Ihr erstes Konzert gab die Band laut eigenen Angaben im Juni 1999 im kalifornischen Oakland, woher die Gruppe auch stammt. Das Publikum bestand lediglich aus einer Nacktschnecke, für welche der durchgeknallte Fünfer ihr frühes Repertoire zum besten gab. Vor einem echten und ziemlich verstörten Publikum spielte die Truppe dann am darauffolgenden Abend. Ihr herrlicher, definitiv nicht klassifizierbarer Sound, hinterliess ein ziemlich konsterniertes Publikum, welches sich im konzertanten Verlauf immer mehr ausdünnte. Ausser den allseits bekannten profanen rockmusikalischen Instrumenten, lärmten die fünf Musiker auch mit selbstgemachten Tonerzeugern, teilweise auch mit Küchengeräten. Dazu präsentierten sie auch immer wieder einen sehr absonderlich wirkenden Ausdruckstanz, sodass man sich des Eindrucks nicht erwehren konnte, dass hier ein Haufen Bekloppter rumkasperte, der definitiv nicht alle Latten am Zaun hat. Doch das war - wir ahnen es - natürlich nur die halbe Wahrheit. Oder je nachdem: die eine Sichtweise, die Vordergründige, der erste Eindruck, wenn man mit etwas konfrontiert wird, das einem gänzlich unbekannt ist und auf den ersten Blick verstörend und abartig auf Geist und Gemüt wirkt.
Ich beginne mit der musikalischen Umschreibung mal ganz rudimentär: Die Songlängen sind mit meist über 10 Minuten deutlich im Progressive Rock angesiedelt. Nur: Was bei den Gorillas in den Longtracks verarbeitet wird, ist, sagen wir mal, King Crimson auf LSD. Ihre Melodiebögen sind äusserst seltsam, definitiv nichts zum mitsingen oder gar mathematisch erklärbar. Ihre Musik ist unberechenbar, und sie verändert sich auch bei jedem Konzert. Wer jetzt im Hinterkopf ein bisschen das genial-kranke Doppelalbum der Hampton Grease Band im Kopf hat, liegt gar nicht mal so falsch. Wenn das Sleepytime Gorilla Museum auftritt, verwandelt es jeden Konzertraum innert kürzester Zeit in eine psychedelische Zirkusarena, in welcher Klänge, Krach und Kapriolen die Szenerie dominieren: Musikalisch umgesetzter Dadaismus als chaotische Performance, oder genau umgekehrt: eine musikalische Performance mit Dada-Elementen: so genau weiss das wohl nicht einmal die Band selbst, denn Vieles passiert spontan und unabgesprochen. Die Interaktionen zwischen den Musikern sind manchmal sehr konzentriert und folgen einer ganz eigenen Strategie (womit eine Nähe zu King Crimson erreicht wird), im nächsten Moment jedoch wieder völlig zusammenhangslos und chaotisch (und dementsprechend frei und fragmentarisch).
Auch Musikkritiker tun sich mit der Gruppe äusserst schwer. Da kann man die absonderlichsten Stilbeschreibungen lesen, und die reichen von Neo-RIO (Rock in Opposition) über Avant-Prog-Metal bis hin zu Grindcore-Funk-Theater, oder um es mit den Worten eines besonders verzückten Konzertbesuchers zu beschreiben: "Eine Art satanischer anarchischer Wikinger Shit". Wie auch immer: Letztlich kommt keine noch so absonderliche Beschreibung dem Ethos von Sleepytime Gorilla Museum nahe. An 'normalem' Instrumentarium beglücken uns die fünf Helden mit Geigenklängen, E-Gitarren, Bässen und Schlagzeugen. Unterstützung bieten etwa Fisher Prize-Spielsachen, verrostete und/oder verstimmte Blechinstrumente, zu denen auch Mülleimer-Deckel gehören, aber auch eine Hammer-Dulcimer. Die Band erfindet und baut viele Instrumente selbst. Dan Rathbun, der die meisten der eigenwilligen Instrumente konstruiert, spielt unter anderem das sogenannte Slide-Piano-Log, welches aus einer einzigen Klaviersaite besteht und eine Länge von über 2 Metern besitzt. Man spielt es mit zwei Schlagstöcken: Der in der linken Hand dient der Bundierung, und mit dem anderen schlägt man auf die Saite und erzeugt so den Ton. Die Instrumente des Perkussionisten Michael Mellender bestehen aus Küchengeschirr, Mülltonnendeckel und anderen Metallobjekten, die er findet, und die er als Ergänzung zu den traditionellen Perkussionsinstrumenten benutzt.
Nicht minder absonderlich sind einzelne Texte ihrer Songs: Da werden Geschichten erzählt von James Joyce, von Muriel Rukeyser, vom Wahnsinn, von einem Geburtshelfer, der vom Schlag getroffen wird, von Liebe, Tod und Kakerlaken, von der zunehmend düsteren industrialisierten Endzeit, von Ängsten, Illusionen und allerlei Grenzwertigem. Auch optisch gibt sich die Gruppe betont abseitig: Geschwärzte Zähne, Sturmhauben, aber auch teils antike Spitzen-Kleidchen. Doch wie klingt denn das Ganze nun ? Braucht man sowas wirklich ? Ich meine : Aber Hallo! Und zwar seit dem Debutalbum, welches 2001 erschienen war und den Titel trug: "Grand Opening And Closing", ganz nach dem Motto: Wenn wir hier aufspielen, schliessen sie danach gleich diese Location. Schalk und Wahnsinn und zu aller Seriosität schon gleich von Beginn weg eine gesunde Portion Selbstironie. Kommerziell natürlich absolut chancenlos. Nach einem chaotischen Live-Album folgt mit dem dritten Werk ein weiteres Studiodebakel mit dem Titel "Of Natural History". Wieder so ein Album, das verstört und fasziniert zugleich. 2007 erscheint dann nach dreijähriger Kreativ-Verschnaufpause ihr irgendwie konkretestes Werk namens "In Glorious Times", bevor die Gruppe sich in den Untergrund zurückzieht. Und nun sind sie wieder da und brillieren mit einem Album, das ihren Grosstaten in nichts nachsteht: "Of The Last Human Being", erst grad veröffentlicht, wollen es die alten Schrägbacken wieder wissen. Ich bin ja mal gespannt, ob Jemand von Euch diese Band überhaupt kennt und wenn ja, was er von ihr hält. Als Fan von schrägen und schrillen Sachen, die komplett und in diesem Falle auch bewusst am Mainstream vorbeiziehen, gehören Sleepytime Gorilla Museum für mich zu den Genialsten. Nichts für zarte Gemüter.
Lieblingsalben: Grand Opening And Closing (2001), In Glorious Times (2007)
Lieblingstitel: Ambugaton (2001), The Freedom Club (2004), Angle Of Response (2007)




Of The Last Human Being (2024) = bestellt, daher noch keine Bewertung möglich