Haymarket Square "Magic Lantern" -1968-
Für den Namen der aus Chicago stammenden Band musste ein schicksalhaftes Ereignis herhalten. Vorausgegangen war im Jahre 1886 ein Aufstand vom bürgerlichen Mob, wobei insgesamt 8 Polizisten getötet wurden. Nicht einmal ansatzweise brutal gestaltet sich die Musik der Band.
Das Quartett mit Gloria Lambert am Mikro hatte sich ganz und gar der aufkeimenden Psychedelic verschrieben, was sich auf ihrem 1968 eingespielten Album in zahlreichen längeren Tracks niederschlug. Mit dem Song "Elevator" startet das Album verhalten und verleiht dem Song einen eher traurigen Touch. "Train-Kept-A-Rolin" ist da schon aus einem anderen Holz geschnitzt. Mit einem treibenden Tempo ganz in der Art von Jefferson Airplane wird der Song vorangetrieben und immer wieder mit eingefügten Fuzzattacken garniert. Es folgt "Ahimsa", das im Grunde aus einem ausgedehnten Schlagzeugsolo besteht und in meinen Augen eine untergeordnete Rolle auf dem Album spielt. Das folgende "Amapola" stellt für mich das Herzstück des Albums dar und ist mit einer Länge von über 10 Minuten auch das längste Stück. Gerade die von diesem Stück ausstrahlende Stimmung vermittelt dem Zuhörer nicht nur gute Laune, ist auch geprägt von den berührenden Vokalparts. Natürlich gibt es erneut Ausflüge mit dem Spiel einer prickelnden Fuzzgitarre. "Phantasmagoria" gleicht von der Rhythmusgebung einem flotteren Marsch, während der Abschlusssong "Funeral" wieder für das steht, was diese Spielform der Psychedelic so reizvoll macht. Das vom Tempo eher schleichende Musikstück wird von einer schneidenden Fuzzgitarre geführt, während ihn Bass und die Drums in einer fast hypnotischen Art und Weise begleiten. Erst gegen Ende des Stücks wird der Gesang eingefügt, der hier lediglich eine zurückhaltende Gesangslinie verfolgt.
Nach der Bandauflösung im Jahre 1974 wandten sich die Musiker bürgerlichen Berufen zu.
Bandmitglieder:
Gloria Lambert - vocals
Marc Swenson - guitar, vocals
Robert Homa - bass, vocals
John Kowalski - percussion, drums
Songtitel:
Elevator 7.06
The Train-Kept-A-Rollin`7.20
Ahimsa 8.14
Amapola 10.43
Phantasmagoria 4.08
Funeral 9.23
[REVIEW] Haymarket Square "Magic Lantern" (1968)
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Re: [REVIEW] Haymarket Square "Magic Lantern" (1968)
jep, wieder eine sehr gute Vorstellung.
Wer auf Acid-Rock mit eindringlichem Frauengesang von einer Hippie-Göttin steht, ist hier genau richtig.
Sechs starke Stücke, die einen in eine andere Zeit und an einen anderen Ort versetzen, und die alle etwas anderes für die Ohren bieten.
Die Band ist auch sehr großzügig dem Hörer gegenüber sehr großzügig und bietet viele feine Fuzz-Freakouts.
Ich kann nicht sagen, welches die stärksten Tracks sind, da sie alle fantastisch sind, aber Funeral und Phantasmagoria würden wahrscheinlich meine Stimme bekommen.
Train Kept-A-Rollin' ist auch einfach ein Knaller.
Das ist klar, ein getriebenes, besessenes und düsteres Album mit Songs über Drogen und Hexerei.
Als ob das noch nicht genug wäre, gipfelt das Album in dem grüblerischen "My Funeral". "I'm gonna leave on a
looong trip."
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Sechs starke Stücke, die einen in eine andere Zeit und an einen anderen Ort versetzen, und die alle etwas anderes für die Ohren bieten.
Die Band ist auch sehr großzügig dem Hörer gegenüber sehr großzügig und bietet viele feine Fuzz-Freakouts.
Ich kann nicht sagen, welches die stärksten Tracks sind, da sie alle fantastisch sind, aber Funeral und Phantasmagoria würden wahrscheinlich meine Stimme bekommen.
Train Kept-A-Rollin' ist auch einfach ein Knaller.
Das ist klar, ein getriebenes, besessenes und düsteres Album mit Songs über Drogen und Hexerei.
Als ob das noch nicht genug wäre, gipfelt das Album in dem grüblerischen "My Funeral". "I'm gonna leave on a
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Re: [REVIEW] Haymarket Square "Magic Lantern" (1968)
Dieses Album kannte ich nur dem Namen nach, aber nie gehört. Das habe ich nun nachgeholt und bin mich grad durch die Platten-Clips auf Youtube am durchhören. Da war die erste Wahl (zufällig) der Titel "Funeral". Natürlich ist erst einmal der weibliche Gesang so gar nicht das, was man normalerweise von solcher Musik erwartet. Wenn Gloria Lambert dann ihre fast an gesangliche Beschwörungsrituale erinnernden mystischen Songtexte in die Musik einbringt, fühle ich mich sofort an Jim Morrison erinnert. Nicht stimmlich, nicht musikalisch, aber von der Art des stimmlichen Vortrags. Das gefällt mir sehr und passt ausgezeichnet zu der konträr zum Gesang eher rohen und muskulösen Musik. Nicht selten kommt es mir so vor, als würde hier Jemand mit dem Mahnfinger singen. Aussergewöhnlich für meine Ohren - und aussergewöhnlich gut.
Ich weiss, dass die Haymarket Square einen gewissen Kultcharakter besitzt, und nun, beim erstmaligen Hören, kann ich gut nachvollziehen, warum das so ist. Denn die Gruppe klingt in der Tat anders als so viele weitere Gruppen, die sich in diesem Bereich der Acid- Fuzz- und Psychedelic-Welt bewegten. Die Gruppe klingt definitiv mystischer als Jefferson Airplane, auch ist der Gesang von Gloria Lambert wesentlich direkter und eindringlicher als von Grace Slick. Wer mir ebenfalls auffällt, ist der sehr starke Gitarrist Marc Swenson, der so ziemlich jede Art der Spielweise des Psychedelic Rocks beherrscht und seine Läufe quasi aus dem Aermel schütteln kann; dabei immer punktgenau und songdienlich spielt. Das wiederum führt automatisch dazu, dass selbst beim Jammen in den recht langen Songs kein Jam-Charakter im eigentlichen Sinne aufkommt. Ganz im Gegenteil: Mit seinem Spiel entwickelt er manchmal quasi eine Welt in der Welt und verpasst dem Song ein zweites Leben. So klingt das für mich zum Beispiel im Titel "Amapola".
Und dann diese Adaption des Tiny Bradshaw Klassikers "Train Kept-A-Rollin'". Ich muss nur die ersten Takte hören, und merke sofort: Ah! "Honey Hush" von Foghat. Es gibt so viele unterschiedliche und gute Varianten dieses Blues Titels, zuletzt fand ich jene von Aerosmith auch sehr gut. Ich meine, die Yardbirds hievten den Song damals in die sechziger Jahre und verpassten ihm als Erste ein rockiges Gewand. Die Version von Haymarket Square verströmt ziemlich viel von diesem typischen Mitt-60er Rhythm'n'Blues-Feeling, den ja nicht nur die Yardbirds in jener Zeit gespielt hatten. Den Song in eine psychedelische Umgebung einzubetten, finde ich sehr sympathisch und beweist, dass die Musiker der Gruppe sehr viel mehr Offenheit für stilistische Möglichkeiten bewiesen als so manch andere Band damals.
Ich kann nun nach dem ersten Probehören gut nachvollziehen, dass die Platte so einen ausgezeichneten Ruf geniesst. Das Scheibchen muss natürlich auf den Einkaufszettel, selbstverständlich auf den CD-Zettel, denn das originale Vinyl ist für mich schlicht unerschwinglich.
Punkte ? Punkte ! Voilà:
Ich weiss, dass die Haymarket Square einen gewissen Kultcharakter besitzt, und nun, beim erstmaligen Hören, kann ich gut nachvollziehen, warum das so ist. Denn die Gruppe klingt in der Tat anders als so viele weitere Gruppen, die sich in diesem Bereich der Acid- Fuzz- und Psychedelic-Welt bewegten. Die Gruppe klingt definitiv mystischer als Jefferson Airplane, auch ist der Gesang von Gloria Lambert wesentlich direkter und eindringlicher als von Grace Slick. Wer mir ebenfalls auffällt, ist der sehr starke Gitarrist Marc Swenson, der so ziemlich jede Art der Spielweise des Psychedelic Rocks beherrscht und seine Läufe quasi aus dem Aermel schütteln kann; dabei immer punktgenau und songdienlich spielt. Das wiederum führt automatisch dazu, dass selbst beim Jammen in den recht langen Songs kein Jam-Charakter im eigentlichen Sinne aufkommt. Ganz im Gegenteil: Mit seinem Spiel entwickelt er manchmal quasi eine Welt in der Welt und verpasst dem Song ein zweites Leben. So klingt das für mich zum Beispiel im Titel "Amapola".
Und dann diese Adaption des Tiny Bradshaw Klassikers "Train Kept-A-Rollin'". Ich muss nur die ersten Takte hören, und merke sofort: Ah! "Honey Hush" von Foghat. Es gibt so viele unterschiedliche und gute Varianten dieses Blues Titels, zuletzt fand ich jene von Aerosmith auch sehr gut. Ich meine, die Yardbirds hievten den Song damals in die sechziger Jahre und verpassten ihm als Erste ein rockiges Gewand. Die Version von Haymarket Square verströmt ziemlich viel von diesem typischen Mitt-60er Rhythm'n'Blues-Feeling, den ja nicht nur die Yardbirds in jener Zeit gespielt hatten. Den Song in eine psychedelische Umgebung einzubetten, finde ich sehr sympathisch und beweist, dass die Musiker der Gruppe sehr viel mehr Offenheit für stilistische Möglichkeiten bewiesen als so manch andere Band damals.
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Re: [REVIEW] Haymarket Square "Magic Lantern" (1968)
Da möchte ich das sehr schöne Reissue von Guerssen empfehlen.
https://www.discogs.com/de/release/2021 ... ic-Lantern
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Re: [REVIEW] Haymarket Square "Magic Lantern" (1968)
Oh, das ist aber cool. Solche Musik habe ich natürlich schon lieber als Vinyl, nicht als CD.BRAIN hat geschrieben: ↑Di 16. Mai 2023, 20:50Da möchte ich das sehr schöne Reissue von Guerssen empfehlen.
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Re: [REVIEW] Haymarket Square "Magic Lantern" (1968)
Mein lieber Mäse, da hast du den Stift aber perfekt angespitzt. Vielen Dank für deine umfassenden und zugleich erfrischenden Anmerkungen, insbesondere für die musikhistorischen Vergleiche mit anderen Bands.Beatnik hat geschrieben: ↑Di 16. Mai 2023, 19:00 Dieses Album kannte ich nur dem Namen nach, aber nie gehört. Das habe ich nun nachgeholt und bin mich grad durch die Platten-Clips auf Youtube am durchhören. Da war die erste Wahl (zufällig) der Titel "Funeral". Natürlich ist erst einmal der weibliche Gesang so gar nicht das, was man normalerweise von solcher Musik erwartet. Wenn Gloria Lambert dann ihre fast an gesangliche Beschwörungsrituale erinnernden mystischen Songtexte in die Musik einbringt, fühle ich mich sofort an Jim Morrison erinnert. Nicht stimmlich, nicht musikalisch, aber von der Art des stimmlichen Vortrags. Das gefällt mir sehr und passt ausgezeichnet zu der konträr zum Gesang eher rohen und muskulösen Musik. Nicht selten kommt es mir so vor, als würde hier Jemand mit dem Mahnfinger singen. Aussergewöhnlich für meine Ohren - und aussergewöhnlich gut.
Ich weiss, dass die Haymarket Square einen gewissen Kultcharakter besitzt, und nun, beim erstmaligen Hören, kann ich gut nachvollziehen, warum das so ist. Denn die Gruppe klingt in der Tat anders als so viele weitere Gruppen, die sich in diesem Bereich der Acid- Fuzz- und Psychedelic-Welt bewegten. Die Gruppe klingt definitiv mystischer als Jefferson Airplane, auch ist der Gesang von Gloria Lambert wesentlich direkter und eindringlicher als von Grace Slick. Wer mir ebenfalls auffällt, ist der sehr starke Gitarrist Marc Swenson, der so ziemlich jede Art der Spielweise des Psychedelic Rocks beherrscht und seine Läufe quasi aus dem Aermel schütteln kann; dabei immer punktgenau und songdienlich spielt. Das wiederum führt automatisch dazu, dass selbst beim Jammen in den recht langen Songs kein Jam-Charakter im eigentlichen Sinne aufkommt. Ganz im Gegenteil: Mit seinem Spiel entwickelt er manchmal quasi eine Welt in der Welt und verpasst dem Song ein zweites Leben. So klingt das für mich zum Beispiel im Titel "Amapola".
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Ich kann nun nach dem ersten Probehören gut nachvollziehen, dass die Platte so einen ausgezeichneten Ruf geniesst. Das Scheibchen muss natürlich auf den Einkaufszettel, selbstverständlich auf den CD-Zettel, denn das originale Vinyl ist für mich schlicht unerschwinglich.
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