[PORTRAIT] SKID ROW -

Antworten
Benutzeravatar

Topic author
badger
Beiträge: 72
Registriert: Di 12. Sep 2023, 12:26
Has thanked: 34 times
Been thanked: 119 times

[PORTRAIT] SKID ROW -

Beitrag von badger »

1967 gründete der Dubliner Brenda Brush Shiels (bass) mit My Father's Moustache eine eigene Band mit
Noel Bridgeman (drums), Bernard Cheevers (git) und einem jungen Phil Lynott (vocals).
Der Bandname spiegelte Brendan's Humor wieder, war aber für die breite Masse zu abstrus.
Daher rasch die Umbenennung in Skid Row, auch das allerdings wieder ein nicht ganz ernst zu nehmender
Bandname:

Skid Row - a) die 'Rutschgasse' auf der gefällte Bäume abtransportiert werden;
b) das daraus entstandene Idiom für Menschen, deren Leben ins Rutschen geraten ist und
die dann in Stadtvierteln für die 'Abgerutschten' enden.

Aber eine Band für Ab- und Ausgerutschte sollte Skid Row nie werden, auch wenn Brendan bald Lynott
hinauswarf, weil der ein unstetes Leben führte.

Es war die Zeit der großen musikalischen Inspiration; Cream, Hendrix, natürlich Taste; viele Bands
entledigten sich der verhältnismäßig simplen Beat-Strukturen, um komplexere Töne zu spielen.

Skid Row liebten den Blues, aber in seiner Reinform war er ihnen zu restriktiv; sie spielten keine Coverversionen,
sondern ließen nur einzelne Blues-Versatzstücke einfließen, die dann mit Rock, Jazz und sogar C & W gemischt wurden.
Statt starrer 4/4 Muster gab es jetzt Start/Stop mit unerwartete Tempiwechsel und Rhythmus-Strukturen.
'Live' endete das oft in Free-Form-Improvisationen.

Das war nicht nur keine Musik mehr für die Beatschuppen, auch Bernard Cheevers (im übrigen ein exzellenter (Blues-)Gitarrist)
fühlte sich nicht mehr wohl.
'Da Brush' ('die Bürste', wegen seiner Struwwelhaare) hatte schon ein Auge auf einen 17-jährigen Gitarristen geworfen, der ohne
eigene Band in der Szene herumhing. Und in der Tat, es war eine gute Wahl.
Gary Moore war aus Belfast in die Republik gekommen, weil er sich dort bessere Karrierechancen versprach.

Nummer zwei in der Band war aber Noel (Nollaig) Bridgeman, der schnell zu einem der geschätztesten Studiomusiker überhaupt
werden sollte. Ein Mann, der keine Probleme mit außergewöhnlichen Takten hatte und der tatsächlich aus Spaß
am Trommeln-als-Solchem aktiv war. Sonntags morgens fand man ihn bei Jazz-Sessions und wenn in irgendeinem Aufnahmestudio
ein Topdrummer gebraucht wurde; wen sonst als Noel hätte man gerufen. Bis vor wenigen Jahren kam es vor, daß er völlig spontan
irgend eine in einer Kneipe spielende Truppe verstärkt... immer bereit zu Taten.

Bild

1969 begannen die Aufnahmen zur Debut-LP. Brush gab die Melodien und Texte vor;
wie so oft bei Iren gings mal wieder um die Diaspora (Heading Home Again) oder die gehaßten jobs in Showbands, die man aber
aus finanzieller Notwendigkeit annehmen mußte (Unco-Up Showband Blues) oder um Thema Nr. 1; (An Awful Lot Of Woman; After I'm Gone; Felicity).

Die musikalischen Strukturen (bereits oben erwähnt) waren viel zu kompliziert für Tanzschuppen; in der Tat, es war das, was man damals die
ursprüngliche Bedeutung 'Progressive Rock' ausmachte. Aber bei aller Komplexität; es wurde meist 'hardrockig' vorgetragen; die Post ging ab,
Gähnen oder Einschlafen gehörte nicht dazu.

So kam die Zustimmung eher von Jenen, die sich gerne einen gefüllten Bong genehmigen.
Auch vom legendären BBC-DJ John Peel kam großes Lob und eine Einladung zu Radioaufnahmen.
Selbst der Beat Club verpflichtete sie, aber vorher mußte Neues ins Angebotsregal gelegt werden.

34 Hours (CBS 1971) betitelte dann die für die Aufnahme des Zweitwerks gebrauchte Gesamtdauer.
Sechs Stücke waren zumeist in Sektionen unterteilt; wie im Debut mit teils abrupten Wechseln von Thema, Rhythmus, Melodien oder
Instrumentalpassagen. Textlich hielt es Brendan weiterhin mit Thema NR. 1; (Night Of The Warm Witch; Go I'm Never Gonna Leave You;
Lonesome Still; The Love Story).
Man kann ihn gut verstehen, wenn man weiß, daß er in Bezug auf Drogen und Alkohol totaler Abstinenzler war...
(man sah ihn mit 'ner Limo an der Bar!) Hat auch nie geraucht.
Aber Mädels braucht der Mann auf jeden Fall.

Insgesamt war 34 Hours noch ausgereifter und der dazu fällige Beat Club-Auftritt ließ für die Zukunft auf weitere Steigerungen hoffen.

Bild

Gary Moore hatte sich mittlerweile einen Namen gemacht und seine Zupferei gefiel, ....wenn man ihn denn zu sehen bekam...,
meistens versteckte er sich schüchtern hinter den Lautsprechern.

Kaum zu glauben, daß ein dermaßen schüchterner Mensch Großmannsideen hatte, aber genau so war es.
Als die 3. Skid-LP in Angriff genommen wurde.... Gary fühlte sich zu Besserem berufen... tschüüß.

Obwohl er nicht der maßgebende Musiker war, erholten sich Brendan und Nollaig nie von diesem Schock. Eine Zeit lang zupfte Eric Bell
von Thin Lizzy die Gitarre, aber der Zauber war plötzlich dahin. Musiker kamen und gingen, manchmal wurde aus dem Trio ein Quintett,
der Zenit war überschritten.

Dennoch wurden noch 7"s eingespielt; 1973 gelang mit 'Dublin City Girls' gar ein massiver Hit. 1976, als Noel vorübergehend das Handtuch
geworfen hatte, erschien mit 'Alive And Kickin' eine LP voller Coverversionen. Übel und unnötig.
Ein Jahr später, wir hatten längst neue Musik im Ohr, legte Da Brush eine Soloscheibe vor... gähn.

Dann zog er sich aus dem Musikgeschäft zurück; machte ein Kinderprogramm fürs Fernsehen und nahm dazu passende Kinderlieder (!) auf.
Darüber hinaus engagierte er sich aktiv in sozialen Projekten, ohne sie an die große Glocke zu hängen. Ein meist sehr bescheidener Mensch,
der allerdings im geselligen Kreis vor Humor sprüht und der deshalb häufig zu Talkshows eingeladen wurde.

2012 gab es noch einmal eine Brush Shiels-Solowerk, leider ohne Nollaig und leider mit ein paar unnötig neu-aufgenommenen Stücken
aus Skid Row-Tagen.

Neben den beiden ursprünglichen Alben gibt es heute weiteres Material:
- Gary Moore, Brush Shiels, Noel Bridgeman (Snapper 2000);
ein paar 7"s und für die 3. LP Vorgesehenes; mir persönlich gefällts, aber so gut wie die ersten
beiden ist es nicht.

- Live And On Song (Hux 2006);
wieder ein paar spätere Stücke und Teil einer Live-Show für die BBC. Wieder gilt: es gefällt, hat
aber nicht die Wichtigkeit der ersten beiden LPs.

Bild

Dann gab es noch ein Bootleg, aufgenommen an keinem geringeren Ort als dem Fillmore West, San
Francisco, wo Skid Row den versammelten Grateful Dead- und Jefferson Airplane-fans zeigte, daß
auch Iren jammen können, bis die Ohren abfallen.
Leider mit grottenhafter Aufnahmequalität.

Mit der 20 Jahre später erscheinenden HM-Truppe hatten sie nichts gemein-
Antworten

Zurück zu „Bands/Musiker Portrait“