[REVIEW] The Rolling Stones Hackney Diamonds

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BRAIN
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[REVIEW] The Rolling Stones Hackney Diamonds

Beitrag von BRAIN »

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Sie schließen ihre Karriere also doch nicht mit dem feinen Album voller sauberer Blues-Cover von 2016 ab.
Im Gegenteil, die legendären Rolling Stones schlagen mit etwas auf, was ihnen kaum noch jemand zugetraut hätte.
Anstatt zu einer alten Antiquität zu versteinern, veröffentlichen sie hier im Jahr 2023 auf zeitgemäße Weise neuen, aufregenden Rock 'n' Roll, der diesmal viel mehr Beachtung verdient, als nur höflich angehört und dann abgelegt zu werden.

In diesem Sinne ist Hackney Diamonds eine unglaubliche Platte.
Sie serviert die Rolling Stones in voller Überzeugung und, abgesehen von den wenigen Balladen, mit voller Geschwindigkeit.
Es ist daher zumindest eines ihrer besten Alben seit langem.
Ihr energiegeladenes Angry und ihr spektakulär ekstatisches, siebenminütiges Sweet Sounds of Heaven sind bereits Stones-Klassiker, mit dem virtuosen Stevie Wonder und einer Lady Gaga, die sich damit in die stimmlichen Höhen von Merry Clayton oder Tina Turner zu hieven versucht.

Aber Hackney Diamonds erweist sich als viel mehr als diese Rock-Goodies.
Erstaunlich dabei, wie Jaggers nahezu unversehrter Kehlkopfsound die Songs so vollblütig furios wie eh und je vorantreibt.
Und auf welch fantastische Weise Keith Richards' Riffs nach wie vor überdosiert.

Zwölf Songs, an denen man sehr lange gearbeitet hat und die dennoch kein Flickwerk geworden sind.
Dazu kommt die Unterstützung einer ganzen Reihe von Gaststars, von Baby-Girl Lady Gaga bis hin zu Karriere-Kollegen wie Paul McCartney, Elton John, Stevie Wonder und dem ebenso glorreichen Rolling Stone Bill Wyman.

Bei den Stones geht es in erster Linie nur um die Musik.
Für die Produktion zeichnet ein entschlossener junger Mann namens Andrew Watt verantwortlich, der auch Ozzy Osbourne und Iggy Pop wiederbelebte.

Und was ist mit den anderen bisher unbekannten Songs? Das leichtfüßige Get Close ist dank Richards' klassisch rollender Gitarre ein muskulöser Rocker, der ganz und gar an die Stones aus einer längst vergangenen Zeit erinnert.
Mit einem feinen Saxophonsolo und auch einem tapfer spielenden Elton John im Hintergrund.
Depending On You, ist eine melancholische Blues-Rock-Ballade, mit Pedal Steel auf einer Wolke von Streichern.
Bite My Head Off, ein frenetischer Hit mit Jagger in einer brodelnden Johnny-Rotten-Pose.
Mit Whole Wide World werfen sie einen kurzen Blick in den Rückspiegel, mit einem weiteren klassischen, bissigen Riff und einer prominenten Soli für Ronnie Wood.

Zum Aufwärmen am Lagerfeuer ist das Country-Stück Dreamy Skies, mit Jagger in seinem Element und Ronnie Wood wieder an der Pedal Steel Guitar.
Mess It Up, klingt wieder schön funky nach The Rolling Stones.

Das wütende Live by the Sword legt dann mit einem regelrechten cremigen Sunshine of Your Love-Riff und einem feurigen Honkytonk-Piano-hämmernden Elton John los.
Für diesen Song wurde der Bassist Bill Wyman zurückgewonnen.
Ein Stück, dass in einem Take aufgenommen wurde und bei dem auch Charlie Watts' letzte Schlagzeugarbeit vor seinem Tod im Jahr 2021 zu hören ist.
Ein denkwürdiger Song also, bei dem fünf Stones wieder einmal am Ruder sind.
Das brillante, schlammige Driving Me Too Hard ist eine Art Gitarrenkracher, der entfernt an Bruce Springsteen erinnert.
In der Halbzeitnummer Tell Me Straight hören wir auch einmal Richards' raue aber sanfte Stimme, in einem traurig nachdenklichen Lamento.

Zum Abschluss des Albums kommt der "Rolling Stone Blues" mit Muddy Waters-Mundharmonika-Blues im Stil von Blue & Lonesome.
Mit einem weiteren herausragenden Richards an der Seite von Jagger.
Eine passende Hommage an ihren Gründungsvater Muddy Waters.

Hackney diamonds", sind Glasscherben von zerbrochenen Autoscheiben nach einem Einbruch.
Keine Gruppe, die noch mehrheitlich aus ihren Originalmitgliedern besteht, kann mit neuem Material noch so knisternd, schwungvoll und auf der Höhe ihres Könnens spielen.
Hackney Diamonds klingt deshalb so zielstrebig und vital, weil sie sich noch einmal so richtig ins Zeug gelegt haben.

Die Rolling Stones sind nicht zu einer verstaubten Museumsgruppe verkommen, die nur noch vom Touren und dem Anzapfen des Songbooks der alten Hits lebt.
Das renommierte Songwriter-Duo Jagger-Richards hat sich auch heute noch den Geist von damals vollständig bewahrt und ist daher musikalisch immer noch in der Lage, Songs abzuliefern, die ganz so robust klingen wie... die Stones.
So können diese Männer stehend sterben.

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1. Angry 3:46
2. Get Close 4:10
3. Depending On You 4:03
4. Bite My Head Off 3:31
5. Whole Wide World 3:58
6. Dreamy Skies 4:38
7. Mess It Up 4:03
8. Live by the Sword 3:59
9. Driving Me Too Hard 3:16
10. Tell Me Straight 2:56
11. Sweet Sounds of Heaven 7:22
12. Rolling Stone Blues (Muddy-Waters-Cover) 2:41

Mick Jagger – Gesang, Mundharmonika
Keith Richards – Lead-Gitarre, Rhythmus-Gitarre, Leadgesang in Tell Me Straight
Ronnie Wood – Lead-Gitarre, Rhythmus-Gitarre
Charlie Watts – Schlagzeug in Live by the Sword und Mess It Up
Steve Jordan – Schlagzeug
Bill Wyman – Bass in Live by the Sword
Darryl Jones – Bass
Matt Clifford – Keyboard
Elton John – Klavier in Get Close und Live by the Sword
Lady Gaga – Gesang in Sweet Sounds of Heaven
Paul McCartney – Bass in Bite My Head Off
Stevie Wonder – Keyboard und Klavier in Sweet Sounds of Heaven
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Emma Peel
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Re: [REVIEW] The Rolling Stones Hackney Diamonds

Beitrag von Emma Peel »

Eine voller Leidenschaft erstellte Rezi, die mehr als einer Stelle darauf hindeutet, dass die Rolling Stones sicherlich eine deiner Favoritenbands sind. Gefallen hat mir dein erfrischender Schreibstil, der diese Urgesteine ins rechte Licht gerückt hat, ohne hierbei in schmückende bzw. nicht passende Worthülsen abzugleiten.

Folglich hat mich deine Rezi neugierig gemacht, mal in das neue Album der Stones reinzulauschen.
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BRAIN
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Re: [REVIEW] The Rolling Stones Hackney Diamonds

Beitrag von BRAIN »

Emma Peel hat geschrieben: Mi 25. Okt 2023, 22:30 Eine voller Leidenschaft erstellte Rezi, die mehr als einer Stelle darauf hindeutet, dass die Rolling Stones sicherlich eine deiner Favoritenbands sind. Gefallen hat mir dein erfrischender Schreibstil, der diese Urgesteine ins rechte Licht gerückt hat, ohne hierbei in schmückende bzw. nicht passende Worthülsen abzugleiten.

Folglich hat mich deine Rezi neugierig gemacht, mal in das neue Album der Stones reinzulauschen.
hörst du die Stones?
Ich habe noch nie gesehen, dass du ein Album von ihnen gepostet hast.
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Emma Peel
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Re: [REVIEW] The Rolling Stones Hackney Diamonds

Beitrag von Emma Peel »

BRAIN hat geschrieben: Mi 25. Okt 2023, 22:59
Emma Peel hat geschrieben: Mi 25. Okt 2023, 22:30 Eine voller Leidenschaft erstellte Rezi, die mehr als einer Stelle darauf hindeutet, dass die Rolling Stones sicherlich eine deiner Favoritenbands sind. Gefallen hat mir dein erfrischender Schreibstil, der diese Urgesteine ins rechte Licht gerückt hat, ohne hierbei in schmückende bzw. nicht passende Worthülsen abzugleiten.

Folglich hat mich deine Rezi neugierig gemacht, mal in das neue Album der Stones reinzulauschen.
hörst du die Stones?
Ich habe noch nie gesehen, dass du ein Album von ihnen gepostet hast.
Wie du schon richtig beobachtest hast, bin ich von Haus aus kein großer Stones Fan. Allerdings sind etliche Alben von ihnen hier ansässig, die ich bisweilen mithöre, wenn mein GG sie auflegt.

Zum Thema Rezi's noch folgendes. Ich lese mir jede Rezi durch, egal ob es meinen musikalischen Geschmack trifft oder auch nicht. Teilweise höre ich auch rein, wenn ich es nicht kenne. Und wenn mir etwas besonders gut gefällt, wie in deinem Fall, dann schreibe ich auch ein paar Zeilen dazu.
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Lavender
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Re: [REVIEW] The Rolling Stones Hackney Diamonds

Beitrag von Lavender »

Wenn die Rolling Stones ein neues Studioalbum herausbringen, dann folgen Rezensionen in Hülle und Fülle. Und die Rezi von Brain ist sagt wohl alles, was man zu diesem Album schreiben kann. Was braucht es da noch lobende Worte von mir? Ich erlaube mir, mich halt in die Reihe derer einzureihen, die „Hackney Diamonds“ auch huldigen möchten. Das letzte Studioalbum „Blue & Lonesome“ der Band erschien 2016. Ist also schon ein Weilchen her. Hierbei handelte es sich um ein Bluesalbum. Das Erscheinen des letzten Rockalbums „A Bigger Bang“ liegt gar 18 Jahre zurück.
„Hackney Diamonds“ bietet alles, was man von Stones erwarten kann. Riff-Rock („Angry“) Blues („Rolling Sone Blues“), Balladen ("Tell Me Straight"), groovenden Pop („Mess It Up“) und schmetternden Rock („Whole Wide World“). Herausragend ist sicherlich „Sweet Sounds of Heaven“. Unter Beteiligung der überragenden Lady Gaga wird man fast 7:30 Minuten wunderbar unterhalten. Ich wage zu behaupten, dass sich dieser Song in die besten Songs der Stones einreihen kann. Neben Lady Gaga tragen sich mit Bill Wyman (Bass), Stevie Wonder (Piano), Paul McCartney (Bass) und Elton John (Piano) noch weitere hochkarätige Musiker in das Gästebuch von „Hackney Diamonds“ ein. Auch ist der verstorbene Charlie Watts auf zwei Tracks am Schlagzeug zu hören, da diese Songs bereits 2019 eingespielt wurden.
Mir gefällt das Album auch deshalb so gut, weil die Songs allesamt sofort ins Ohr gehen und sich bleibend im Gehörgang festsetzen.
Toleranz bedeutet, dass man auch andere Meinungen, Anschauungen oder Haltungen neben seiner eigenen gelten lässt.
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