Der Name Necromandus dürfte höchstens dem beinharten Vertigo Plattensammler ein Begriff gewesen sein, und selbstverständlich den brettharten Black Sabbath Fans, denn der Name Necromandus ist eng mit der Geschichte von Black Sabbath verbunden. Deren Gitarrist Tony Iommi war seinerzeit von Necromandus nämlich so begeistert, dass er dieser Band einen einjährigen Aufenthalt in Birmingham finanzierte und eine Booking-Agentur nur für sie gründete. Gleichzeitig wurden Necromandus von Black Sabbath für deren 'Masters Of Reality'-Tournee als Opening Act verpflichtet und unter Tony Iommi's Supervision konnten die Aufnahmen zu dem Album "Orexis Of Death" realisiert werden. Da Black Sabbath jedoch zum Zeitpunkt der Studioaufnahmen zum Album der Band Necromandus Anfang 1973 überwiegend in Amerika weilten, verschob sich die Veröffentlichung der LP auf Vertigo Records so lange, bis der Gitarrist Baz Dunnery die Band Necromandus verliess und damit ihr Ende einläutete. Die Platte erschien dann erst im Jahre 1991 unter dem Pseudonym Quicksand Dream auf dem winzigen Plattenlabel Reflection des Musikenthusiasten Hugo Chavez in einer sehr kleinen Auflage, die nicht nur sofort vergriffen war, sondern vor allem auch viele Musikkritiker und Musikfans, insbesondere natürlich die Black Sabbath-Sammler begeisterte. Audio Archives, das kleine Independent Plattenlabel von Peter Sarfas, der zuvor bereits mit den spezialisierten Wiederveröffentlichungs-Labels Background Records und Aftermath Records vergessene Perlen der frühen Progressive Rock-Jahre zumeist auf CD erstmalig zugänglich gemacht hatte, veröffentlichte die LP dann erstmals unter dem korrekten Namen Necromandus im Jahre 1996 auf CD, gefolgt von einer noch üppigeren CD-Version auf Rise Above Records, welche noch zusätzliches Live-Material umfasste und im Jahre 2010 erschien.
Selbstverständlich gab und gibt es zahlreiche Bands, die mit Black Sabbath in irgendeiner Weise in Zusammenhang gebracht werden können, doch nur bei ganz Wenigen davon waren die Grossmeister dermassen wichtig für ihren Werdegang wie im Falle von Necromandus. Dazu muss man zunächst zurück in die Mitte der 60er Jahre gehen, als Tony Iommi zusammen mit Bill Ward nach dem Ende der Band Mythology die spätere Gruppe Earth gründete und noch ausreichend Zeit hatte, sich nicht nur um seine eigenen musikalischen Belange zu kümmern. Tony Iommi war in jenen Tagen viel unterwegs und von der lokalen Musik-Szene im nordenglischen Cumbria dermassen angetan, dass er sich dazu entschloss, einer der lokalen Bands mit Namen Necromandus unter die Arme zu greifen. Nicht nur, dass er dieser Band, die sich ebenfalls gegen Ende der 60er Jahre zusammengefunden hatte, zu Auftritten im Raum Birmingham verhalf, er erklärte sich auch noch bereit, das Management für die Gruppe zu übernehmen. Nicht ohne Erfolg, denn noch im Jahre 1973, kurz nachdem Iommi die Band beim Plattenlabel Vertigo Records unter Vertrag bringen konnte, ging es an die Aufnahmen zu ihrem ersten Album "Orexis Of Death". Um Necromandus die nötige Popularität zu verschaffen, spielte Tony Iommi selbst ebenfalls auf dem Album der Gruppe mit, wenn auch nur moderat. Verbunden mit einigen weiteren Support-Gigs für Black Sabbath schien die Karriere von Necromandus geradezu vorgegeben zu sein. Dennoch war kurze Zeit darauf Schluss mit der hoffnungsvollen Karriere von Necromandus.
Der Leadgitarrist Barry 'Baz' Dunnery, der Bruder des späteren It Bites-Frontmannes Francis Dunnery, verliess die Band kurz nach den weiteren Konzerten mit Black Sabbath und das Ende der Formation war besiegelt. Zwar standen die Chancen gar nicht schlecht, dass die Necromandus-Musiker später doch noch hätten bekannt werden können, da Ozzy Osbourne sie für sein Solo-Projekt "Blizzard Of Ozz" gewinnen wollte, doch daraus wurde dann doch nichts, weshalb der Name Necromandus schliesslich ziemlich in Vergessenheit geriet. Auch wenn der Band der grosse Erfolg verwehrt blieb, war das Album "Orexis Of Death", das unveröffentlicht gebliebene Debütwerk, ein beachtliches Werk zwischen damals durchaus aktuellem Hardrock mit progressiven Elementen und beinahe jazzrockigen Ausflügen. Dies vor allem durch die phantastische Gitarrenarbeit Barry Dunnery's. Das Stück "Nightjar" beispielsweise erinnerte gelegentlich an die in Vergessenheit geratenen Stray zu deren frühen Jahre, das folgende "A Black Solitude" begab sich dann auf progressive Pfade, während die Gitarrenläufe im Titel "Gypsy Dancer" im Jazzrock angesiedelt waren. Passend dazu fügte sich der variable und glasklare Gesang Bill Branch's ein, der in einigen Akzentuierungen und Melodien klar an Black Sabbath erinnerte, wobei Necromandus sonst aber eher wenig mit ihren Mentoren gemeinsam hatten.
Necromandus entstanden aus zwei Bands, die bereits in der psychedelischen Aera zu Mitte der 60er Jahre aktiv waren: Jug (die zuvor Pink Dream hiessen) und Heaven, welche beide im Jahre 1968 auseinanderfielen. Musiker aus diesen beiden Formationen gründeten dann die neue Band Hot Spring Water und die setzte sich zusammen aus den ehemaligen Jug-Mitgliedern Bill Branch (Gesang, Mundharmonika) und Barry Dunnery (Gitarre), sowie den beiden vormaligen Heaven-Musikern Dennis McCarten (Bass) und Frank Hall (Schlagzeug). Ihre Set-List war anfänglich noch relativ wenig spektakulär, man hängte sich dem damals gerade aufstrebenden Brtish Blues Boom an und spielte Songs aus der Feder von John Lee Hooker, Sonny Boy Williamson und anderen Grossmeistern des Blues. Schon kurze Zeit später begannen aber vor allem der Sänger Bill Branch und der Gitarrist Barry Dunnery auch damit, eigene Songs zu verfassen, und die drifteten mit der Zeit immer stärker vom traditionellen Blues weg in Richtung progressivem Underground Blues- und Hardrock. In dieser Phase der Gruppe wehte ein musikalischer Tornado durch Konzept, musikalische Ausrichtung und nicht zuletzt auch durch äussere Erkennung. In rascher Folge änderte die Band mehrmals ihren Bandnamen, zuerst nannten sie sich Heavy Hand, dann Taurus, und im Frühjahr 1972 schliesslich Necromandus, nachdem ein erster Vorschlag als Necromancer verworfen worden war. Unter dem neuen Namen folgten einige Auftritte im Juni 1972, unter anderem in Newport, Walsall, Swansea, Bristol, Bradford, Salford und Liverpool.
Necromandus pflegten gut ausgebaute Kontakte zur Liveszene in Cumbria und den West Midlands, und das führte zwangsläufig irgendwann zu Tony Iommi und dessen Vorschlag, die Band Necromandus zu managen. Black Sabbath waren schon zu Zeiten, als sich sich noch Earth nannten einer der Rock-Eckpfeiler in Cumbria. Unter Iommi's Fittichen gingen Necromandus gegen Ende 1972 erstmals in ein Tonstudio, dem lokalen Zello Recording Studio und spielten als erstes Stück die Nummer "Judy Green Rocket" ein, das zwar später keine Berücksichtigung bei den LP-Aufnahmen fand, der Band jedoch den ersehnten Plattenvertrag mit Vertigo Records einbrachte. Der Vertrag umfasste die Veröffentlichung einer LP plus einer Single. Kaum hatte das neue Jahr begonnen, machten sich die Musiker daran, Stücke für die geplante LP aufzunehmen. Dazu ging die Gruppe in die renommierten Marquee Studios und die Morgan Studios, beide in London. Das Ergebnis war allerdings ernüchternd: Tony Iommi mochte die Songs nicht und sagte der Band: "Go away and come up with some better songs".
Die Band nahm sich das sehr zu Herzen und machte sich in den Morgan Studios erneut ans Werk. Da Tony Iommi ab und zu im Studio auftauchte, um sich die Arbeiten der Band anzuhören, griff er schliesslich auch selbst zur Gitarre und steuerte ein klassisches Solo zu einem Song hinzu, den die Band "Orexis Of Death" nannte. Durch den Eingriff von Tony Iommi in den Song veränderte sich dieser von Grund auf und Schlagzeuger Frank Hall schrieb die ganze Nummer schliesslich komplett um. Das geschah im übrigen mit den allermeisten Songs, die für das Album geplant gewesen earen. Sie wurden teilweise komplett neu arrangiert und auch umbenannt. Als Single-Veröffentlichung plante die Band den Titel "Don't Look Down Frank", den sie schliesslich, aus welchen Gründen auch immer, in "Nightjar" umbenannten. Die Band arbeitete überwiegend nachts im Studio, und zeitgleich ging auch die Gruppe Yes in den Morgan Studios ein und aus, da diese gerade Aufnahmen zu ihrem späteren Werk "Tales From Topographic Oceans" tätigten. Dies führte dazu, dass Frank Hall eines nachts den nebenan anwesenden Rick Wakeman fragte, ob er nicht einen kleinen Keyboard-Teil zu einem der Necromandus-Stücke beisteuern würde. Rick Wakeman sagte sofort zu unter der Bedingung: "I'll do it for a crate of Guinness!". Das wiederum wollte Tony Iommi nicht glauben, weshalb er das ablehnte, weil er davon aus ging, dass Rick Wakeman später eine saftige Rechnung stellen würde. Frank Hall blieb allerdings der festen Ueberzeugung, dass Wakeman dieses Piano- und Synthesizer-Teil für ein Guinness gespielt hätte.
Als die Aufnahmen zum Album abgeschlossen waren, übergaben Tony Iommi und Necromandus die Tonbänder der Plattenfirma Vertigo Records zur Beurteilung. Dazu kam es aber nicht, weil die Gruppe immer wieder an den Stücken weiterwerkeln wollte, Titelnamen änderte und auch sonst mit den Aufnahmen nicht richtig zufrieden war. Ueberall sahen die Musiker noch Potential, an ihren Songs zu feilen und abzuändern, was der Plattenfirma natürlich irendwann missfiel. Aus dem Titel "One Fine Lad" wurde "Homicidal Psychopath", und diese Düsterheit, welche die Musiker eindeutig bei Black Sabbath entlehnt hatten, führten schliesslich auch zur Bezeichnung 'The dark princes of Downer Rock', ein Etikett, mit welchem die Band Necromandus gut leben konnte. Entgegen mancher Black Sabbath-Kopien schafften es Necromandus allerdings, nicht nur düster zu klingen, sie bedienten sich weiterer damals angesagter progressiver Elemente, wie man sie beispielsweise auch bei Gruppen wie Gentle Giant, Gravy Train, Gridnolog oder Greenslade finden konnte. Insbesondere das zweiteilige "Mogidisimo", dessen Namen sich vom Anagramm "Iommi is God" ableitete, zeigte das relativ breite stilistische Spektrum der Band sehr schön auf. Auch die Songs "Still Born Beauty", "A Black Solitude" und vor allem das hochkomplexe "Gypsy Dancer" hätten Necromandus ganz bestimmt in die erste Liga der progressiven Rockbands katapultiert, wäre die Platte nur erschienen.
Mit dem Album kurz vor der vermeintlichen Veröffentlichung, gingen Necromandus erneut auf Tournee und präsentierten die Songs des bald erscheinenden Werks. Sie spielten einige Konzerte zusammen mit den Progressive Rockern von Badger als Doppel-Opener für Black Sabbath, danach zusammen mit der noch relativ unbekannten Band Judas Priest als Support Act. Live spielten Necromandus wesentlich härter und rauher als auf den Plattenaufnahmen. Am 30. März 1973 wurde ein Auftritt im Casino Blackpool aufgezeichnet, der danach für fast 40 Jahre in einem Archiv verschwand, bis er im Jahre 2010 von Rise Above Records in einer aufwändigen Deluxe Ausgabe des Studiowerks als Bonus veröffentlicht wurde. Das Schicksal der Band besiegelt war, als sich Tony Iommi aufgrund von vielen Konzerten mit Black Sabbath in den USA, nicht mehr die Zeit nehmen konnte, Necromandus zu promoten in England. Die Plattenfirma Vertigo Records verschob mehrmals die Veröffentlichung der Platte, was schliesslich im Herbst 1973 dazu führte, dass Barry Dunnery die Gruppe verliess und Vertigo Records daraufhin die Reissleine zog und die Veröffentlichung abhakte. Mit dem Ausstieg des Gitarristen Barry Dunnery verlor in der Folge auch Tony Iommi das Interesse an der Band, die sich kurze Zeit später auflöste.
Schlagzeuger Frank Hall erhielt danach eine Offerte von Ex-Deep Purple Glenn Hughes als Drummer für dessen Band Trapeze, die Hall jedoch ablehnte. Zusammen mit Dunnery gründete er später zwei Bands mit Namen Nerves und danach Tantrum, beide ohne nennenswerten Erfolg. 1976 wurden die Musiker von Ozzy Osbourne kontaktiert, der sie für sein Projekt "Blizzard Of Ozz" rekrutieren wollte. Es gab einige vielversprechende gemeinsame Sessions, die jedoch ins Leere führten, weil Ozzy sich dazu entschloss, zu Black Sabbath zurückzukehren. Danach stieg Dunnery bei Violinski, einer Splittergruppe des Electric Light Orchestra, ein, mit welcher er eine Single und ein Album einspielte. Später versuchten die beiden es auch noch bei der Re-Formation der Gruppe Hammerhead, doch auch diesem Unternehmen war langfristig kein Erfolg beschieden. Frank Hall war 2009 schliesslich noch der einzige lebende Necromandus-Musiker und er wagte ein Comeback mit einer komplett neuen Band, die schliesslich im Jahre 2017 auch ein neues, selbstbetiteltes Album aufnahm.
Neben den teilweise durchaus harten, immerzu psychedelischen Rocksounds, hatten die Musiker von Necromandus auch eine zum Art Rock und Progressive Rock tendierende Schlagseite, die ihr Klangbild äusserst abwechslungsreich machte und der Band, unter glücklicheren Vorzeichen, wohl mehr als nur den Durchbruch hätte verschaffen müssen. Das Necromandus-Werk, das inzwischen in mehreren Varianten als restaurierte CD verfügbar ist, kann als interessantes und überaus hörenswertes Stück Rock-Historie bezeichnet werden, das keineswegs nur für einschlägige Black Sabbath-Fans von Interesse sein sollte.
[REVIEW] Necromandus • Orexis Of Death (1973)
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[REVIEW] Necromandus • Orexis Of Death (1973)
Die wunderbare Zumutung, selbst denken dürfen zu müssen.
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Re: [REVIEW] Necromandus • Orexis Of Death (1973)
Vielen Dank für diese Einblicke.
Habe das Album nur als Tapekopie und finde es nicht zu einem für mich akzeptablen Preis. Ganz feiner Proto-Metal!
Habe das Album nur als Tapekopie und finde es nicht zu einem für mich akzeptablen Preis. Ganz feiner Proto-Metal!
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Re: [REVIEW] Necromandus • Orexis Of Death (1973)
Auf Discogs müsstest du eigentlich fündig werden .....
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Re: [REVIEW] Necromandus • Orexis Of Death (1973)
Tolle Scheibe, indeed.
Wie immer kurzweilig und informativ geschrieben.
Danke.
Wie immer kurzweilig und informativ geschrieben.
Danke.