[REVIEW] Pharoah Sanders – Karma (1969)

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BRAIN
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[REVIEW] Pharoah Sanders – Karma (1969)

Beitrag von BRAIN »

Der Spiritual Jazz, wie er auch genannt wird, hat eine Reihe von Popularitätszyklen erlebt, von denen der jüngste gerade jetzt stattfindet.
Unter all den berühmten Künstlern, die mit diesem Genre in Verbindung gebracht werden - Yousef Lateef, Sun Ra, Albert Ayler, John und Alice Coltrane, um nur einige zu nennen - scheint es immer wieder neue Namen zu geben.
Diesmal sind es Leute wie Kamasi Washington, Makaya McCraven oder Yussef Days.

Als einer der Begründer des Genres, hat er direkt mit den Coltranes zusammengearbeitet und mit Karma eines der Aushängeschilder des Spiritual Jazz aufgenommen.
Die drei Stücke vereinen alle Einflüsse der Gründer des Genres und läuteten die Siebziger ein, eine Zeit, in der der Spiritual Jazz seinen Höhepunkt erreichte und die meisten Veröffentlichungen in die Fußstapfen von Sanders traten.
Von den beiden Longtracks ist "The Creator Has a Master Plan" nach John Coltranes "Love Supreme" wahrscheinlich die bekannteste und begehrteste Komposition des Spiritual Jazz.
Es scheint auch das Stück zu sein, dass eine ganze Reihe von Rock- und Funkmusikern mit den ausladenden Klängen des Spiritual Jazz vertraut gemacht hat.
Einige Musiker haben sogar irgendwann mit Sanders zusammengespielt, wie Carlos Santana, Leon Thomas, der Sänger von Karma, der wiederum mit Santana aufgenommen hat.
Auf der anderen Seite spielt Lonnie Liston Smith, der für eine Reihe von Funk-Alben mit Spiritual-Jazz-Einflüssen verantwortlich ist und zu den Pionieren des so genannten Soft Jazz zählt, tatsächlich auf Karma.

"The Creator... ist in vielerlei Hinsicht eine Hommage an John und Alice Coltrane, insbesondere an Johns unnachahmliches "Love Supreme", das Sanders zu Beginn des 32-minütigen Epos zitiert, aber es ist ein künstlerisches Zitat, dass sich an die Essenz und die Seele der Komposition hält, von der es inspiriert wurde, und nicht an die exakten Noten.
Es ist auch ein Ausdruck all der Elemente, die den spirituellen Jazz als Genre ausmachen, eine Verschmelzung verschiedener Kulturen und spiritueller Sichtweisen durch Musik, die von den Feuerstürmen von Sanders' Saxophonen und Leon Thomas' schrillem Gesang, kombiniert mit orientalischer Perkussion und Flöten, zu kurzen Atempausen von ruhigeren, meditativeren Momenten wechselt.
Und so wie es begonnen hat, endet es mit einem Coltrane-Zitat und einer Hommage an den Mann, dem Pharao Sanders folgte und dem er treu blieb, ohne ihn je zu imitieren oder zum Nachahmer zu werden, sondern seinen eigenen Weg zu gehen.

"Colors" hätte auch 'shades of...' heißen können, ein eher meditatives Stück, in dem Sanders all seine spielerischen Fähigkeiten zeigt, die Wildheit, die er in manchen Momenten seiner Karriere erreichte, wurde nur von wenigen Saxofonisten wie dem verstorbenen Gato Barbieri erreicht.
Leon Thomas' Gesang passt sich der meditativen Stimmung an, während das Spiel von Smith und dem Meisterbassisten Reggie Workman virtuos ist.

Für diejenigen, die mit spirituellem Jazz oder Pharaoh Sanders nicht vertraut sind oder sich für neuere Künstler wie Kamasi Washington interessieren, ist Karma wahrscheinlich einer der besten Einstiegspunkte in eine Welt der unbegrenzten musikalischen Möglichkeiten.


Bild



Side one

1. "The Creator Has a Master Plan" (part one) 19:20

Side two

1. "The Creator Has a Master Plan" (part two) 13:36
2. "Colors" 5:37

Personnel
Pharoah Sanders — tenor saxophone
Leon Thomas — vocal, percussion
Julius Watkins — french horn
James Spaulding — flute on "The Creator Has a Master Plan"
Lonnie Liston Smith — piano
Reggie Workman — bass
Richard Davis — bass on "The Creator Has a Master Plan"
Ron Carter — bass on "Colors"
Billy Hart — drums on "The Creator Has a Master Plan"
Freddie Waits — drums on "Colors"
Nathaniel Bettis — percussion on "The Creator Has a Master Plan"
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Louder Than Hell
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Re: [REVIEW] Pharoah Sanders – Karma (1969)

Beitrag von Louder Than Hell »

Getreu dem Motto, auf dem Pfad des verstorbenen John Coltrane zu wandeln, konnten verschiedene Musiker den Geist des spirituellen Jazz nur ansatzweise auf den Punkt bringen. Durch seine zurückliegende Zusammenarbeit mit den Eheleuten Coltrane erschuf Sanders mit dem Album "Karma" etwas, was dem Geist und der Essenz dieser Spielart nicht nur gleich kam, sondern eine positive und zugleich innovative Weiterentwicklung auf den Weg brachte. Das auf zwei Musikstücke gehaltene Album entstand in Zusammenarbeit mit äußerst kompetenten Musikern. Der coltranesche Geist ist in der Einleitung des Stücks "Creator" geradezu spürbar und findet in der individuellen Spielweise der Band seine Fortsetzung ohne den Makel einer plakativen Abkupferung. Es ist ein musikalisches Festessen, dass die einzelnen Musiker als Einheit, aber auch als Solisten abliefern.

Schön, dass du mit deiner Rezi den Musiker Pharoah Sanders mal in den Mittelpunkt gerückt hast.
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