[REVIEW] Abeichizoku • Abeichizoku (1973)
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[REVIEW] Abeichizoku • Abeichizoku (1973)
Hinter dem Zungenbrecher-Namen Abeichizoku verbirgt sich ein aus Yokohama, Japan stammendes verloren gegangenes Meisterwerk des für die damalige Zeit typischen Folk Rock und/oder Progressive Rock Sounds aus Japan. Es gibt so einige Gruppen aus dem Land der aufgehenden Sonne, die auch den Sprung hinaus in die grosse Welt geschafft haben. Als Beispiele hierfür seien etwa die Far East Family Band, die Flower Travellin' Band, Strawberry Path oder Blues Creation genannt. Unter diesen zumeist sehr am westlichen, gerne eher härteren Rock orientierten Gruppen fand sich auch das in Japan sehr erfolgreiche Quartett Happy End, das bis 1973 bestand. Diese Band spielte einen sehr interessanten Mix aus einerseits japanischer Folklore, andererseits aber typischer westlicher Folk Rock Musik, hierbei vor allem nach amerikanischen Vorlagen. Auf ihren drei in der Zeit von 1970 bis 1973 veröffentlichten Alben steuerten die beiden Sänger Haruomi Hosono und Takashi Matsumoto nur japanischen Gesang bei. Für ihr Album "Happy End", welches 1973 veröffentlicht wurde, engagierte die Gruppe Lowell George (von Little Feat) und Van Dyke Parks als zusätzliche Musiker, zu hören auf dem Stück "Sayonara America, Sayonara Nippon". Auf dem Soundtrack zum Film 'Lost in Translation' (2003) war der Titel "Kaze Wo Atsumete" aus ihrem zweiten Studioalbum "Kazemachi Roman" zu hören. Dieses Album belegt heute den ersten Platz auf Rolling Stone Japan's Liste der 100 Greatest Japanese Rock Albums of All Time. Hosono gründete danach das sehr erfolgreiche Yellow Magic Orchestra.
Er war es auch, der die Gruppe Abeichizoku aktiv förderte. Die Gruppe arbeitete jedoch nie während ihrer Existenz als professionelle Rockband, sondern es handelte sich bei allen fünf Musikern der Gruppe um Studenten, die sich in ihrer Freizeit gerne in einem der zahlreichen Folk Clubs der Universitäten zum gemeinsamen Musizieren trafen. Auch sie verfolgten einen ähnlichen Stil wie die Gruppe Happy End, mit dem Unterschied allerdings, dass sie zwar ebenfalls ausschliesslich japanisch sangen, ihre Musik aber stärker westlich ausrichteten. Bob Dylan stand dabei hörbar Pate als musikalische Inspiration. Nun waren aber die reinen akustischen Songs eines Bob Dylan zu Anfang der 70er Jahre eher in den Hintergrund geraten, da auch der Meister selbst sich inzwischen an der Rockmusik orientierte, und diesem Umstand trugen auch Abeichizoku Rechnung, indem sie im Laufe ihrer Entwicklung mehr und mehr auf elektrisch verstärkte Instrumente setzten.
Die fünf Musiker taten sich im Mai 1972 schliesslich zu einer Band zusammen, nachdem sie schon zuvor vereinzelt miteinander, aber auch mit vielen anderen Musiker, in losen Sessions zusammengespielt hatten. Im Dezember 1972 entschloss sich das nun fest zusammengeschweisste Quintett, eine Platte aufzunehmen. Für professionelle Aufnahmen in einem richtigen Tonstudio reichte das Budget der fünf Studenten indes nicht aus, weshalb sie den grossen Saal in der Aula ihrer Universität für einen Tag mieteten, um dort insgesamt neun Stücke live aufzunehmen. Unterstützt wurden sie bei diesen Aufnahmen durch zwei weitere Musiker: Yasuaki Iwamoto spielte das Schlagzeug, denn Abeichizoku hatten gar keinen Schlagzeuger, erachteten es aber als wünschenswert, ihrem Sound durch die Hinzunahme eines Drummers einen rockigeren Gesamtsound zu verpassen. Ausserdem luden sie den Banjo-Spieler Akihito Kouda zu der Session ein. Das Banjo sollte ihren Folk Rock etwas amerikanischer klingen lassen, so die Idee dahinter.
Die Aufnahme-Sessions fanden an einem Sonntag Anfang Dezember 1972 statt und dauerten gerade einmal acht Stunden. Die Gruppe bestand bei dieser Session aus Ryoichi Akiba (elektrische Gitarre), Yuzuru Kodama (akustische Gitarre und Gesang), Eiichi Fujimaki (akustische Gitarre und Gesang), Kazuhiro Muneta (Bass) und Tatsuro Goto (Perkussions-Instrumente und Gesang). Für die Aufnahmen und den Mixdown der Songs war die Band selbst besorgt. Wenn man sich heute diese durchaus als Amateur-Aufnahmen zu bezeichnenden Songs anhört, bleibt einem die Spucke weg. Die Aufnahmen klingen heute noch frisch und unverbraucht, zeittypisch zwar, aber längst nicht altmodisch oder gar antiquiert. Ganz im Gegenteil: Es gibt heute Folk Rock Bands, die sich genau an diesem Stil wieder abarbeiten, der in den frühen 70er Jahren so manch erfolgreiche westliche Band geprägt hatte, wie etwa Lindisfarne, Fairport Convention oder Steeleye Span.
Mir persönlich kommen beim Anhören der Musik von Abeichizoku als Vergleiche Namen wie Mellow Candle, Tudor Lodge, Trees oder Dr. Strangely Strange in den Sinn. Jedenfalls hätte diese japanische Amateur-Band zur damaligen Zeit etwa in England den ganz Grossen des Genres mühelos standhalten können. Stattdessen blieben sie ein rein lokales Phänomen und nach dieser einzigen Langspielplatte war auch bereits wieder Sense, da sich die Wege der fünf Musiker nach ihrer gemeinsamen Studienzeit trennten. Die Platte aber wurde veröffentlicht, und zwar in einer Auflage von lediglich 100 Exemplaren, von denen vermutlich keines je ausserhalb Japans gesichtet worden ist. Entsprechend selten und teuer ist diese originale LP heute. Selbst auf der weltgrössten Anbieter-Plattform für Schallplatten (Discogs) wurde noch nie ein originales Exemplar auf dem Label Gobangi Music Shop angeboten.
Deshalb ist es umso schöner, dass ein kleines Label sich diesem musikalischen Juwel angenommen und, wiederum in kleinster Auflage, klanglich neu überarbeitet, nochmals aufgelegt hat. Zwei unterschiedliche Vinyl-Versionen in schwarzem Vinyl (300 Exemplare weltweit) und Translucent Smoke (steingrauem) Vinyl (100 Exemplare, bereits ausverkauft) wurden ausgegeben, sowie 300 Exemplare als CD. Die Wiederveröffentlichung machten die Toningenieure Tyler Craft und Johan Nilsson, sowie der für japanische Musik bestausgewiesene Kenner Shinsaku Ikeshita möglich. Für die Restaurierung der Songs unter heutigen, professionellen Bedingungen, sowie das neue Mastering war Mastering-Experte und Grammy-Gewinner Michael Graves in dessen Osiris Studio in Los Angeles besorgt.
Die wunderbare Zumutung, selbst denken dürfen zu müssen.
Haben ist besser als brauchen.
(Alte Plattensammlerweisheit)
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Re: [REVIEW] Abeichizoku • Abeichizoku (1973)
Sicherlich ein Kleinod japanischer Musik, die durchaus den Vergleich mit internationalen Größen nicht zu scheuen brauchen. Gerade die atmosphärisch ruhig gehaltenen Strukturen sagen mir zu und natürlich entwickelt der japanische Gesang seinen ureignen Charme.
Das Ganze gefällt mir richtig gut und du hast in deiner positiven Beschreibung der Musik auch nicht übertrieben.
Leider habe ich bisher nirgends ein Angebot der CD Ausgabe im Netz finden können.
Das Ganze gefällt mir richtig gut und du hast in deiner positiven Beschreibung der Musik auch nicht übertrieben.
Leider habe ich bisher nirgends ein Angebot der CD Ausgabe im Netz finden können.