[REVIEW] SAVOY BROWN • Skin'N'Bone (1976)
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[REVIEW] SAVOY BROWN • Skin'N'Bone (1976)
Nach dem noch einigermassen bekannten und sehr geschätzten, recht vielfältig ausgefallenen Album "Wire Fire" folgte ein knappes Jahr später bereits der Nachfolger mit dem Titel "Skin'N'Bone", dessen Titel wohl nicht zufällig gewählt war. Schon zu Beginn des Jahres erklärte der erst kurz zuvor in die Band eingetretene Bassist Andy Rae (von Rare Bird) bereits wieder seinen Austritt. Savoy Brown schrumpfte dadurch vorerst einmal zum Trio. In dieser Phase begannen Kim Simmonds und Paul Raymond jedoch bereits mit dem Schreiben neuer Songs, was sich als weitaus weniger kompliziert anhörte, als es zunächst schien, denn sowohl Paul Raymond, als auch Kim Simmonds konnten auch Bass spielen und so zumindest rudimentäre Bassläufe zu den jeweiligen Songs notieren und für eine geplante Studioeinspielung auch die entsprechenden Noten schreiben.
Im Februar 1976 entschieden sich Simmonds und Raymond dazu, ihren alten Schlagzeuger Dave Bidwell, der seit den Aufnahmen zum Album "Street Corner Talking" bei Savoy Brown trommelte, mit ins Boot zu holen, weil die beiden Musiker planten, das kommende Album eher wieder etwas rückwärts orientiert zu gestalten und Dave Bidwell so auch finanziell noch so gut wie möglich zu unterstützen, was für den Stamm-Schlagzeuger Tom Farnell kein Problem darstellte. Leider sollte sich dieses Engagement nicht auszahlen, denn Bidwell's sich dramatisch verschlechternder Gesundheitszustand liess ihn immer öfters ausfallen in dieser wichtigen Phase des Songwritings und es war klar, dass man ihn, sollte die Platte mit ihm als irgendwie gearteten 'Gastmusiker' fertiggestellt werden, ohnehin würde verabschieden müssen. Noch während sich Savoy Brown mit diesem Problem konfrontiert sah, gab Dave Bidwell selbst seinen Ausstieg bekannt. Er starb kurze Zeit später, wobei der exakte Todeszeitpunkt nie bekannt wurde. So blieb es zunächst beim Trio Simmonds - Raymond - Farnell. Doch dank Kim's Bruder Harry Simmonds konnte auch die noch vakante Stelle des Bassisten kurz darauf neu besetzt werden: Ian Ellis, ehemals in Diensten der Gruppe Clouds, trat in die Band ein, die nun in Quartettstärke mit den Studioaufnahmen zum geplanten nächsten Album startete.
Anfang August 1976 waren die Aufnahmen fertiggestellt. Noch während des Abmischens der Platte entschied sich Kim Simmonds jedoch dazu, zwei Titel (die bis heute leider nicht namentlich bekannt sind) nicht für das Album zu berücksichtigen, sondern stattdessen für die B-Seite erneut wie schon zweimal in der Vergangenheit, einen längeren Live-Titel einzubauen. Dieser Boogie mit dem Titel "Walkin' And Talkin'" wurde noch im Vorjahr auf der Wire Fire Tour 1975 live aufgenommen in Cleveland, Ohio und geriet, rückblickend zum wohl unfreiwilligen und so kaum vorsehbaren Highlight des Werks "Skin'N'Bone". Der Song kam dermassen gut an nach der Veröffentlichung des Albums, dass von dem 12 Minuten langen Stück sogar eine gekröpfte 3 Minuten-Single veröffentlicht wurde, aus meiner Sicht ein Unsinn, und die Single verkaufte sich auch nur sehr schlecht. 1976 waren Bluesbands in den USA langsam, aber stetig auf dem absteigenden Ast, und das mussten auch Savoy Brown zur Kenntnis nehmen. Verkaufszahlen wie noch zu Zeiten von "Hellbound Train" waren definitiv vorbei. Da die Gruppe inzwischen in den USA ansässig war, "Skin'N'Bone" jedoch, als letztes Savoy Brown Album überhaupt, noch in England aufgenommen wurde (wie schon sein Vorgänger in den renommierten Basing Street Studios von Island Records in London), mussten Savoy Brown in immer kleineren Clubs auftreten, um sich selbst finanziell über Wasser halten zu können, was selbstverständlich auch Folgen haben würde.
Die fünf Studiosongs auf dem Album "Skin'N'Bone" klangen hörbar archaischer, viel weniger auskomponiert und durcharrangiert als noch die Titel des Vorgängers "Wire Fire". Zwar assan mit Howard Kilgour und Kevin Dallimore zwei sehrversierte Toningenieure an den Knöpfen und Reglern, doch den von Simmonds explizit gewünschten rauhen US-Rock bekamen die beiden ziemlich gut hin. Kim Simmonds nutze vor allem den Umstand, dass mit Ian Ellis und Tom Farnell zwei eher toughe Musiker den Boden für die Songs von ihm und Paul Raymond bildeten, beide waren sie Rocker und keine allzugrossen Virtuosen. "Skin'N'Bone" klang dadurch wesentlich bodenständiger und zum erstenmal hörten sich Savoy Brown so an, als wären sie hoffnungslos aus der Zeit gefallen: In einem sich rasant schnell verändernden musikalischen Umfeld, das sich mit Ausnahme des Punks, immer stärker bombastischen und synthetischen Spielereien hinzugeben pflegte, gaben Savoy Brown Gegensteuer und rockten trocken, erdig und dadurch mit sehr viel Bodenhaftung durch ihre neuen Songs.
Von den fünf Songs aus der gemeinsamen Feder von Kim Simmonds und Paul Raymond stach einer ganz besonders heraus: Der Slow Blues "This Day Is Gonna Be Our Last", dem es aufgrund der nicht vorhandenen Klangeleganz schwerfiel zu überzeugen. Hier funktionierte die Reduktion aufs Wesentliche leider nicht, er wirkte statisch, rollte nicht gut und das trotz schöner Melodieführung und feinem Songtext. Ganz im Gegenteil zum Opener "Get On Up And Do It": Dieser Song hatte in der Tat was von älteren Stones Sachen, hier bumst es genauso, wie ein solcher Titel herüberkommen muss: Hölzern, archaisch und unterhaltsam. "Part Time Lady" vermischte recht gekonnt zwei Ebenen im Sound von Savoy Brown, die man so schon öfters in der Vergangenheit hatte vernehmen können: Ein gut vorwärts treibender Bluesrock-Beat mit einem Mittelteil, der sich schön ausbreitet und leichte jazzige Untertöne beinhaltet, bevor sich der treibende Rock-Beat wieder zurückmeldet. Eines meiner ganz persönlichen Highlights ist der einzige Fremdtitel auf dem Album: Die aus der Feder von Russ Ballard stammende Bluesnummer "She's The One". Russ Ballard war damals aus der Band Argent ausgestiegen, um eine Solokarriere in Angriff zu nehmen, schrieb aber auch als Songwriter Titel für andere Bands.
Eher etwas seltsam wirkte schliesslich der Titelsong "Skin'N'Bone", der sich auf eigentümlich Weise über fast acht Minuten ausbreitete, ohne sich stilistisch jedoch klar zu definieren. Hier machten sich meiner Meinung nach schon erste Spuren einer gewissen Orientierungslosigkeit bemerkbar, die in Ansätzen erkennen liess, dass Kim Simmonds wohl schon bald an einem Punkt sein wird, an welchem er mit seiner bisher immer sehr gut funktionierenden musikalischen Vielseitigkeit auf der Stelle tritt. Als weiterer Aspekt kam hinzu, dass sich die Welt immer schneller bewegte: Punk war da und schon bald wieder weg, was zahlreiche gute Rockbands ohnehin schon ins Schleudern gebracht hatte. Doch genauso schnell kamen jetzt junge, neue Bands und hantierten mit Synthetiksounds, es folgten die New Wave und der Post Punk. Wo war da noch Platz für eine Bluesrock Band alter Schule ? Und doch erkannte Kim Simmonds auch hier noch einmal eine kleine Nische, in welcher er sich mit seinen Jungs festkrallen konnte: der Hard Rock. Doch dazu später. Ich persönlich halte "Skin'N'Bone" bis heute für ein unterschätztes Album, dem zwar etwas der Glanz früherer Produktionen fehlt, dafür sehr bodenständig rockt und definitiv über grossartige Momente verfügt, die sich anzuhören grossen Spass machen.
Die wunderbare Zumutung, selbst denken dürfen zu müssen.
Haben ist besser als brauchen.
(Alte Plattensammlerweisheit)
Haben ist besser als brauchen.
(Alte Plattensammlerweisheit)