das nur zu gut. Im Falle von Forever Amber gibt es aber auch Neuauflagen, die natürlich zu einem ganz normalen Preis erstanden werden können.
Nur 99 Stück wurden von der LP deswegen gepresst, damit sich die Band um Steuerabgaben foutieren konnte. Ab einer Auflage von 100 Exemplaren hätte der britische Fiskus die hohle Hand gemacht, und dieses Geld hatte die Band offenbar nicht.
Das einzige Album dieser britischen Psychedelik-Progressive Rock Band ist ein Konzeptalbum reinsten Wassers, das am besten in einem Zug durchgehört werden sollte, damit es seinen besonderen Zauber entfalten kann. Dieser Zauber basiert zum einen auf den fein ausgearbeiteten, melodisch absolut hochwertigen Songs und zum anderen auf dem konsequent softrockigen Psychedelik-Sound, der stark an die britische Band The Zombies erinnert, aber auch Spuren der frühen Pink Floyd (Syd Barrett-Phase) und sogar der Beach Boys aufweist.
Der Sänger, Gitarrist und kreative Kopf John M. Hudson schrieb für das Album eine Ansammlung von insgesamt 16 Song-Preziosien, von denen sich jeweils zwei oder drei in einem eigenen Kapitel zusammenfassten und zusammengenommen ein einziges Konzept ergaben, welches unterschiedliche Gefühlsempfindungen von Freundschaft bis zu inniger Liebe abbilden sollten. Diese Kapitel hiessen etwa "The Meeting", "The Talking", "The Joy", "The Doubt" oder "The Sorrow" und waren musikalisch stringent unterlegt.
Es lohnt sich unbedingt, diese feine, leider völlig unbekannt gebliebene Perle der ausgehenden 60er Jahre zu entdecken. Die Band hatte sehr viel mehr künstlerisches Potential, als es die nur 99 gepressten Schallplatten einer Truppe ohne grosse finanzielle Mittel vielleicht denken liessen. Als CD ist dieses aussergewöhnliche Werk nachwievor problemlos erhältlich.
[REVIEW] Forever Amber • The Love Cycle (1969)
-
Topic author - Beiträge: 6772
- Registriert: So 9. Apr 2023, 18:11
- Wohnort: Zwischen den Meeren
- Has thanked: 7798 times
- Been thanked: 8383 times
- Kontaktdaten:
[REVIEW] Forever Amber • The Love Cycle (1969)
Die wunderbare Zumutung, selbst denken dürfen zu müssen.
Haben ist besser als brauchen.
(Alte Plattensammlerweisheit)
Haben ist besser als brauchen.
(Alte Plattensammlerweisheit)
-
- Beiträge: 8040
- Registriert: So 16. Apr 2023, 18:01
- Wohnort: Norddeutschland
- Has thanked: 9568 times
- Been thanked: 9042 times
Re: [REVIEW] Forever Amber • The Love Cycle (1969)
Hier hast du abermals ein Album ausgewählt, das nur den wenigsten bekannt sein dürfte. Aber der musikalische Inhalt spricht für sich, denn es sollte doch noch einmal einem größeren Personenkreis vorgestellt werden.
Interessant sind auch die Rahmenbedingungen über die Aufnahmebedingungen des Albums. Sie hatten faktisch einen Tag Zeit, um das Album fertigzustellen. Zwar wohnte den Aufnahmen kein Produzent bei und alles wurde in Eigenarbeit erledigt, trotzdem schmücken 16 Songs dieses scheinbar überladenen Albums. Vielleicht ist es nicht der klangliche Überflieger, aber die Musikstücke haben allesamt Charme und dürfen als Kinder ihrer Zeit beschrieben werden.
Progeinflüsse sehe ich weniger, aber eine ordentliche Kelle aus Psych und Pop geschmiedeter Songs, die jeweils über ein eigenes Gesicht verfügen und das Album musikalisch abrunden. Ein befürchteter Einheitsbrei liegt somit in keiner Weise vor.
Gerade die instrumentale Ausgewogenheit zeichnet das Album aus, mal schmurgelt das Keyboard, dann werden zwischenzeitlich Fuzzattacken eingestreut und alles wird von einer abrundenden Rhythmusabteilung begleitet und auf den Weg gebracht. Und der einschmeichelnde Gesang ist das Sahnehäubchen des Albums.
Erneut ist dir eine farbenfrohe und zugleich erfrischende Rezi gelungen. Danke auf für das wieder ans Licht bringen dieser zwischenzeitlich im Nirvana entschwundenen Platte.
Interessant sind auch die Rahmenbedingungen über die Aufnahmebedingungen des Albums. Sie hatten faktisch einen Tag Zeit, um das Album fertigzustellen. Zwar wohnte den Aufnahmen kein Produzent bei und alles wurde in Eigenarbeit erledigt, trotzdem schmücken 16 Songs dieses scheinbar überladenen Albums. Vielleicht ist es nicht der klangliche Überflieger, aber die Musikstücke haben allesamt Charme und dürfen als Kinder ihrer Zeit beschrieben werden.
Progeinflüsse sehe ich weniger, aber eine ordentliche Kelle aus Psych und Pop geschmiedeter Songs, die jeweils über ein eigenes Gesicht verfügen und das Album musikalisch abrunden. Ein befürchteter Einheitsbrei liegt somit in keiner Weise vor.
Gerade die instrumentale Ausgewogenheit zeichnet das Album aus, mal schmurgelt das Keyboard, dann werden zwischenzeitlich Fuzzattacken eingestreut und alles wird von einer abrundenden Rhythmusabteilung begleitet und auf den Weg gebracht. Und der einschmeichelnde Gesang ist das Sahnehäubchen des Albums.
Erneut ist dir eine farbenfrohe und zugleich erfrischende Rezi gelungen. Danke auf für das wieder ans Licht bringen dieser zwischenzeitlich im Nirvana entschwundenen Platte.