Re: Was rotiert auf dem Teller
Verfasst: So 23. Apr 2023, 05:11
Everything but the Girl – Fuse
Am vergangenen Freitag erschien das zehnte Album des britischen Pop-Duos Everything but the Girl (EbtG), ein Album, mit dem wohl niemand so recht gerechnet hatte, denn seit ihrer letzten Veröffentlichung „Temperamental“ (1999) sind mittlerweile 24 Jahre vergangen.
EbtG, dass sind Tracey Thorn und Ben Watt, die sich 1981 kennenlernten. Unabhängig voneinander erhielten sie beim Indie-Plattenlabel Cherry Red einen Vertrag und wurden dort vom A&R Manager Mike Alway zusammengebracht.
1984 erschien dann ihr erstes Album „Eden“, acht weitere Alben folgten. Ich habe ihren relaxen Sound immer gemocht, insbesondere Coverversionen wie „Thougher than the rest“, „Time after time“ und „Downtown train“ hatten es mir angetan. Dass da dann nach dem „Temperamental“ noch was kommen wird, hatte ich nicht auf der Rechnung und ich war auch am vergangenen Freitag etwas überrascht, als ich in der TAZ las, dass mit „Fuse“ ein neues Album veröffentlicht wurde.
Das Album enthält Elemente, die das Duo von 1981 bis 1999 noch nicht aufgenommen hatte und welche im Verlauf der letzten 24 Jahre weiter gereift sind, angereichert mit dem, was da so noch hinzu gekommen ist.
Hinter Tracey Thorn und Ben Watt liegt eine lange Findungs- und Entwicklungsstrecke, war ihr erstes Album noch sehr von Folk und Jazz geprägt, so entwickelte sich das Duo sehr schnell in Richtung Elektronikpop. Ihren größten Erfolg hatten sie Mitte der 90er Jahre mit „Missing“. Eine Hinwendung zum Mainstream brachte aber nicht den gewünschten Erfolg. So war 1999 nach dem Dancefloor-Album „Temperamental“ erst einmal Schluss. Dieses Ende lag aber nicht an Erfolg oder Misserfolg sondern vielmehr an Thorn´s Entscheidung, sich vorrangig um die Erziehung der Kinder kümmern zu wollen.
Thorn und Watt gingen somit zwar privat weiterhin gemeinsame Wege, beruflich schlugen sie unterschiedliche Richtungen ein. Insoweit überraschte mich dieses neue Album. Die Ankündigung und die erste Single-Veröffentlichung Ende 2022 habe ich somit auch nicht mit bekommen. Diese erste Single-Auskopplung „Left to lose“ erinnert an ihren bereits erwähnten größten Hit „Missing“.
Überrascht bin ich vom Sound, der für mich irgendwie gereift, dabei sehr relaxt klingt. Tracy Thorn´s Stimme ist immer noch hörenswert und Ben Watt setzt die musikalischen Akzente. Die TAZ bringt es wunderbar auf den Punkt: Der Song hebt zwar nicht gerade die Stimmung, aber die Leere, die er hinterlässt, fühlt sich angenehm an.
Dieser Satz der TAZ passt bei mir perfekt. Dieses Album von EbtG passt normaler Weise absolut nicht in mein „Beuteschema“, es fühlt sich aber verdammt gut an, diese Musik zu hören. Noch so ein Song ist „No one knows we´re dancing“, absolute Dancefloor Music mit einem Sprechgesang der eine unheimliche Wärme ausstrahlt.
Insgesamt ist „Fuse“ ein Album, welches man auf sich wirken lassen sollte, es ist für mich ein Album, welches von Hördurchgang zu Hördurchgang mehr Intensität entwickelt. Für mich ist „Fuse“ ein absolut empfehlenswertes Werk.