Die von Johnny Sandlin produzierte und von Duane Allman protegierte Band COWBOY von Scott Boyer und Tommy Talton wird gerne vergessen, wenn sich die Diskussion um die Gründerjahre des Country Rocks, resp. des Southern Rocks dreht. Deren beide Alben von 1970 ("Reach For The Sky") und 1971 ("5'll Getcha Ten") sind zwei essenzielle Alben der Countryrock Frühzeit. Vieles, was die beiden damals knapp 20 jährigen Musiker Boyer und Talton gespielt hatten, wurde später von vielen Bands und Musikern übernommen und weiterentwickelt. Duane Allman und Chuck Leavell spielten beim zweiten Album "5'll Getcha Ten" als Gäste mit, und Eric Clapton coverte ein paar Jahre später von COWBOY sogar deren Song "Please Be With Me" für sein Erfolgsalbum "461 Ocean Boulevard". Doch der Reihe nach. In den Annalen des Southern Rocks steht das Debutalbum "Reach For The Sky" sowohl als Meilenstein, wie auch als Anomalie innerhalb eines musikalischen Genres, das mit dem Ausbauen des Blues der Allman Brothers seinen Ursprung fand. Die junge und experimentierfreudige Gruppe, einer der allerersten Acts auf dem neugeschaffenen und von den Allman Brothers mitlancierten Capricorn Plattenlabels, stand nicht etwa für den später so erfolgreichen erdigen Sound, der oft in mehrstimmigen Gitarrenpassagen mit rockiger Bodenhaftung sein typisches Erkennungsmerkmal fand, sondern spielte eher verhalten laidback, akustisch und introspektiv. Die grosse Rock-Geste wurde nicht zelebriert. Auch was die Songarrangements anbetrifft, so standen COWBOY nicht für die stiltypischen Jams mit langen Instrumentalpassagen und ausufernden Soli, sondern setzten auf kompakte Songs mit reduziertem Instrumentarium, einer betörend schönen, auf feinen Nuancen basierenden Grundstimmung. Die typisch rurale Musik des Südens: Wenn die Allman Brothers für eine pulsierende Grossstadt stehen würden, dann wären Cowboy ein kleines beschauliches Dorf, irgendwo draussen in den Pampas.
Trotz ihres jugendlichen Alters hatten die Bandgründer Tommy Talton und Scott Boyer bereits Erfahrungen gesammelt: Talton spielte zuvor bei der Garage Rock Band WE THE PEOPLE, Boyer wiederum war zuerst als Soloartist im Bereich Folkmusik unterwegs, bevor er sich der Folk Rock-Band THE 31st OF FEBRUARY anschloss, in welcher auch die beiden Allman Brüder Duane und Gregg Amman spielten, ausserdem der spätere Allman Brothers Schlagzeuger Butch Trucks. Ein gemeinsamer Freund brachte die beiden Musiker zusammen und nach einem ersten Jammen beschlossen die Beiden, eine gemeinsame Band zu gründen. Hierzu brachte Talton den Bassisten George Clark und den Schlagzeuger Tomm Wynn in die Band, Boyer wiederum hievte den Pianisten Bill Pillmore und den Gitarristen Pete Kowalke mit ins gemeinsame Boot. In dieser Besetzung sah man sich täglich, spilete ausschliesslich miteinander Musik, ass und trank gemeinsam und lebte schon fast kommunenhaft zusammen. Dies begünstigte den Zusammenhalt in der Band enorm: Alle Musiker waren schon nach kurzer Zeit perfekt aufeinander eingespielt. Schon nach ein paar wenigen Monaten erhielt die Band Besuch von Duane Allman, der sich sehr begeistert zeigte von der reizvollen Sound-Mixtur der Gruppe und sie in der Folge mit dem Besitzer des Capricorn Plattenlabels, Phil Walden, zusammenbrachte. Walden seinerseits schickte seinen Produzenten Johnny Sandlin, der zuvor mit Duane und Gregg Allman in der Band HOURGLASS spielte, los, um sich die Band Cowboy anzuhören und sich einen Eindruck zu verschaffen über die Qualität der Musiker und ihrer Songs. Auch Johnny Sandlin war begeistert vom Gehörten und kurz darauf erhielten Cowboy einen Plattenvertrag mit Capricorn Records.
Johnny Sandlin produzierte die erste Platte "Reach For The Sky" im neuen Capricorn Recording Studio in Macon (Georgia). Tommy Talton erinnert sich: "We weren't really thinking in terms of making a certain kind of album or wanting to be a certain type of band. We had the songs, and we let the songs tell us how to play them. The only thing that was discussed was 'Does this harmony sound good ?' or 'What if we make the guitar part like this ?'. We allowed ourselves to be led by the music, and we weren't afraid to get wild and electric or to get quiet and acoustic it that's what the song called for". Im Endeffekt machte es der Mix aus minutiös arrangierten Songs, gepaart mit Stücken, die sehr in ihrer Ursprünglichkeit verblieben und nur ein moderates Arrangement erfuhren.
Das fast intim zu nennende Stück "Livin' In The Country" eröffnete die Platte sehr verhalten, rural und von spröder Eleganz: Ein Countrystück, das weder die Sehnsucht einer wimmernden Steel Gitarre transportierte, noch die Lüpfigkeit von typischem Country aufwies. Das Stück klang eher wie von einer verhaltenen Folk-Band gespielt, mit leisen Zwischentönen, total laidbackem Klavierspiel und tollem mehrstimmigem Gesang. Auf der kompositorischen Seite entpuppte sich vor allem Scott Boyer als der romantische Songschreiber-Part in der Band. Neben dem erwähnten "Livin' In The Country" trugen auch die von ihm geschriebenen Stücke "Song Of Love And Piece", "Use Your Situation" oder "Honey Ain't Nowhere" dieses Leichtfüssige, manchmal auch etwas Melancholische in ihrer Grundstimmung: Gemütliche Musik in Dur und Mol. Dieser Veranda Schaukelstuhl-Romantik gegenüber standen die Songs aus der Feder von Tommy Talton, der nicht nur der Rhythmiker der Band war, sondern auch über eine gesunde Portion Humor verfügte. Seine Lieder, etwa das humorvolle "Everything Here" klang total nach Gartenparty, "Amelia's Earache" zeugte textlich von seinem Sinn für feinfühligen Humor und "Josephine, Beyond Compare" verriet ein sicheres Händchen für gefühlvolle und beeindruckende Songtexte: "She said: They don't know what they're saying, for they speak without no thought. And if their words had been confined, these men could not be taught."
Das beste, gleichermassen eleganteste wie aussergewöhnlich melancholische Stück der Platte war die von Scott Boyer geschriebene Nummer "It's Time", eine traurige Country Rock Ballade, die einige Züge der klassischen Kompositionen von beispielsweise Crosby, Stills, Nash & Young, Gram Parsons oder Gene Clark aufweist. Das Album wurde noch auf dem ATCO Label veröffentlicht, dem Atlantic Records Sub-Label. Es erschien allerdings bereits in der neu lancierten sogenannten "Capricorn Recording Series". Erst spätere Capricorn-Veröffentlichungen erschienen dann unter dem neuen Firmennamen.
[REVIEW] Cowboy • Reach For The Sky (1970)
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[REVIEW] Cowboy • Reach For The Sky (1970)
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Re: Cowboy • Reach For The Sky (1970)
die hab ich als CD aber leider noch nicht oft gehört.
Als Original Capricorn steht noch die Boyer & Talton im Regal.
Dieses Jahr werde ich da mehr aufmerksam drauf legen.
Als Original Capricorn steht noch die Boyer & Talton im Regal.
Dieses Jahr werde ich da mehr aufmerksam drauf legen.