[REVIEW] Blondie - Parallel Lines (1978)

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BRAIN
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[REVIEW] Blondie - Parallel Lines (1978)

Beitrag von BRAIN »

Blond, Punk und blitzendes Neonlicht

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1975 war das CBGB’s das musikalische Epizentrum, einer bevorstehenden Rock’n‘Roll- Explosion.
Von „Punk“ sprach noch kein Mensch aber viele hatten die "Schnauze voll", vom Imponiergehabe saturierter Dinosaurierbands.
Alles musste direkt sein –voll auf die Fresse- so klang die Musik der Talking Heads, Television, The Ramones der Patti Smith Group und Blondie.
Sie spielten unter anderen im Mothers Club und Performance Studio in der East 23rd.
Außerhalb von New York City nahm kaum jemand Notiz von diesen stinkenden, schäbigen Musikern, die sich bevorzugt mit zerrissen Jeans, selbstbedruckten T-Shirts und Miniröcken im GoGo-Stil kleideten.
Die Lunte legten die New York Dolls, als sie für Konzerte nach London reisten.
Es folgten die Ramones und Blondie die ihre ersten Erfolge in England feierten.
Als im Spätjahr 1978 „Parallel Lines“ in die Läden kam und sich „Heart of Glass“ zum Welthit entwickelte, blieb die CBGB-Szene auf der Strecke.
Der Flirt mit Discorhythmen war Verrat an ihrer ursprünglichen Punk-Haltung.
Blondie kannten keine stilistischen Grenzen und so machten sie innerhalb weniger Monate eine stürmische Entwicklung durch, die in der New Wave gipfelte.

Hanging on the Telephone lässt noch am ehesten ihre Punk-Herkunft durchblicken.
Ein "Feger" der heißer nicht sein könnte.

Dieser subversiv-rebellische Charakter setzt sich auf dem energisch gesungenen One Way or Another fort.
Die Band ließ die Underground-Szene des CBGB’s hinter sich ohne zur kommerziellen Fabrikmusik zu mutierten.
Sie trafen immer noch die Stimmungen von den Straßen und haben sich zur intelligenten Popmusik hin entwickelt.

Picture This ist eine Sixties-Reminiszenz die an Girl Groups wie den „The Shangri-Las“ erinnert.

Robert Fripp taucht mit Artrock-Elementen bei Fade Away and Radiate auf.
-Discosound und Avantgarde auf einer Platte- kann das gut gehen?
Es ist der Gesang von Debbie Harry der jeden stilistischen Querschläger zentriert.
Fripp’s düstere Gitarrenteppiche geben dem Stück eine bedrohliche Stimmung die im Fadeout in einen Reggae-Rhythmus übergeht.
Der außergewöhnlichste Song des Albums, grüblerisch und gedankenschwer.

Pretty Baby macht die betrübte Spannung durch einen Bubbelgum-artigen Stampfer wieder weg.
Unbeschwert, locker und heiter.

I Know but I Don’t beschwört, mit Schrammelgitarre, Lou Reed’s Glam- Phase.

BLONDIE ist nicht Debbie Harry sondern eine Band die am Songwriting beteiligt waren.
Jimmy Destri's „11:59“ ist einer der besten Blondiesongs.
Harry besingt mit kühler Distanz im samtigen Dämmerlicht ihre Traurigkeit.

Sunday Girl ist ein weiteres Stück Pop-Intelligenz auf drei Minuten konzentriert.

Wer kennt nicht Heart of Glass? Jeder liebt oder hasst solche Songs!
Seit Jahren spielten sie das Stück Live, wo es noch ganz anders klang.
Mike Chapman -der Produzent- versprach der Band einen Hit, was er mit schillernden Discoelementen aufgepeppt, prompt lieferte.
Melancholie mit traumhaften Melodien ausgestattet und süßen, missionarischen Lyrics arrangiert.

Der Drummer Clem Burke ist eine Wucht, die ganze Band swingt und rollt traumwandlerisch.
Mit I’m Gonna Love You Too und Just Go Away beschließen zwei Powerpop-Hymnen eine der besten Popplatten aller Zeiten.

Trotz Massentauglichkeit zeigt „Parallel Lines“ , dass Pop nicht die künstlerische Integrität behindern muss.
Mit POP und Punk -eigentlich unvereinbar- setzten Blondie einen neuen Trend der in New York sofort aufgegriffen wurde.
Der neu eröffnete Mudd Club war die „Disco für Punks“ und das Gegenstück zum glamourösen „Studio 54“.
Lange konnten Blondie den kommerziellen Zwängen nicht standhalten und lösten sich folgerichtig 1982 auf.

Seite A:
Hanging on the Telephone (Jack Lee) – 2:17
One Way or Another (Nigel Harrison, Deborah Harry) – 3:31
Picture This (Jimmy Destri, Deborah Harry, Chris Stein) – 2:53
Fade Away and Radiate (Chris Stein) – 3:57
Pretty Baby (Deborah Harry, Chris Stein) – 3:16
I Know but I Don’t Know (Frank Infante) – 3:53

Seite B:
11:59 (Jimmy Destri) – 3:19
Will Anything Happen (Jack Lee) – 2:55
Sunday Girl (Chris Stein) – 3:01
Heart of Glass (Deborah Harry, Chris Stein) – 3:34
I’m Gonna Love You Too (Joe B. Mauldin, Norman Petty, Niki Sullivan) – 2:03
Just Go Away (Deborah Harry) – 3:21

Deborah Harry – vocals
Chris Stein – guitar, 12-string guitar, E-bow
Clem Burke – drums
Jimmy Destri – electronic keyboards
Nigel Harrison – bass guitar
-------------------------------------------------
Frank Infante – guitar
Mike Chapman – production
Robert Fripp – guitar (track four)
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BRAIN
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Re: [REVIEW] Blondie - Parallel Lines (1978)

Beitrag von BRAIN »



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Louder Than Hell
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Re: [REVIEW] Blondie - Parallel Lines (1978)

Beitrag von Louder Than Hell »

Die ersten beiden Alben "Same" und "Plactic Letters" waren für mich immer das Maß aller Dinge und so ergab es sich auch, dass ich sie 1977 zumindestens einmal live in der Hamburger Markthalle erlebt habe. Hier stand aber noch diese popige Punktattitüde im Vordergrund, von der sich sie sich aber ab dem Album "Parallel Lines" zunehmend lösten und dem Mainstream zuwandten.

Ab dieser Zeit wurden sie im Grunde weltweit megagroß und hatten wohl auch mit den Verkaufszahlen ihrer Tonträger viel Erfolgt. So richtig meins war es aber nicht mehr.

Schöne Rezi .....
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BRAIN
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Re: [REVIEW] Blondie - Parallel Lines (1978)

Beitrag von BRAIN »

Auch diese Band lernt ich in den 90ern kennen.
Klar Heart of glass war im Ohr und gefiel es war aber Call me was dazu führte, dass eine CD ins Haus musste.
Und es war die Parallel Lines die für mich schnell der Inbegriff einer perfekten Popplatte darstellte.
Den Punkhintergrund, von dem alle redeten, konnte ich ohne historische Kenntnisse gar nicht nachvollziehen.
Aber ich kaufte mir alle 5 Alben und bis auf die letzte waren alle fantastisch.
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Louder Than Hell
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Re: [REVIEW] Blondie - Parallel Lines (1978)

Beitrag von Louder Than Hell »

BRAIN hat geschrieben: Mi 14. Feb 2024, 00:05 Auch diese Band lernt ich in den 90ern kennen.
Klar Heart of glass war im Ohr und gefiel es war aber Call me was dazu führte, dass eine CD ins Haus musste.
Und es war die Parallel Lines die für mich schnell der Inbegriff einer perfekten Popplatte darstellte.
Den Punkhintergrund, von dem alle redeten, konnte ich ohne historische Kenntnisse gar nicht nachvollziehen.
Aber ich kaufte mir alle 5 Alben und bis auf die letzte waren alle fantastisch.
Hier machen sich doch die 16 Jahre Altersunterschied von uns beiden bemerkbar. Als Blondie auf der Bildfläche erschienen, war ich 20 und du entsprechend jünger. Trotzdem finde ich es immer wieder faszinierend, wenn Lebensjüngere wie du und noch einige andere hier Forum Zugang zu Musikformen finden, deren Zeitzeuge ich war und ihr euch diese Sachen auf dem späteren Lebensweg erarbeitet bzw. die entsprechende Wertschätzung gefunden habt.
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Emma Peel
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Re: [REVIEW] Blondie - Parallel Lines (1978)

Beitrag von Emma Peel »

Von Blondie kannte ich bisher nur die Alben von meinem GG und alles, was seinerzeit im Radio lief. Das bedeutet, dass auch ich erst Mitte der 80er auf diese Band aufmerksam wurde.

Vor 3 - 4 Jahren besuchte ich mit den Landfrauen eine Sendung von Markus Lanz, die dort live aufgezeichnet wurde. Unter den geladenen Gästen befand sich auch Deborah Harry, die sich in diesem Jahr im 79. Lebensjahr befindet. Hier zeigte sich das Mädel völlig nahbar und trat sehr sympathisch auf. Auf die gestellten Fragen reagierte sie nicht oberflächlich und antwortete mit der gebotenen Tiefe. Eine tolle Frau kann man dazu nur anmerken.

Ich denke, so ein Seiteneinwurf passt manchmal auch ganz gut zu deiner gelungenen Rezi.
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BRAIN
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Re: [REVIEW] Blondie - Parallel Lines (1978)

Beitrag von BRAIN »

Louder Than Hell hat geschrieben: Mi 14. Feb 2024, 11:14
BRAIN hat geschrieben: Mi 14. Feb 2024, 00:05 Auch diese Band lernt ich in den 90ern kennen.
Klar Heart of glass war im Ohr und gefiel es war aber Call me was dazu führte, dass eine CD ins Haus musste.
Und es war die Parallel Lines die für mich schnell der Inbegriff einer perfekten Popplatte darstellte.
Den Punkhintergrund, von dem alle redeten, konnte ich ohne historische Kenntnisse gar nicht nachvollziehen.
Aber ich kaufte mir alle 5 Alben und bis auf die letzte waren alle fantastisch.
Hier machen sich doch die 16 Jahre Altersunterschied von uns beiden bemerkbar. Als Blondie auf der Bildfläche erschienen, war ich 20 und du entsprechend jünger. Trotzdem finde ich es immer wieder faszinierend, wenn Lebensjüngere wie du und noch einige andere hier Forum Zugang zu Musikformen finden, deren Zeitzeuge ich war und ihr euch diese Sachen auf dem späteren Lebensweg erarbeitet bzw. die entsprechende Wertschätzung gefunden habt.
Wobei Blondie Anfang der 90er schon noch sehr populär war, weil einige Songs oft im Radio liefen.
Es war auch die CD wo durch CD Reissues viele Klassiker neu veröffentlicht wurden.
Das wurde natürlich auch in vielen einschlägigen Zeitschriften besprochen.
Da habe ich viel 60/70 Bands kennen gelernt.
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