[REVIEW] Jefferson Airplane • Bark (1971)
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[REVIEW] Jefferson Airplane • Bark (1971)
Als die Musiker, die einst als letzte offizielle Besetzung der Band Jefferson Airplane agierten, dieses Album 1971 veröffentlichten, war die Band bereits stark zerrissen, woran auch die Lancierung eines eigenen Plattenlabels nichts änderte. Geplant war dieses Album bereits im Herbst 1970, und zwar als Mix aus Studio- und Live-Stücken. Am 4. Oktober 1970, als die Band auf einer Tournee war, stiess die Gruppe auf den Violinisten Papa John Creach und hievten ihn mit ins Boot. Er spielte darauf an einigen Konzerten der Band mit und wurde zum festen Mitglied. Sein Geigenspiel stellte eine Bereicherung für den Bandsound dar, stiess aber nicht bei allen Mitmusikern auf Gegenliebe. Gründungsmitglied, Sänger und Komponist Marty Balin gab seinen Ausstieg aus der Band noch während der Tournee bekannt, und auch zu bereits geplanten Aufnahmen zu einem neuen Album steuerte er nichts mehr bei, obwohl aus seiner Feder einige der Stücke stammten, die eigentlich hätten eingespielt werden sollen. Ausserdem stiess mit Joey Covington ein neuer Schlagzeuger zur Gruppe, welcher den bisherigen Drummer Spencer Dryden ablöste. Covington trat bereits auf dem Vorgänger Album "Volunteers" als Gastmusiker in Erscheinung, indem er zu zwei Stücken die Congas beisteuerte.
Das musikalisch auffälligste Merkmal der späteren Platte "Bark" war, dass diesmal alle Bandmitglieder kompositorisch in Erscheinung traten, was sich in einer relativ hohen stilistischen Vielfalt der Musik manifestierte. Da der Leadgitarrist Jorma Kaukonen zusammen mit Bassist Jack Casady zuvor bereits mit der Band Hot Tuna aktiv war, erfuhren ihre Beiträge zur "Bark" LP einen unterschwellig bluesigen Touch, was neben den eher psychedelischen Songs aus der Feder von Grace Slick (Beispiel "Never Argue with a German If You're Tired or European Song") oder Joey Covington (die A Capella Nummer "Thunk") für frischen Wind sorgte und die Platte wesentlich interessanter und bodenständiger klingen liess, als dies beispielsweise bei den beiden vorherigen Studiowerken der Gruppe der Fall war. Ausserdem boten Jorma Kaukonen mit seinem Song "Wild Turkey" und Paul Kantner mit "War Movie" auch dem Neuzugang Papa John Creach eine ausgezeichnete Plattform, sein Geigenspiel akkurat einzubringen und sich als gute Wahl und grosse Bereicherung in Szene zu setzen.
Geplant waren etliche Songs für das Album, die letztlich jedoch nicht eingespielt, oder wenn, dann schlussendlich nicht für die endgültige Fassung des Albums berücksichtigt wurden. So zum Beispiel eine Live-Version eines im Sommer 1970 als Solo-Single von Sängerin Grace Slick veröffentlichtes Stück mit dem Titel "Mexico", das als Single allerdings kein Erfolg war, weshalb die Band diese Idee schon bald verwarf. Ebenso wurde eine Live-Version des Titel "Have You Seen The Saucers ?" verworfen (die B-Seite dieser Single). Das Stück wurde später in einer anderen Live-Variante auf dem Live-Album "Thirty Seconds Over Winterland" berücksichtigt. Beide Stücke, "Mexico" und "Have You Seen The Saucers" kann man in diesen Live-Versionen lediglich auf der erwähnten 45er von Grace Slick hören, weshalb diese Single heute recht gesucht ist. Interessant ist auch, dass Marty Balin zwei Songs zum Album beitragen sollte, nämlich "You Wear Your Dresses Too Short" und "Emergency", die ebenso nicht realisiert wurden wie Peter Kaukonen's Titel "Up Or Down" (den Balin singen sollte), sowie die beiden Songs "Whatever The Old Man Does (Is Always Right)" und "The Man (The Bludgeon of the Bluecoat)". Bei Letzterem handelte es sich um einen Rhythm'n'Blues-Titel als Hommage an Rubén Salazar, einem Journalisten, der sich vehement gegen den Vietnam-Krieg einsetzte und der von einem Polizisten während einer Kundgebung erschossen wurde.
Stattdessen lieferten die beteiligten Musiker einige neue, teils hervorragende Songs für das Album, von denen vor allem die beiden aus der Feder von Paul Kantner stammenden Titel "When The Earth Moves Again" und "Rock And Roll Island" einen bemerkenswert offenen und lockeren Bezug zum melodiösen Rock, resp. Rock'n'Roll zeigten, wohingegen das aus der gemeinschaftlichen Feder von Covington, Kaukonen und Casady stammende "Pretty As You Feel", das auch als Single veröffentlicht wurde, klar die Handschrift des Latin Rocks von Carlos Santana trug, welcher bei dem Stück auch mitspielte, zusammen mit seinem Santana-Mitmusiker Michael Shrieve. Erwähnenswert ist auch das von Grace Slick geschriebene, äusserst merkwürdige und ziemlich schräge Stück "Never Argue with a German If You're Tired or European Song", das in seiner Grundstruktur klar dem psychedelischen Poprock der vergangenen Jahre huldigt, aufgrund seiner teilweise doch ziemlich misslungenen pseudo-deutschen Sprachfetzen eher belächelt werden kann. Auf der anderen Seite liefert aber gerade Grace Slick mit einer zweiten Nummer mit dem Titel "Crazy Miranda" auch einen stillen Höhepunkt dieses Albums - das ist diese typische leicht verträumt-säuerliche Folk-Psychedelik, für welche die Sängerin seit Jahren gschätzt wurde.
"Bark" war in den Augen der Kritiker einerseits ein zerrissenes Album mit wenig zusammenhängenden Strukturen, andererseits aber auch gefeiert als das angeblich innovativste Album seit "After Bathing At Baxter's" (Kommentar zum Album vom legendären Musikkritiker Lester Bangs). Für mich war es stets ein Album, das die psychedelische Zeit perfekt reflektierte und als spätes Werk noch einmal aufzeichnet, wie locker und unangestrengt Hippiemusik sein konnte. Auf der anderen Seite hat das Album aber auch aufgezeigt, dass sich nicht nur innerhalb der Musikszene in Kalifornien, sondern auch innerhalb der Band Jefferson Airplane musikalische Veränderungen ankündigen. Nach einer weiteren, leider eher wenig berauschenden Platte mit dem Titel "Long John Silver" (1972), welche im Grundsatz der Vielseitigkeit der "Bark" LP folgte, jedoch über wesentlich weniger kompositorische Highlights verfügte, sowie einem nachgereichten Live-Album im Jahre 1973 ("Thirty Seconds Over Winterland"), das leider nicht ganz die Reputation erhielt, das es eigentlich verdient gehabt hätte (denn live war die Gruppe auch in jenen Tagen noch immer ein Garant für tolle Musik), stieg im Jahre 1974 mit der neu formierten Band Jefferson Starship ein neues Sternen-Vehikel auf, das über wesentlich mehr Bodenhaftung verfügte als das manchmal doch etwas verschwurbelte Luftschiff Jefferson Airplane. Aber das ist eine andere Geschichte.
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(Alte Plattensammlerweisheit)
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Re: [REVIEW] Jefferson Airplane • Bark (1971)
Neben den Deads und QMS die Westcoastband schlechthin, die bis einschließlich dem Album "Bark" ein Highlight nach dem anderen herausgebracht hat. Gerade mit der Vielschichtigkeit des Album ist ihnen hier ein weiterer großer Wurf gelungen. Den Hiweis auf irgendwelche Zerrissenheiten kann ich so nicht folgen, weil hier mehrere Köche ihre Beiträge abgeliefert haben.