[REVIEW] JOHN CALE • Paris 1919 (1973)
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[REVIEW] JOHN CALE • Paris 1919 (1973)
Ueber dieses, 1973 erschienene Album hat John Cale selbst einmal gesagt: "This record is an example of the nicest ways of saying something ugly". Vielleicht nahm er dabei Bezug auf die Versailler Verträge von 1919, auf die Musik bezogen will diese Aussage für mich aber einfach nicht so ganz stimmen. Denn in der Tat fehlen auf diesem Album punkige, sperrige und teils avantgardistische Elemente fast vollständig - Attribute, die anderen Alben von John Cale immer zugeschrieben werden. Mit was man es bei "Paris 1919" hingegen mit Sicherheit zu tun hat, ist ein Album von mondäner Eleganz und lähmendem Charme. Es gehört schon viel Mut dazu, das Titelstück gleich für eine Handvoll Celli zu schreiben, aber dank kompositorischem Geschick und einem ausgeprägten Gespür für Melodie gelingt Cale schon mit dieser Titelnummer ein Ohrwurm, der kaum aus dem Kopf zu kriegen ist. Aehnliches passiert mir auch beim anhören der anderen, leider lediglich neun Songs der Originalplatte, die auf mich seit Erscheinen nachwievor ungebrochene Faszination ausüben.
Der Opener "Child's Christmas in Wales" ist eine schöne, von Lowell George's Slide Guitar herrlich punktuierte und von einer wuchtigen Orgel dominierte Rockballade. Schon wenn man sich diesen Songtext durchliest spürt man, dass John Cale auch bei diesem eher kommerziellen Ausflug auf Anspruch und Grazie setzt. Der Text behandelt Feldherren, müde Krieger, gefallene Nationen und beschreibt, wie aus Schönheiten Ruinen entstehen: "Sebastopol Adrianapolis, the prayers of all combined, take down the flags of ownership, the walls are falling down".
Textlich sinniert Cale über die verschiedensten Themen, und ob das nun eine Hommage an das schöne Andalusien ist ("Andalucia"), oder ob er grad Tee trinkt und smalltalkt mit der Queen ("Grahame Greene"): Man spürt immer wieder eine gewisse Erhabenheit sowohl in den gewählten Worten, als auch innerhalb der Musik, auch wenn diese manchmal doch ungewöhnlich simpel ausfällt, gemessen an anderen, teils doch viel anspruchsvolleren Cale-Platten. Vielleicht ist es hier John Cale gelungen, Musik zu machen, bei welcher er seinen Intellekt nicht verrät, aber trotzdem ein viel breiteres Publikum erreicht.
Sicherlich war auch seine Begleitband für diese Platte ebenso ungewöhnlich wie überraschend. Die beiden Little Feat-Musiker Lowell George und Richie Hayward schafften es mühelos, von ihrem bekannten Feat-Groove wegzukommen und ganz in die musikalische Welt von John Cale einzutauchen. Selten hat man diese beiden Musiker bei eigenen Projekten dermassen zurückhaltend und intim musizieren gehört. Ich kenne von Little Feat eigentlich nur wenige Songs, die ein bisschen diesen Geist widerspiegeln: "Willin'" etwa, oder generell Songs der vielleicht ersten drei Alben. Zu den beiden Musikern gesellt sich das UCLA Symphony Orchestra, das bei den einfach strukturierten Songs diese Opulenz, diese Grandezza ausmacht. Gerade bei ruhigeren Titeln wie "The Endless Plain Of Fortune", wo John Cale vor allem zu einer in mol vorgetragenen, von seinem Klavier dominierten Melodie sinniert, sorgt das Orchester dafür, dass aus der Zurückhaltung der anderen Musiker schiere Wucht in den Refrain Einzug hält. Da kann man schon Gänsehaut kriegen. Wenn er dann auch noch Shakespeare's "Macbeth" zitiert, und dem Text einen leicht punkigen Rock'n'Roll verpasst, bleibt kein Auge mehr trocken.
Alles in allem ist "Paris 1919" das sicherlich zugänglichste Werk seiner Karriere. Nie zuvor und danach war er so leicht und bekömmlich. Und trotz der Schlichtheit der Songs ist die Platte von einzigartiger Schönheit. Vielleicht auch deshalb, weil die Platte nicht fordert, nicht zwingt, Hörgewohnheiten zu ändern. Man muss sich nicht umstellen, resp. auf John Cale einstellen, wenn man sich "Paris 1919" auflegt. Diese Platte passt immer. Am besten vorher Cat Stevens und danach John Martyn hören.
Lowell George - Guitar
Wilton Felder - Bass
Richie Hayward - Drums
John Cale - Vocals, Guitar, Keyboards
with The UCLA Symphony Orchestra
Die wunderbare Zumutung, selbst denken dürfen zu müssen.
Haben ist besser als brauchen.
(Alte Plattensammlerweisheit)
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Re: [REVIEW] JOHN CALE • Paris 1919 (1973)
Auch wenn das Album mit nur 32 Minuten Spieldauer sehr kurz gehalten ist, so sehr überzeugt es mit all seinen Songs. Nicht ohne Grund wurde es von Kritikern zu einem der besten Alben aus dem Jahre 1973 herausgehoben.
Mit Lowell George und Richie Hayward standen ihm zwei gestandene Musikgrößen zur Seite und verfeinerten mit ihrem Spiel das Album. Und der Produzent Chris Thomas rundete das Album ab.
Mit Lowell George und Richie Hayward standen ihm zwei gestandene Musikgrößen zur Seite und verfeinerten mit ihrem Spiel das Album. Und der Produzent Chris Thomas rundete das Album ab.