154 leitet seinen Namen von der Anzahl der Auftritte ab, die Wire bis dahin gespielt hatten.
Zwischen 1977 und 1979 nahm die Band drei bahnbrechende Platten für das Label Harvest auf.
Während ihr fulminantes Debüt Pink Flag zuerst kaum Aufmerksamkeit erhielt, schlug ihr zweites Werk einen eher experimentellen Weg ein.
Für viele war Chairs Missing eine etwas zwiespältige Angelegenheit, die von düsteren Kalte-Krieg- Noir-Rockern zu stimmungsvollem Ambient-Material schwankte.
Ihr drittes Album, 154, geht sogar noch weiter aus dem Rahmen.
Was es an Pink Flag's frenetischer Energie vermissen lässt, macht es in Form von starken Atmosphären wieder wett.
Auf dem eingängigen 'The 15th' gewöhnt sich Frontmann Colin Newman an die Vorstellung, ein Sänger zu sein.
Anstelle von Pink Flag's zerklüftetem Gebrüll wird ein zaghafter Versuch unternommen, tatsächlich zu singen.
Das Ergebnis: eine unerwartete Verletzlichkeit.
Wie 'Outdoor Miner' von Chairs Missing hat auch 'The 15th' das Zeug zu einem Pop-Hit.
Aber das wird durch das absichtlich stumpfsinnige Spoken-Word-Stück "The Other Window" schnell wieder zunichte gemacht.
Es offenbart eine Band, die entschlossen ist, die Grenzen ihrer Hemmungen zu überschreiten, selbst wenn das bedeutet, dass sie einen Teil ihres Publikums verprellt.
Als Experiment trägt es nicht ganz die gewünschten Früchte.
Das spricht dafür, dass 154 das schwierigste von Wires frühen Alben war.
Dennoch zeigen die düsteren Songs, wie weit Wire seit ihrem Debüt gekommen sind.
Während Pink Flag noch den Eindruck erweckte, live aufgenommen worden zu sein, scheut sich die Band hier nicht, die Möglichkeiten des Aufnahmestudios auszuschöpfen.
Überlagerte Synthesizer und Backing Vocals treten vor den düsteren Gitarren in den Vordergrund.
Das Endergebnis sind Tracks, die den Hörer wissen lässt, dass es kein Zurück mehr gibt.
Als ob das noch nicht genug wäre, ist das verzerrte 'A Touching Display' praktisch nicht mehr von der Band zu unterscheiden, die 'Ex Lion Tamer' oder 'Strange' auf Pink Flag herausgebracht hat.
Das ist wirklich Neuland, und ehrlich gesagt klangen damals nicht viele Platten außerhalb von PILs Metal Box so absichtlich aus den Angeln gehoben.
Neben 'A Touching Display' klingen die düstersten Momente von Joy Divisions 'Unknown Pleasures' wie Bubble Gum Pop.
Im Vergleich dazu klingt Wire hier geradezu dämonisch.
Auf Mutual Friend" begibt sich 154 auf neues Terrain, während sie nach melodischen Lichtblicken tasten.
Es ist Musik, die sich einfach jeder Kategorisierung entzieht, und noch dazu ist sie absichtlich nicht für jeden hörbar.
Nur wenige Bands, die von Wire beeinflusst wurden, haben sich mit dieser Seite der Band auseinandergesetzt.
Once Is Enough" zeigt sie in ihrer wildesten Form.
Im Hinblick auf die natürliche Pop-Orientierung von Wire ist "Once" eine vorsätzliche Übung in Stil-Sabotage.
Map Ref 41 Degrees N 93 Degrees W" (Koordinaten für ein offenes Feld in Idaho) kehrt jedoch auf wunderbare Weise in ein Pop-orientiertes Fahrwasser zurück.
Trotz aller 'Indirect Enquiries' in einen dunklen Sog winken Wire zynisch ab, statt zu ertrinken.
"I never know which version I'm going to be", singt Newman in '40 Versions'.
Etwas, dass dieses Album wunderbar zusammenfasst.
Es ist ein Album wie eine Zwiebel, mit vielen Schichten.
Und je tiefer der Schnitt, desto mehr werden die Augen tränen.
Zweifellos ist 154 das eigensinnigste Album von Wires klassischem Output der späten 70er Jahre.
Jede Tendenz zur Konformität wird trotzig unterlaufen.
Das Ergebnis ist ein Album, dass aus der Selbstsabotage Kunst macht.
Es ist nicht leicht, dieses Album zu mögen. Und es will auch nicht gemocht werden.
Nach diesem Album war für die Band erstmal Schluss, obwohl sie später wieder auftauchten, waren sie nie mehr ganz dieselben.
154 markiert das Ende einer Ära.
Side one
1. "I Should Have Known Better" 3:52
2. "Two People in a Room" 2:00
3. "The 15th" 3:05
4. "The Other Window" 2:07
5. "Single K.O." 2:23
6. "A Touching Display" 6:55
7. "On Returning" 2:06
Side two
8. "A Mutual Friend" 4:28
9. "Blessed State" 3:28
10. "Once Is Enough" 3:23
11. "Map Ref. 41°N 93°W" 3:40
12. "Indirect Enquiries" 3:36
13. "40 Versions" 3:28
Wire
Colin Newman – vocals, guitar, backing vocals, distorted bass on "On Returning"
Graham Lewis – bass, vocals on "I Should Have Known Better", "A Touching Display" and "Blessed State", backing vocals, percussion on "Once Is Enough", sleeve concept
B. C. Gilbert – guitar, spoken word on "The Other Window", sleeve concept
Robert Gotobed – drums, percussion
Additional personnel and production
Kate Lukas – alto flute on "Single K.O."
Tim Souster – electric viola on "A Touching Display"
Hilly Kristal – bass vocals on "A Mutual Friend"
Joan Whiting – cor anglais on "A Mutual Friend"
Mike Thorne – production, synthesizer, piano on "Single K.O."
Paul Hardiman – engineer
Ken Thomas – assistant engineer
Dave Dragon – art direction
Brian Harris – typographic design
[REVIEW] WIRE - 154 (1979)
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Re: [REVIEW] WIRE - 154 (1979)
Wire waren sicherlich eine der wesentlichen Säulen der Post Punk Ära. Zudem hängten sie gleichgesinnte Band mit ihrem rasanten Entwicklungsstil ab und verließen zusehends die archaischen Strukturen des Punkrocks.
Nach dem regide eingespielten Debüt mit allen Trademarks des Punkrocks wechselte man auf dem zweiten Album "Chairs Missing" zu Artrock Tendenzen, die teilweise einen diffusen Eindruck hinterließen. Eine nochmalige Veränderung trat mit dem dritten Album "154" ein, in dem man sich von jeglichen Fesseln löste und selbst einen eigenen Klangkosmos eröffnete. Der Teppich für eine noch avangardistischere Richtung war somit ausgerollt und letztlich war es musikalische Kunst, die sie ohne Kompromisse vorantrieb. Auch die Hinzunahme genrefremder Instrumente und das Ausnutzen und Ausloten der technischen Möglichkeiten woben sich bestens in ihre Musik ein.
Im Grunde war die Band durch diese prägende Triologie an einem Punkt angelangt, wo es auch für die Band vorerst keine Weiterentwicklung gab. Und so kam es auch, dass es nach etlichen Konzerten eine 7 jährige Schaffenspause gab. Und danach leuchtete das Licht der Band in einer ganz anderen Farbe und erinnerte nur noch marginal an ihre ersten drei Großtaten.
Spontan fallen mir noch Joy Division und Brian Eno ein, die einen ähnlich epochalen Weg eingeschlagen und Wegweisendes erschaffen haben.
Andreas, es hat wieder Spaß gemacht, deinen Zeilen zu folgen und in die mir vertraute Welt von Wire einzutauchen.
Nach dem regide eingespielten Debüt mit allen Trademarks des Punkrocks wechselte man auf dem zweiten Album "Chairs Missing" zu Artrock Tendenzen, die teilweise einen diffusen Eindruck hinterließen. Eine nochmalige Veränderung trat mit dem dritten Album "154" ein, in dem man sich von jeglichen Fesseln löste und selbst einen eigenen Klangkosmos eröffnete. Der Teppich für eine noch avangardistischere Richtung war somit ausgerollt und letztlich war es musikalische Kunst, die sie ohne Kompromisse vorantrieb. Auch die Hinzunahme genrefremder Instrumente und das Ausnutzen und Ausloten der technischen Möglichkeiten woben sich bestens in ihre Musik ein.
Im Grunde war die Band durch diese prägende Triologie an einem Punkt angelangt, wo es auch für die Band vorerst keine Weiterentwicklung gab. Und so kam es auch, dass es nach etlichen Konzerten eine 7 jährige Schaffenspause gab. Und danach leuchtete das Licht der Band in einer ganz anderen Farbe und erinnerte nur noch marginal an ihre ersten drei Großtaten.
Spontan fallen mir noch Joy Division und Brian Eno ein, die einen ähnlich epochalen Weg eingeschlagen und Wegweisendes erschaffen haben.
Andreas, es hat wieder Spaß gemacht, deinen Zeilen zu folgen und in die mir vertraute Welt von Wire einzutauchen.
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Re: [REVIEW] WIRE - 154 (1979)
War ja eigentlich klar, dass du dich auch bei Wire exzellent auskennst.
Bei mir gibt es keine Zweifel, die ersten 3 Harvest Platten sind essentiell.
Von den späteren Alben habe ich nicht alle, aber die Paar die hier stehen gefallen alle.
Bei mir gibt es keine Zweifel, die ersten 3 Harvest Platten sind essentiell.
Von den späteren Alben habe ich nicht alle, aber die Paar die hier stehen gefallen alle.
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Re: [REVIEW] WIRE - 154 (1979)
Ich besitze nur die ersten drei Alben und habe später per YouTube in die Folgealben reingehört. Aber das war dann nicht mehr die Band Wire, wie sie sich während ihrer Triologie präsentiert hat.