[REVIEW] SAVOY BROWN • Savage Return (1978)

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Beatnik
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[REVIEW] SAVOY BROWN • Savage Return (1978)

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Ihr 1976 veröffentlichtes Album "Skin'N'Bone" wurde in England erstmals 1992 als CD veröffentlicht. Dies erklärt, warum die Platte den meisten Musikfans auf der Insel mehr oder weniger unbekannt geblieben ist. Dasselbe gilt auch für dessen Nachfolger, der zwei Jahre später auf den Markt kam. "Savage Return", die wilde Rückkehr, schlug in England erneut keine hohen Wellen, weil auch dieses Werk damals nur in den USA und in Deutschland veröffentlicht wurde. Es ist interessant, dass Savoy Brown insbesondere hier in Deutschland über all die Jahre doch immer noch über eine veritable Fanbase verfügte, was durchaus daran lag, dass ihre Alben nachwievor auch in Deutschland veröffentlicht wurden. Europa stand auch immer wieder auf der Tour-Liste der Band. Savoy Brown blieben gern gesehene Gäste in ganz Europa, jedoch auch in England. Nur ihre Platten waren dort lediglich als Importe zu finden und es fehlte dadurch natürlich auch der notwendige Support.

1977 erschienen gleich zwei völlig unterschiedliche Savoy Brown "Best Of" Alben, eine in England, eine weitere in den USA. Wurden für die britische Compilation insbesondere auch Songs aus der Phase mit Dave Walker berücksichtigt und das Album die Bandphase von 1967 bis zur "Boogie Brothers" abdeckte, so war der Anteil an von Chris Youlden gesungenen Titeln auf der US-Veröffentlichung deutlich grösser. Nur drei Titel stammten aus der Zeit mit Dave Walker. 1977 musste Kim Simmonds den Verlust seines langjährigen Partners Paul Raymond hinnehmen, der sich von ihm verabschiedete, um bei der britischen Hardrock-Formation UFO einzusteigen. Es war damals die kommerziell erfolgreichste Zeit von UFO und Paul Raymond wirkte bei den erfolgreichen Alben "Lights Out", "Obsession", "Strangers In The Night" und "No Place To Run" mit. Später wechselte er dann zur Michael Schenker Group.

Kim Simmonds entschloss sich dazu, Paul Raymond nicht zu ersetzen und so wurde aus Savoy Brown erstmals ein Rock-Trio. Der Bassist Ian Ellis übernahm den Leadgesang, Kim Simmonds steuerte ebenfalls Vocals bei und der Schlagzeuger Tom Farnell war auch noch mit an Bord. Stilistisch aber ging dieses Trio teils drastisch über das hinaus, wofür der Name Savoy Brown bis anhin gestanden hatte: Hier wurde kein Bluesrock, sondern echter Hardrock gespielt, versehen mit bluesigen Untertönen, die jedoch nicht im klassischen Bluesschema fussten. Die Aufnahmen der Songs zum nächsten Album, das den Titel "Savage Return" tragen sollte, fanden in den renommierten Rockfield Studios in Monmouth England statt, das dem Musiker Dave Edmunds und dem Toningenieur Kingsley Ward gehörten. Während der Zeit der Aufnahmen wurde das Studio jedoch von Ex-Help Yourself Bassist Dave Charles geleitet, der soeben mit den Musikern Ray Martinez und John David unter dem Bandnamen Airwaves ein recht erfolgreiches Album mit dem Titel "New Day" produziert hatte. An den Knöpfen arbeitete der bekannte Tonmeister Robert John 'Mutt' Lange, der 1980 eine der besten Hard Rock Platten aller Zeiten produzieren würde: AC/DC's "Back In Black".

Robert John 'Mutt' Lange drückte den Songs von Kim Simmonds eindeutig seinen Stempel auf: Sie waren hart, roh und mit soviel Power aufgenommen und abgemischt, wie man das von Savoy Brown noch nie gehört hatte. Für die Aufnahmen selbst war allerdings nicht Lange zuständig; diese wurden von Ted Sharpe realisiert. Lange aber mixte sie und holte noch den letzten Power aus den Aufnahmen heraus, sodass am Ende ein veritables Hard Blues Rock Album erschien, dass in punkto Power durchaus Ähnlichkeiten mit dem 1974er Album "Boogie Brothers" aufwies, aufgrund der Trio-Besetzung jedoch klar härter klang. Die Songs wirkten auch alle drastisch abgespeckt, roh und direkt. Auf irgendwelche aufwändigen Arrangements wurde grundsätzlich verzichtet, was durchaus der Arbeitsweise von Robert John 'Mutt' Lange entsprach.

Schon der Opener "The First Night" klang eher wie ein AC/DC-Stück und hatte so gar nichts mehr von einem britisch gefärbten Bluessong der früheren Jahre. Der Gesang von Ian Ellis war durch und durch amerikanisch: Ein Shouter mit einem gewissen Glam-Appeal krächzte sich hier ungehobelt durch die Gesangspassagen. Er erinnerte dabei ein wenig an Joe Elliot von Def Leppard, welche ja auch zu Robert John Lange's Schützlingen gehörten. "Spirit High" war ein waschechter Hard Rock mit viel Vorwärtsdrall und selbst die obligate, tempomässig zurückgenommene Nummer "Walk Before You Run" verfügte über einen leichten Sleaze-Touch. Ja, das waren schon ganz andere Savoy Brown als zuvor. Und dann war da noch der Rausschmeisser "Double Lover", ein grossartiger, sehr erhabener und pompöser Blues, der wider Erwartens doch noch an vergangene Grosstaten anzuknüpfen vermochte. Hier zog Kim Simmonds alle Register seines Könnens: Dramatisch, intensiv und voller Emotion.

"Savage Return" erschien lediglich in den USA, in Kanada und in Griechenland (!) auf London Records, dem Ableger des Decca Labels. Eine Veröffentlichung in England war zwar geplant, doch zu mehr als einigen Testpressungen kam es nicht. Es war die letzte Veröffentlichung von Savoy Brown bei dem traditionsreichen britischen Konzern. Erst als das CD-Zeitalter gekommen war, wurde die Platte auch in England und Deutschland veröffentlicht, was natürlich keine nennenswerten Verkaufszahlen mehr generierte, zumal zu dem Zeitpunkt Savoy Brown längst wieder als mehr oder weniger profane Bluesrock Band unterwegs waren. "Savage Return" genoss nie wirklich einen guten Ruf, was vermutlich daran lag, dass Ian Ellis einem Chris Youlden oder Dave Walker in keinster Weise das Wasser reichen konnte und es sich bei der Musik um eine völlige Abkehr vom urbritischen Blues Rock handelte, was die brettharten Fans der Band nicht unbedingt goûtierten. Ich halte die Platte dennoch für wesentlich besser als den Ruf, den sie geniesst. Es war ein weiterer Versuch von Kim Simmonds, sich in einem immer schneller drehenden Musikmarkt weiterhin behaupten zu können, indem er bereit war, den steten Wandel durchaus auch in seiner Musik zuzulassen und nach neuen Ausdrucksformen zu suchen.

Interessante Fussnote am Rande: Als es 1993 um die Veröffentlichung von "Savage Return" auf CD ging, konnte das originale Artwork der LP, die Photographie einer Maske aus dem American Museum of Natural History, nicht mehr aufgefunden werden, weshalb Kim Simmonds einen Aufruf an seine Fans startete, um eine noch brauchbare, unabgenutzte und vor allem nicht mit einem Cut-Out versehene LP-Hülle in Neuzustand aufzutreiben. Dies gelang schliesslich, als ein Fan an einem Savoy Brown Konzert sein neuwertiges Exemplar mitbrachte, um es von der Band signieren zu lassen. Der Fan überliess Simmonds sein Exemplar des Albums, nachdem dieser ihm das Problem der verschollenen Photographie geschildert hatte.





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