[PORTRAIT] Bootcut

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Beatnik
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[PORTRAIT] Bootcut

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Jetzt mal im Ernst: Kann das wirklich funktionieren ? Eine Orgel und ein Schlagzeug und sonst nix ? Ich war damals mehr als skeptisch, als ich zum erstenmal mit der - hihi: "Band" - Bootcut konfrontiert wurde. Und siehe da: Erst einmal ging die Kinnlade runter, dann verlängerten sich die Ohren, das Gehirn öffnete sich, ein Funky Groove und eine wohlvertraute Sixties-angelehnte Orgel schlängelten sich durch meine verwunderten Gehörgänge und kurz darauf setzten die Synapsen ein. Wer ? Ich ? Dieser Gitarren-Fan, der bei Keyboard-only Bands höchstens mal ohne grössere Erwartungshaltung ein Ohr riskieren mag ? Oh Yeah! Bootcut!

Bootcut sind also lediglich ein Duo. Das hat natürlich auch einen Link in die Vergangenheit, denn so ganz unbekannt ist mir so eine Konstellation nicht: Hardin & York etwa, oder Lee Michaels, und da speziell dessen Zwei-Mann Konzert auf der "Live" LP von 1973. Und mit etwas aktuellerem Bezug natürlich auch Birth Of Joy, die inzwischen aber leider auch schon wieder Geschichte sind. Doch musikalisch / stilistisch kommen Bootcut vor allem den beiden Letztgenannten recht nahe.

Bootcut's eine Hälfte ist der in Prog-Kreisen durchaus wohlbekannte Rikard Sjöblom, der vor allem für seine Rolle als Gründer, Keyboarder, Gitarrist und Sänger der schwedischen Progressive Rock Band Beardfish bekannt ist. Mit Bootcut fand Sjöblom ein Nebenprojekt mit einem etwas anderen Blickwinkel. Zusammen mit dem Schlagzeuger und Perkussionisten Petter Diamant kredenzte er einen einzigartigen Klangkosmos, lediglich aus Orgel und Schlagzeug, gelegentlich mit etwas weiteren Keyboard- oder Synthesizersounds unterlegt, um da und dort etwas Fülle in die Songs hineinzubringen. Das Ergebnis lässt sich am besten mit dem beschreiben, was Sjöblom auf seiner Website damals schrieb: "Es ist Rock, es ist Jazz, es ist Funk, gemischt mit dem, was spontan im Augenblick entsteht und sich gut anfühlt".

Das Duo spielte im Jahre 2002 ein erstes Album ein, betitelt "Hammond vs. Drums". Das Album wurde aber erst drei Jahre später, 2005 auf Gadfly Records veröffentlicht. Es schlug keine nennenswerten Wellen, doch in Insiderkreisen kam diese aussergewöhnliche und vor allem aussergewöhnlich reduzierte Musik recht gut an. Nur knapp ein Jahr später, 2006, hauten die beiden Musiker das zweite Werk raus, diesmal im Eigenvertrieb, weil sich kein Label finden liess, welches an einer breiteren Veröffentlichung interessiert schien. Auch "De Fluff" erschien erst mit zweijähriger Verspätung, denn aufgenommen wurde es kurz nach der ersten Platte. Bereits 2004 war es eigentlich fertig und zur Veröffentlichung bereit.

Es dauerte danach weitere sieben Jahre, bis die beiden noch einmal einen Anlauf wagten, indem sie ein drittes und letztes Werk veröffentlichten, betitelt "Suspended Animation". Doch erneut waren Fans vor allem von Rikard Sjöblom begeistert, aber leider keine Labelbosse, sodass auch diese CD schliesslich im Eigenvertrieb unter die Leute gebracht wurde.

Bootcut ist zwar von einem Prog Musiker lanciert worden, es klingt aber nicht nach Prog. Vielleicht war damals auch das der Grund, warum kein grösseres Publikum auf diese tollen Alben aufmerksam geworden war. Ich kann alle drei Alben nur wärmstens empfehlen. Da Bootcut bisher in diesem Forum noch nie erwähnt wurden, dachte ich, schreibst mal ein paar Zeilen zu diesem Duo. Long live the Hammond B3!

Hier von allen drei Alben jeweils eine repräsentative Hörprobe:





Die wunderbare Zumutung, selbst denken dürfen zu müssen.

Haben ist besser als brauchen.
(Alte Plattensammlerweisheit)
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