Die Frage, ob es noch echte innovative Musik gibt, ist manchmal schwierig zu beantworten. Ich denke, etwas wirklich Bahnbrechendes wird sich innerhalb der Rockmusik nicht mehr tun. Viele der heutigen Protagonisten bedienen sich der Muster und stilistischen Feinheiten der Vergangenheit. Es klingt heute viel Neues irgendwie vertraut, aber wenn man über die letzten Jahrzehnte am Ball blieb, merkte man auch bald: Das ist zwar gut, aber nichts Neues mehr. Was folgt, ist die Einsicht, dass die Originale dann doch besser waren, irgendwie ist die Halbwertzeit heutiger Musik deutlich kürzer geworden, es verflüchtigt sich so manches vermeintlich neue Meisterwerk oft innerhalb kürzester Zeit.
Da sind mir dann Musiker und Bands, die wenigstens die 'alte' Musik auch wirklich komplett eingesogen und verinnerlicht haben, dazu noch über jede Menge Talent verfügen und sich letztlich auch in punkto Qualität nicht vor den grossen Namen von früher verstecken müssen, doch lieber. Einer dieser relativ 'neuen' Musiker ist der Komponist und Multi-Instrumentalist Ryan W. Stevenson. Hä, wer bitte ? Macht nix, in der Rockwelt ist er noch nicht gross bekannt geworden. Ganz im Gegensatz zur Welt der Filmmusik. Da hat er schon einige Auszeichnungen erhalten.
Man attestiert dem heutigen Progressive Rock öfters mal eine gewisse Länge (man könnte es durchaus auch Langeweile nennen), wenn sich mal wieder die x-te neue Band mit einem wenig verheissungsvollen Gebräu aus Kopie und Fortschritt auf den Markt drängt, der seit einigen Jahren schon ziemlich ausgelutscht ist - von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen. Eine dieser rühmlichen Ausnahmen ist Ryan W. Stevenson. Er macht zwar auch keinen Hehl daraus, dass die Mitt-70er Canterbury Szene sein Lieblings-Tummelfeld ist, überzeugt mit seiner Leidenschaft für diese Stilart aber auf ganzer Linie. Dazu mag er auch Jazzmusik ganz gerne, sowie unüberhörbar den klassischen Progressive Rock, wie ihn etwa Gentle Giant, King Crimson oder - am ehesten - Caravan und National Health - also die klassischen Canterbury Bands - gespielt haben, imho mit vielen hochmelodischen, fast schon schwelgerisch-träumerischen Elementen und etwas Kopfarbeit - ich mag es mal 'fein fühlbare Körperlichkeit' nennen - zwischendurch: Rockmusik mit 'Anspruch' hat man das früher genannt.
Das manchmal etwas Vertrackte, Fordernde, spült der Keyboarder jedoch gekonnt weg, indem er seine Musik herrlich locker fliessen lässt und zu keiner Zeit übermässig anstrengend klingt. Ausserdem hält er auch nichts von überdimensionierten Platten, auf denen jeder noch so einigermassen interessant riechende Furz mit aufgenommen werden soll: Seine beiden bisher erschienenen Alben kommen nicht über die Dreiviertelstunden-Marke hinaus. Und das ist das Beeindruckende an seiner Musik: Die Spannung lässt im Verlauf des Hörens nicht nach, bleibt aufrecht bis zum Schluss.
Sein Arsenal an Keyboards ist beeindruckend und lässt die Herzen jedes Prog-Fans höher schlagen: Mellotron, Hammond Orgel, Klavier und Electro-Piano, Korg CX-3 Synthesizer. Dazu spielt er auch Gitarren, Bass, Flöte, Perkussion und glänzt dazu auch noch mit einer ausdrucksstarken Stimme. Die Musik auf dem aktuell erschienenen Album "Dominion" erinnert an David Sinclair oder Dave Stewart zu Caravan, resp. Egg-Zeiten (besoners an Egg's Album "The Civil Surface" fühle ich mich beim Hören manchmal erinnert). Die instrumentalen Anreicherungen beispielsweise durch Flöte oder Saxophon bringen sphärische und jazzige Elemente hinzu. Als Krönchen singt Ryan W. Stevenson dann stellenweise auch noch fast wie Robert Wyatt seinerzeit.
Als herausragende Kompositionen sehe ich auf dieser Platte vor allem den Longtrack "Toxicity", das sich einerseits unbeschwert hippiesk, dann aber in einem Atemzug auch wieder bissig-vertrackt gibt; sowie das irgendwie psychedelische, aber sehr rockige "You", das nicht nur aufgrund des Songtitels sofort an Pierre Moerlen's Gong erinnert (ist aber ein ganz anderes Stück). Nun könnte man sagen: Wer sich so schamlos des klassischen Canterbury-Sounds bedient, ist hoffnungslos aus der Zeit gefallen - oder neigt zum blossen Kopieren einer Musikrichtung, die heute kaum mehr Jemand goûtiert: Weit gefehlt! Beim Mangel an solch exzellenten neuen Alben sticht dieses Werk heraus, überstrahlt so manch pseudo-komplizierten modernen Kopf-Prog um ein Vielfaches. Für mich ganz klar ein Anwärter auf die anspruchsvollste Platte des noch jungen Jahres. Einmalig und brilliant, einfach grossartig.
[NEUERSCHEINUNG] Zopp • Dominion (2023)
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[NEUERSCHEINUNG] Zopp • Dominion (2023)
Die wunderbare Zumutung, selbst denken dürfen zu müssen.
Haben ist besser als brauchen.
(Alte Plattensammlerweisheit)
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Re: Zopp • Dominion (2023)
Jaaaaa, wunderbare Scheibe, die mir deutlich besser gefällt als das auch schon hervorragende Debüt vor ein paar Jahren. Die Longtracks nehmen mich beide mit auf die spannende Reise, und auch der Gesang passt wunderbar. Super Scheibe!!
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Re: Zopp • Dominion (2023)
Morgenkaffee (0630) und die Kinder schlafen noch.
Also laeuft Spotify und siehe da, gefaellt mir echt gut.
Als ich Keyboards hoerte in deiner Beschreibung musst ich mal reinhoeren, und wurde reichlich belohnt
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Re: Zopp • Dominion (2023)
Na denne: einen Guten Morgen gewünscht!
Tschüß
nixe
Musik hat die Fähigkeit uns geistig, körperlich & emotional zu beeinflussen!
!!!I like Prog!!!
!!!Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten!!!
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Re: Zopp • Dominion (2023)
das überzeugt mich auf der ganzen Linie.
Guter Gesang, exzellente Instrumentals, tolles Cover.
Nur hab ich die nicht als LP gefunden.
Schade.
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Nur hab ich die nicht als LP gefunden.
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