Und wenn einmal Deine ganze Welt auseinandergebrochen ist, dann kommt John Watts und klebt sie wieder zusammen. Das daraus neu entstandene Flickwerk wird nie mehr so sein, wie es vorher mal war, aber es wird Dich nochmals antreiben, wird Dir Hoffnung geben, Dir viele schöne Orte zeigen, die Du noch einmal zum erstenmal erleben darfst. Dann bist Du auf der abenteuerlichen Reise mit dem Endziel Paradies. John Watts und sein Konstrukt Fischer-Z - ein klasse Bandname, fand ich schon immer - kam in den späten 70er Jahren auf, als er klasse Popsongs, die meist etwas punkige Attitüde besassen oder ansatzweise auch schon mal in Richtung Power Pop tendierten, einen leichten Reggae-Touch verlieh und auch gleich mal die Charts in Beschlag nahm, mit rhythmischen Perlen wie zum Beispiel "Room Service", "The Worker" oder "Pretty Paracetamol" oder schlicht mit einem vorwärts treibenden Powerpop-Song wie "So Long".
Gingen mit dem Aufkommen der New Wave in England etliche Musiker langsam mangels Anpassung an den Zeitgeist in Richtung Bedeutungslosigkeit, so wuchs John Watts' musikalisches Spektrum eher noch. Er blieb zwar ziemlich unproduktiv in den 80er Jahren, veröffentlichte nach den ersten drei recht erfolgreichen Alben zwischen 1981 und 1992 grade mal zwei weitere Alben, die allerdings schon relativ grossen musikalischen Abstand zum ursprünglichen typischen Fischer-Z Sound zeigten. Erst im Jahre 1992 kam er mit "Destination Paradise" zurück. Und wiederum hatte er einen Quantensprung in seiner Kreativität und musikalischen Offenheit gemacht, denn er servierte hier wunderbar fluffigen Poprock und schrieb vor allem Songs, nach denen sich andere Popkünstler die Finger lecken würden und er setzte diese mit einer frohsinnigen Leichtigkeit um, die er vorher bestenfalls ansatzweise erkennen liess. John Watts war auf einmal total cool.
Das Album, von dem etliche Kritiker schrieben, so würde ein Beatles-Album klingen, so es die Fab Four denn noch immer gäbe, darf man getrost als popmusikalischen Meisterstreich bezeichnen. John Watts präsentiert auf dieser Platte 14 kleine Kunstwerke, die so unverschämt ohrwurmig sind, dass sie geradezu zum mitsingen einladen. Niemals banal, aber immer einfach - genau wie damals bei den Beatles, erschliessen sich einem die kleinen feinen kompositorischen Eigenheiten der Songs erst nach mehrmaligem Hören, will heissen: Die Lieder wachsen mit jedem Hördurchgang durch viele kleine, unscheinbare Arrangement-Spielereien und wundervolle Details, die aus den meist einfach strukturierten Grund-Songs wundervolle kleine Preziosien werden lassen - zeitgleich mit dem mehrmaligen Hören krallen sich diese Songs auch im Kopf fest. Das würde ich als genial bezeichnen. Müsste ich das Album "Destination Paradise" als Beispiel für herausragendes Schaffen des Künstlers mit einem entsprechenden Werk von Jemand anderem vergleichen, käme ich zum Beispiel auf "Out Of The Blue" von Electric Light Orchestra: auch dort ist jeder Song ein popmusikalischer Volltreffer ohne Verfallsdatum.
Es hat in der Tat was, wenn der unter Gitarristen weitverbreitete Schmunzler 'drei Akkorde sind einer zuviel' so interpretiert wird, dass man zwei Akkorde so detailfreudig ausarbeiten kann, dass gar kein dritter mehr nötig ist, um den Hörer mitten im Herzen zu erreichen. Da setzt John Watts immer an und baut nur spärlich weiter aus, was der Song auch wirklich braucht. Er ist kein Endlos-Arrangeur, der nach immer noch mehr Effekt sucht: Seine Songs sind detailverliebte Kleinigkeiten, die genau deswegen so faszinieren: Einfache Musik mit dem gewissen Etwas, was nicht viele Komponisten hinkriegen: Ausbau bis zum Wesentlichen und keinen Effekt weiter. Das Album "Destination Paradise" ist auch hervorragend produziert und von kompetenten Musikern eingespielt. Watts hatte für dieses Album seine Band komplett neu formiert.
Etwas schade ist lediglich, dass diese Platte bezüglich der Songtexte von durchwegs guter Laune dominiert wird und Watts' sein früheres politisches und gesellschaftskritisches Engagement hier weitgehend ausgeblendet hat. Aber wer gerne gute Laune Musik haben will, der sucht ja auch nicht unbedingt politisch motivierte Songtexte. Trotzdem finden sich auch auf diesem Album einige entsprechende Zeilen, so etwa in "Tightrope", "Caruso" oder vor allem in "Further From Love". Erfolgs-statistisch gesehen schaffte es John Watts mit diesem Album einzig in die deutschen Charts, und auch die aus dem Album ausgekoppelte Single "Will You Be There ?" schaffte es bis auf Rang 95. In seinem Heimatland England hingegen wurde diese wundervolle Platte leider kaum zur Kenntnis genommen.
[REVIEW] Fischer-Z • Destination Paradise (1992)
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[REVIEW] Fischer-Z • Destination Paradise (1992)
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Re: Fischer-Z • Destination Paradise (1992)
Eine sehr schöne Rezi über ein Album nach den glorreichen frühen Jahren der Band, als die Band sprichwörtlich noch eine Band war. Für mich sind ihre ersten drei Alben immer noch das Maß aller Dinge, sowohl musikalisch als auch von der textliche Gestaltung. Aber nach 1981 wollte der Mastermind John Watts wohl sein eigenen Süppchen entwickeln und entließ kurzerhand seine Mitmusiker. Das war sicherlich ein Schritt in die falsche Richtung, aber Personen mit einem ausgeprägten Ego gehen manchmal sehenden Auges diesen verderblichen Weg.
Nun aber noch einmal zu deiner Rezi "Destination Paradise". Die eingestellten Songbeispiele haben mich positiv überrascht, denn so prickelnd habe ich mir die Musik von Fischer Z nicht mehr vorstellen können. Wie man sich doch irren kann ....
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Re: Fischer-Z • Destination Paradise (1992)
Ich muss gestehen, das ich nur "Red Skies Over Paradise" besitze, dieses Album aber ziemlich gern anhöre. Nähere Beschäftigung scheint angebracht. Vielen Dank für diese Inspiration!
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Re: Fischer-Z • Destination Paradise (1992)
Das Album war für mich schon immer ein Quell guter Laune Musik, eingebettet in schönen Harmonien und Melodien. John Watts hat ein Händchen, wie er seine Musikstücke ausschmücken kann, ohne sich in der Endlosschleife zu wiederholen.
Es hat Spaß gemacht, deiner erfrischenden Rezi zu folgen.
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