[REVIEW] Lakeside Inn • Tomorrow Will Be Done / Lost In Light (2012/2018)
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[REVIEW] Lakeside Inn • Tomorrow Will Be Done / Lost In Light (2012/2018)
Man unterstellt Bands und Musikern gerne mal, dass sie zu wenig Eigenständigkeit beweisen würden. Dies fällt insbesondere dann ins Gewicht, wenn hörbar schlechter gespielt wird als die vermeintlichen 'Originale', die man im Grunde ja nicht zu kopieren gedenkt, aber halt als musikalische Einflüsse oder Inspiration in den eigenen Sound einbringt. Das ist in meinen Augen aber völlig okay, denn auch Musiker sind letztlich Fans, haben ihre instrumentalen Vorlieben und die entsprechenden musikalischen Vorbilder. Ich persönlich bin ein sehr grosser Fan von deutschen Rockbands aus den 90er Jahren, und wenn ich da so einige Beispiele nennen müsste, so wären dies mit Sicherheit Peacock Palace, Fury In The Slaughterhouse und unbedingt auch Hands On The Wheel, Letztere ein ewiger Geheimtipp, den man nicht unbedingt kannte, aber immer gleich mochte, wenn man ihn hörte. Diese drei Bandbeispiele hatten für meine Begriffe eines gemeinsam: Sie klangen als Einheit, waren keine egomanisch ausgerichteten Gebilde, in denen sich entweder ein Sänger oder ein Gitarrist exponierte, sondern wirkten wie eine homogene Einheit, die äusserst songdienlich operierte und punktuiert instrumentale Freiräume einbaute, die man als wohlig empfand beim anhören.
Lakeside Inn sind für mich eine solche Band. Ein bisschen Brit Pop Appeal aus Deutschland auf dem ersten Fulltime Album "Tomorrow Will Be Done" von 2012 und einen deutlich gesteigerten Anteil Counting Crows Westcoast Feeling auf dem 2018 aufgelegten Mini Album "Lost In Light". Beiden Alben gemeinsam ist die Nähe zum Song. Dass sich Bands heute noch zusammenraufen können, ihre individuellen Egos weitgehend in den Hintergrund rücken zu können, um Songs zu arrangieren, die deshalb zünden können, weil sie schon beim Anhören diesen Gruppenzusammenhalt vermitteln, ist heute keine Selbstverständlichkeit mehr. Umso wichtiger scheint es mir, dass sich Bands wie Lakeside Inn, auch wenn das Pflaster heute ein sehr Schwieriges geworden ist, als verschworene Truppe sehen und gemeinsam ihrer Kreativität Flügel verleihen können. Das ist nicht immer leicht und fordert manchmal auch seinen Tribut - aber es lohnt sich letztlich immer. Musik ist Kunst - Künstler sind sensible, chaotische, kreative, querdenkende und ganz einfach auch aussergewöhnliche Charakteren, denen man gerne allzu menschliche Empfindungen vergeben mag.
Das Debutalbum von Lakeside Inn erscheint 2012, klingt aber weitgehend nach den 90er Jahren, was nicht schlimm ist, schon gar nicht negativ gewertet werden darf. Im Gegenteil: Hier spielt eine Band ihren Sound, den sie aufgrund ihres Alters auch als Inspiration aufgesogen hat. Dabei steht immer der Song als zentrales Element in ihrer Musik. Wunderbare Ausreisser wie das rein von Piano getragene Intermezzo "Contigo" gehören da einfach mit dazu. In ihren melancholischen Momenten fühlt man sich an einige Acts aus der Zeit der sogenannten New Romantic Welle zurückerinnert, deren Protagonisten etwa Ultravox, Visage oder vom relativ cleanen Klang der Gitarre her The Cure hiessen. Auf dem gesamten Album gibt es weder Highlights noch Durchhänger, und genau deshalb kann das Werk so gut unterhalten - es wirkt in sich geschlossen, bietet facettenreiche Arrangements, die sich jedoch oftmals nur in Nuancen unterscheiden, gleichwohl aber niemals gleichförmig oder gar repetitiv wirken. "Catch It (Before It Drifts Over The Edge)" ist ein weiteres solches Kleinod, wiederum ein instrumentales Intermezzo, diesmal von der Gitarre vorgetragen.
Die Geschichten in den Songs des Albums wirken über weite Strecken autobiographisch und ich empfinde sie von daher als absolut glaubwürdig und nicht gekünstelt. Verpackt werden die Songtexte in durchgehend geschmackvoll in Szene gesetzte Songs, die auch nach mehrmaligem Anhören ihren Reiz überhaupt nicht einbüssen. So pathetisch manche Gesangspassage vielleicht klingen mag - im Kontext zum Song an sich und insbesondere zum jeweiligen Text wirkt das aber absolut passend und glaubwürdig. Meine Favoriten des Albums sind hier "Run Away With You" (grosse Klasse!), das Titelstück, das meiner Meinung nach absolut bewusst ans Ende der Platte als letzten Song gesetzt wurde und für mich dadurch wie eine Art Quintessenz wirkt und "Ballerinas Dancing In The Rain", das ich alleine schon vom Songtitel her zum Sterben schön finde.
Das sechs Jahre später veröffentlichte Mini Album "Lost In Light" ist für mich dann wesentlich näher am amerikanischen Westcoast als das Debut und erinnert mich sowohl musikalisch, wie auch gesanglich immer wieder an die Counting Crows und deren Sänger Adam Duritz, den ich sehr gerne mag. Damit punkten Lakeside Inn bei mir natürlich schon per se. Dieses Kleinod, das leider nur fünf ganz feine Songs enthält, könnte ich mir gut in einem CD Player eines Chevys vorstellen, wenn ich mit meiner Liebsten den Ventura Beach Highway entlang cruise. Auch hier ist die unterschwellige Melancholie aus jeder Note herauszuhören, aber auch wenn die Band eine nicht zu überhörende Affinität zu mol-Melodien zu haben scheint, wirkt ihre Musik auf mich alles andere als traurig. Vielleicht ist die Band einfach im falschen Land, was als Kompliment gelten soll. "Right Next To You" ist ein wundervoller Song, der bei mir schon mit der lieblichen Akustikgitarre im Intro Gänsehaut zu erzeugen vermag.
Fazit: Lakeside Inn sind für mich mal wieder ein eindrücklicher Beweis dafür, dass hervorragend gespielte Musik manchmal fernab irgendwelcher kommerzieller Schienen läuft, für die man nur dankbar sein kann, sie einmal hören zu können. Auch wenn das hier vielleicht nach Lobhudelei klingen mag: Ich versuche, mir bis dato unbekannte Musik immer zu erleben, zu fühlen, und mich dabei ganz von meiner Umgebung zu lösen. Das gelingt mir bei dieser Band sehr gut, denn hier stimmt für mich sowohl der unterhaltende Faktor, wie das spielerische Können, das nämlich nicht immer nur dann gegeben ist, wenn sich ein Solist um Kopf und Kragen spielt. Ein Song packt mich nämlich viel eher, wenn ich ihn als Ganzes erfassen kann und wenn er schön im Fluss bleibt. Genau das höre ich bei Lakeside Inn. Klasse Band für mich.
Die wunderbare Zumutung, selbst denken dürfen zu müssen.
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(Alte Plattensammlerweisheit)
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Re: [REVIEW] Lakeside Inn • Tomorrow Will Be Done / Lost In Light (2012/2018)
Wie schnell etwas in Vergessenheit gerät, kann man als Beispiel für deine vor einem Jahr erstellte Rezi sehen. Die Musik sagte mir schon damals zu, leider habe ich die Band Lakeside Inn seitdem völlig aus den Augen verloren.
Mein Favorit bleibt aber das zweite Album "Lost In Light", weil es für mich über diese typische amerikanische Note verfügt. Es ist diese Lässigkeit in ihrer Musik, die für mich das tragende Element darstellt. Also Musik, die man an der Westküste und auch im Bereich der Americana wiederfindet. Wer gerne auf diesem Pfad wandelt, wird viel Freude an dem Album haben.
Und wie du bereits herausgestellt hast, Lakeside Inn treten als harmonisierende Einheit auf und dieses wird in den einzelnen Musikstücken bestens zum Ausdruck gebracht.
Schöne Rezi und Danke für das Erinnern.
Mein Favorit bleibt aber das zweite Album "Lost In Light", weil es für mich über diese typische amerikanische Note verfügt. Es ist diese Lässigkeit in ihrer Musik, die für mich das tragende Element darstellt. Also Musik, die man an der Westküste und auch im Bereich der Americana wiederfindet. Wer gerne auf diesem Pfad wandelt, wird viel Freude an dem Album haben.
Und wie du bereits herausgestellt hast, Lakeside Inn treten als harmonisierende Einheit auf und dieses wird in den einzelnen Musikstücken bestens zum Ausdruck gebracht.
Schöne Rezi und Danke für das Erinnern.