Be Bop Deluxe gehören für mich seit jeher in die Kategorie "most underrated Bands ever". Warum das so ist, hat sich mir nie erschlossen, denn die Band um Mastermind Bill Nelson hat wirklich nur gute Musik veröffentlicht. Als Bill Nelson 1974 sein Debütalbum mit der neu gegründeten Formation Be Bop Deluxe vorlegte, konnte er schon auf mehr als ein Jahrzehnt Erfahrung im Musikbusiness zurückschauen. Als Kunststudent brachte er sich das Gitarrespielen selbst bei, beschränkte sich anfangs auf sehr rudimentäre Spielkenntnisse. Seine Vorbilder waren fernab der Rockmusik angesiedelt. Nelson zählte Hank Marvin, Chet Atkins, Duane Eddy, aber auch den Jazzgitarristen Wes Montgomery zu seinen persönlichen Inspirationsquellen. In den späteren 60er Jahren wandelte sich dieses Bild jedoch, und das Album "Rubber Soul" der Beatles, das Bluesspiel von Peter Green, aber insbesondere das losgelöste freie Jammen von Jimi Hendrix übten einen starken und nachhaltig prägenden Einfluss auf ihn aus. Seine ersten eigenen Bands waren die Bluesgruppe Global Village, danach die eher dem Gospel zugewandte Formation Gentle Revolution.
Bill Nelson produzierte und veröffentlichte in dieser frühen Schaffensperiode drei heute sehr gesuchte Alben in äusserst geringer Auflage, die alle lediglich über den Direktverkauf in lokalen Plattenläden erhältlich waren: "A To Austr", "Astral Navigations" und "Northern Dream". Er nahm alle drei Alben bei sich zuhause auf, sein fiktives Tonstudio nannte er Holyground Home Studio. Von der LP "Northern Dream" wurden beispielsweise nur 250 Exemplare gepresst. Eine dieser LPs landete schliesslich beim legendären britischen DJ John Peel, der sie in seinem Sender öfters auflegte. Das weckte schliesslich das Interesse der Talentscouts von EMI Records. Bill Nelson hatte jedoch inzwischen eine völlig neue Gruppe lanciert, die er Be Bop Deluxe nannte. EMI war von den Demosongs zum späteren Album "Axe Victim" (benannt nach einer Gitarrenmarke) vom grossen Talent der Gruppe überzeugt und veröffentlichte das Album auf deren Progressiv-Ableger Harvest Records. Eine ausgedehnte Tournee als Support Act für die damals sehr populäre Band Cockney Rebel weitete den Erfolg von Be Bop Deluxe beim Publikum rasch aus. Es folgten einige Jahre des Erfolgs mit hervorragenden Plattenveröffentlichungen, die es aber allesamt nicht schafften, die Band ausserhalb Britanniens zu Top Acts heranwachsen zu lassen.
So blieb Be Bop Deluxe immer ein bisschen der 'Geheimtipp'-Status haften, obwohl sie mit "Ships In The Night" oder "Hot Values" auch Chartserfolge feiern konnten. Dass die Gruppe vor allem live ein herausragender Rock Act war, insbesondere auch, was Improvisationsfähigkeit anbelangt, davon zeugt das grossartige Album "Live! In The Air Age", welches 1977 veröffentlicht wurde und bis heute als das beste und erfolgreichste Album von Be Bop Deluxe gilt: Blues, Jazz und Avantgarde, bisweilen arg vertrackt, aber dann auch wieder hochmelodiös, galt und gilt es längst als ein Meilenstein des sogenannten Art Pop. Nach diesem doch eher herausfordernden Live-Erlebnis reduzierte Bill Nelson seine Band jedoch auf eine eher moderat anspruchsvolle Art Pop/Art Rock Mixtur, die gleichermassen kreativ wertvoll wie zugänglich-kommerziell ausgerichtet war: "Drastic Plastic". Viele Kritiker sagten der Band nun voraus, sie stünde unmittelbar vor dem grossen internationalen Durchbruch. Doch Bill Nelson, unberechenbar in seinen musikalischen Aktivitäten, löste die Band unmittelbar nach der Veröffentlichung dieses tollen Studioalbums auf und arbeitete solo weiter. Was er danach produzierte, war nicht immer zugänglich, oft auch recht indifferent. Er entdeckte mehrheitlich die Elektronik für sich und verlor sich irgendwann in den 80er Jahren in einem diffusen Stil aus New Wave, Art Pop und Elektronik, was ihn letztlich wieder dorthin zurück katapultierte, von wo aus er über eine Dekade zuvor gestartet war: in eine musikalische Nische, die fernab von Kommerz angesiedelt war, doch absolut gar nichts mit schlechter Musik zu tun hatte. Nur der Erfolg, der blieb aus - Bill Nelson war wieder der Geheimtipp, der er war, bevor er mit Be Bop Deluxe so erfolgversprechend abgehoben war. Müsste ich mich auf einen einzigen Song reduzieren, den ich von Be Bop Deluxe am allerliebsten mag, wäre dies wohl "Lovers Are Mortal", diese zum Sterben schöne Ballade, die ich weiss nicht wie oft in meinem Leben schon gehört habe - ein traumhafter Song einer traumhaften Band.
Lieblingsalben: Axe Victim (1974), Sunburst Finish (1976), Live! In The Air Age (1977), Drastic Plastic (1978)
Lieblingssongs: Adventures In A Yorkshire Landscape (live) (1977), Speed Of The Wind (1976), Autosexual (1977), Panic In The World (1977), Lovers Are Mortal (1977)
Axe Victim (1974)
Futurama (1975)
Sunburst Finish (1976)
Modern Music (1976)
Live! In The Air Age (1977)
Drastic Plastic (1978)
Air Age Anthology (1997) (Compilation)
[Rating] Be Bop Deluxe
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[Rating] Be Bop Deluxe
Die wunderbare Zumutung, selbst denken dürfen zu müssen.
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Re: [Rating] Be Bop Deluxe
Eine magere Ausbeute, aber immerhin ....
Sunburst Finish (1976)
Live! In The Air Age (1977)
Sunburst Finish (1976)
Live! In The Air Age (1977)
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Re: [Rating] Be Bop Deluxe
Studio albums
Axe Victim (1974)
Futurama (1975)
Sunburst Finish (1976)
Modern Music (1976)
Drastic Plastic (1978)
Live albums
Live! In the Air Age (1977)
Axe Victim (1974)
Futurama (1975)
Sunburst Finish (1976)
Modern Music (1976)
Drastic Plastic (1978)
Live albums
Live! In the Air Age (1977)