Würde ich all meine sehr geschätzten Post Punk und New Wave Bands in einen Topf schmeissen wollen, ich würde immer wieder XTC als die Beste herausfischen. XTC gehören wie kaum eine andere Band für mich zu den missverstandensten Bands aller Zeiten. Vorschnell in der Kategorie Spätpunk versenkt, war diese Gruppe um das Duo Andy Partridge und Colin Moulding so unendlich viel mehr als eine blosse Zeiterscheinung Ende der 70er Jahre. Vom vermeintlichen Punk hörte man schon ganz zu Beginn nicht viel in ihrer Musik. Sie war wohl teilweise recht aggressiv, minimalistisch auch, aber selbst in ihren musikalisch rudimentärsten Momenten waren sie qualitativ noch Lichtjahre vom primitiven Punk entfernt. Spätestens mit Einsetzen der New Wave und New Romantic Welle grenzten sich XTC ein weiteres Malvon der gesamten Konkurrenz ab, indem sie ihre Musik nun auch noch mit spröden Folk- und verkifften Psychedelikessenzen würzte. XTC standen während ihrer langen Karriere praktisch immer ganz alleine im Raum, keine andere Band hat sich so vom grossen Pulk der erfolgreichen Britpop-, Artpop- oder Artrock-Bands abgesetzt.
Ein weiteres Merkmal von XTC ist, dass sie sich fast vollständig vom elektronischen Gedöns distanzierten: Während in den 80er Jahren fast sämtliche Pop-Bands dem digitalen Schwachsinn erlagen, gingen XTC genau den konträren Weg: Ihre mit soviel kreativem Weitblick konzipierte Musik klang auf einmal auch erfrischend altbacken. Sie liessen selbst dann noch die akustischen Gitarren klingeln, während andere Protagonisten aus ihrem Dunstkreis längst an Fairlight Synthesizern und Computersounds tüftelten und sich irgendwo im digitalen Nirvana verloren. Insofern waren XTC die vielleicht verkopfteste Band, die als einzige währschaft und bodenständig blieb. Dass ihre Musik aber so ungemein durchdacht und stets interessant konzipiert war, macht sie bis heute einmalig gut. Vielleicht sind XTC - rückwirkend betrachtet - der Gruppe Steely Dan um Donald Fagen und Walter Becker gar nicht so unähnlich: Nicht was die Musik anbetrifft, aber die Arbeitsweise von Partridge und Moulding kann man mit Becker und Fagen durchaus vergleichen: Beide Teams versuchten stets, ihre Musik weiterzuentwickeln und beide schafften, was die meisten anderen Bands eben nicht schaffen: Weg vom zuletzt Veröffentlichten, hin zu etwas ganz Anderem - aber immer ist es toll anzuhören. Stetige Veränderung, stetige Suche nach Neuem. Dass dabei der Erfolg durchaus auf der Strecke bleiben kann, auch dafür sind XTC ein bemerkenswert gutes Beispiel. Die Band stand sich immer selbst im Weg. Brachte zwei hochpsychedelische Alben und eine Psychedelik-EP heraus, als sie gerade dabei waren, ihren ersten grossen Hit zu landen (The Big Express). Was machen die beiden Querulanten stattdessen ? Psychedelische Musik (The Dukes Of Stratosphear). Beides wohlgemerkt auf allerhöchstem Niveau.
Mir persönlich gefällt die gesamte Musik von XTC sehr gut, mit ein paar Abstrichen beim Frühwerk, was aber nicht direkt mit XTC zu tun hat, sondern eher mit dem Umstand, dass ich rohe Kost in Form von Punk dann doch lieber nicht von Kopfmenschen höre, sondern von Irokesenköppen. Vom künstlerischen Standpunkt aus gibt es für mich wohl keine bessere Artpop Gruppe aus jener Zeit. Fast schien es, dass Colin Moulding und Andy Partridge dieses ewige künstlerische Duo sein würden, das immer wieder geniale Musik präsentiert, ähnlich wie weiland Lennon und McCartney. Doch dann kriegten sie sich doch auch wie so viele andere wegen des schnöden Mammons in die Köppe und gingen getrennte Wege. Es gibt ein paar hochinteressante Soloalben von Andy Partridge unter der Bezeichnung "Fuzzy Warbles" mit Tonnen unveröffentlichtem XTC-Material auf acht CD-Veröffentlichungen von 2002-2006, die jedoch leider extrem rar sind. Essenziell sind aus meiner Sicht vier Alben, die man einfach gehört haben muss. Und das schönste Geschenk, das man sich selber machen kann, ist die traumhaft schöne "Apple Box" aus dem Jahre 2005.
Lieblingsalben: English Settlement (1982), Mummer (1983), 25 O'Clock (1985), Nonsuch (1992)
Lieblingstitel: Runaway (1982), Ladybird (1983), The Mole From The Ministry (1985), War Dance (1992)
Und das ist meine XTC Sammlung:
White Music (1978)
Go 2 (1978)
Drums And Wires (1979)
Black Sea (1980)
English Settlement (1982)
Mummer (1983)
The Big Express (1984)
25 O'Clock (1985) - als The Dukes Of Stratosphear
Skylarking (1986)
Psonic Psunspot (1987) - als The Dukes Of Stratosphear
Oranges & Lemons (1989)
Nonsuch (1992)
Apple Venus Volume 1 (1998)
Homespun (1999)
Wasp Star (Apple Venus Volume 2) (2000)
Homegrown (2001)
Apple Box (2005)
[Rating] XTC
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[Rating] XTC
Die wunderbare Zumutung, selbst denken dürfen zu müssen.
Haben ist besser als brauchen.
(Alte Plattensammlerweisheit)
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Re: [Rating] XTC
White Music (1978)
Go 2 (1978)
Drums And Wires (1979)
Black Sea (1980)
English Settlement (1982)
25 O'Clock (1985) - als The Dukes Of Stratosphear
Psonic Psunspot (1987) - als The Dukes Of Stratosphear
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Re: [Rating] XTC
Eine der führenden Bands in Sachen intelligenter Popmusik.
Wobei ihre New Wave Sachen auch nicht zu unterschätzen sind.
Drums and Wires (1979)
Black Sea (1980)
English Settlement (1982)
The Big Express (1984)
25 O'Clock (1985, The Dukes of Stratosphear)
Skylarking (1986)
Psonic Psunspot (1987, The Dukes of Stratosphear)
Oranges & Lemons (1989)
Nonsuch (1992)
Apple Venus Volume 1 (1999)
Wobei ihre New Wave Sachen auch nicht zu unterschätzen sind.
Drums and Wires (1979)
Black Sea (1980)
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The Big Express (1984)
25 O'Clock (1985, The Dukes of Stratosphear)
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Psonic Psunspot (1987, The Dukes of Stratosphear)
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Re: [Rating] XTC
Habe gerade angefangen, mich mit denen richtig zu beschäftigen und habe bislang nur Drums And Wires und White Music, die mir recht gut gefallen (ohne daß ich mich imstande sähe, bereits eine Wertung abzuliefern). Aber besser spät als nie.
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