[REVIEW] Frumpy "2" -1971-

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Louder Than Hell
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[REVIEW] Frumpy "2" -1971-

Beitrag von Louder Than Hell »

Frumpy "2" -1971-

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Der Start erfolgte im Jahre 1965, als der in Hamburg beheimatete Ire John O’Brien-Docker die Band City Preacher gründete, die sich dem damals sehr angesagten Folk verschrieben hatte. Die Gruppe war geprägt durch eine Vielzahl von personellen Umbesetzungen. Durch ein Zerwürfnis mit der Sängerin Dagmar Krause verließen die Musiker Kravetz, Rumpf, Bohn und Schott im Jahre 1970 die City Preachers und gründeten noch im selben Jahr die Band Frumpy. Waren auf dem ersten Album noch ausgeprägte Prog- und Klassikelemente vertreten, die zum Teil in den einzelnen Musikstücken eingebettet waren, so sollte sich ihr Stil mit ihrem 2. Album gewaltig ändern, weg von musikalischen Vorbildern wie ELP oder Brian Auger & Julie Driscoll und hin zum klassischen bluesgeprägten Hardrock. Das Album besteht aus 4 Longtracks, die sich zeitlich über 7 – 12 Minuten erstrecken, beherbergen also genügend Spielraum, um in den einzelnen Musikstücken immer neue Akzente und Wendungen zu entwickeln. Und mit dem Gitarristen Rainer Baumann gab es in dem Bandgefüge eine erhebliche Neuerung, der mit seinem ausdrucksstarken Handling auf der Gitarre entsprechende Kontrapunkte zum virtuosen Spiel von Kravetz zu setzen vermochte.

Das Album:

Das erste Stück „Good Winds“ startet verhalten. Das Gitarren- und Keyboardspiel sind hierbei gleichermaßen die Basis für ein gewisses Maß an Verträumtheit. Die Slides und auch das Keyboard sind die entsprechenden Wegweiser des Stücks. Die beiden Rhythmusmusiker decken nicht nur den Rahmen des Musikstücks ab, sondern wissen auch durch ihr individuelles und zugleich quirliges Spiel zu überzeugen. Die hier eingangs eher mädchenhaft vorgetragene Stimme von Inga Rumpf erfährt durch die eingestreuten Halleffekte eine ungeheure Stimmung, so dass der Hörer geradezu wie durch einen wohligen Tunnel getragen wird. Die folgenden subtilen Klangmalereien von Kravetz werden sodann kräftiger und forscher, so dass sichtlich das Tempo angezogen und dem Mittelteil einen geradezu schwärmerischen Charakter verliehen wird. Es reihen sich typische klassische Elemente aneinander bis der Gitarrist Baumann das Zepter an sich reißt und mit seinem gefühlvollen Solo für eine weitere positive Abrundung des Musikstücks sorgt. Abschließend kehrt die Band zu dem Grundthema des Starts zurück und man wird nochmals von der betörenden Stimme von Inga Rumpf beglückt.

Das Folgesong „How The Gypsy Was Born“ ist ein weiterer Höhepunkt des Albums. Es beginnt mit einem bluesrockigen Intro von Kravetz auf seiner Hammond B-3, das durch Mark und Bein geht und bei mir absolute Gänsehautstimmung hervorruft, für mich ein Intro für die Ewigkeit. Die knackige Gitarre mit seinen Punktsetzungen rundet den Start des Stückes ab, das fortan im verhaltenen, aber nicht ruhigem Tempo seine Fortsetzung findet. Auch die rauchige Alt-Stimme von Inga Rumpf entfaltet in vollem Umfang ihre Power und drückt so dem Song ihren eigenen Stempel auf. Man wird faktisch von der Kraft des Stückes mitgetragen, ehe im Mittelteil das berührende Solo von Rainer Baumann neue Akzente setzt und in einem Rausch mündet. Interessant ist in dem Zusammenhang auch, dass in dieser Passage mehrere Gitarrenspuren übereinandergelegt wurden. Wie druckvoll hierbei der Drummer Carsten Bohn und Basser Karl-Heinz Schott begleitend agieren, ist einfach beeindruckend. Geradezu aggressiv wird im Anschluss das Keyboard von Kravetz eingesetzt, wie er percussiv auf die Tasten einschlägt. Es folgt noch ein kurzes zugleich mitreißendes Solo von Baumann, bis das vielseitige, wendungsreiche und zugleich virtuose Solo von Kravetz einen krönenden Abschluss des Stückes herbeiführt.

Rasant ist auch im dritten Stück „Take Care Of Illusion“ angesagt, das zwischen Hardrock und entspannten bluesigen Rock hin und her pendelt. Gerade der hardrockende Start bringt den Hörer gleich auf die Überholspur, dazu die wehklagende und zugleich beschwörende Stimme von Inga Rumpf runden das Bild ab. Das eingeschlagene Tempo wird aber nicht eingehalten. Durch Baumanns Gitarre wird eine ruhige Passage eingewoben, die sodann wieder das explosive Feuer des Starts aufnimmt. Der danach folgende düstere und zugleich verhaltene Part wird dominiert vom Kravetz gefühlvollem Keyboardspiel. Es ist Inga Rumpf, die durch ihre ausdrucksstarke Stimme die Verknüpfungslinie zwischen den Solisten Kravetz und Baumann darstellt und das wiederkehrende Tempo so miteinander verbindet. Alles nimmt immer mehr an Fahrt auf und gewinnt zunehmend an Intensität. Ein beseelter Baumann spielt sich in eine Art Rausch und Inga Rumpf’s fordernde und zugleich dynamische Stimme zeigt auf, dass sie schon damals mit nur 25 Jahren eine der ausdrucksstärksten Sängerinnen ihrer Zeit war.

Den Abschluss bildet das Stück „Duty“, das von seiner nicht endenden Vielseitigkeit lebt. Sicherlich das Highlight des Albums, weil es nochmals aufzeigt, welch eine geschlossene Einheit diese Band war und welch musikalische Taten sie umsetzen konnten. Fast schon melancholisch ist der Start, der durch das subtile Mellotron von Kravetz eingeläutet wird. Dazu gesellt sich die kräftige Stimme von Inga Rumpf und kann als klassischer Kontrapunkt zu dem ruhigen Klangteppich angesehen werden. Die Stimmung wird unruhiger und rockiger, als die anderen Mitspieler mit einsteigen. Wechselnde Soli zwischen Baumann und Kravetz bestimmen nun das Bild. Als sich Baumann dann anschickt, ein mehrminütiges Solo zu starten, wird man unweigerlich mit auf die Reise genommen. Hierbei zeigt er die unterschiedlichsten Register seines Könnens auf, ohne in narzisstische Eigenbrötlerei abzudriften. Das Musikstück lebt und atmet nun von seinem berauschenden Solo auf der Gitarre. Natürlich hat er auch exzellente Musiker an seiner Seite, die diesen Vulkan an Power erst ermöglichen. Abschließend wird das Tempo spürbar zurückgenommen und man kehrt zu dem Grundthema des Starts zurück.

Fazit: Von den Fans geliebt und vom deutschen Musikmagazin „Sounds“ total verrissen. So unterschiedlich war die Einschätzung seinerzeit. Ich selbst habe mich immer als Bewunderer dieser Band bekannt, allerdings habe ich es damals versäumt, sie zu mindestens einmal live gesehen zu haben. Viel schlimmer war allerdings die Tatsache, dass Frumpy bei ihrer 71er Tour in England zusammen mit Mott The Hoople nichts aber rein gar nichts reißen konnte. Wenn man bedenkt, welch Feuerwerk die Band gerade live versprühen konnte, ist dieses Desinteresse kaum nachvollziehbar. Zudem gab es persönliche Spannungen zwischen Kravetz und Baumann, die immer mehr zu Streitpunkten und später zur Trennung führten.

Musiker:

Inga Rumpf: Gesang
Jean-Jacques Kravetz: Keyboard
Rainer Baumann: Gitarre
Karl-Heinz Schott: Bass
Cartsen Bohn: Schlagzeug

Songs:

Good Winds 10:05
How The Gypsy Was Born 8:50
Take Care Of Illusion 7:32
Duty 12:12







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BRAIN
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Re: [REVIEW] Frumpy "2" -1971-

Beitrag von BRAIN »

exzellente Vorstellung Siegie!
Auch wenn ich die Scheibe gut kenne, lese ich solche Texte sehr gerne.
Vor allem wenn sie so treffend geschrieben sind wie hier, du hast ja die Zeit wirklich miterlebt und transportierst da eine gewisse Stimmung mit!
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