Geier Sturzflug – Runtergekommen
Irgendwie hat mich in diesem Jahr das Geier Sturzflug-Fieber gepackt. In Vorfreude auf die neue CD von Friedel Geratsch schrieb ich schon ein paar Zeilen über LP Nummer zwei „Heiße Zeiten“ sowie den ein Jahr später erschienen Nachfolger „ 3 x täglich“. Um den Geier Sturzflug Erstling „Runtergekommen“ aus dem Jahr 1981 machte ich allerdings einen Bogen, da meine LP schlicht nicht mehr abspielbar war. Nun liegt mir dieses Album in allerbester Qualität (NM) wieder vor und ich möchte, bevor ich auch noch auf die CD „Mit dem Abstand der Jahre“ eingehe, einige Worte über die Anfänge verlieren.
Los ging es ja eigentlich viel früher; bereits in den zu Ende gehenden 70er Jahren machte Friedel Geratsch, der für mich, damals wie heute, das Korsett von Geier Sturzflug war und ist, Musik unter anderer Flagge. Zunächst als „Schotter Blau Gebündelt“ und danach als „Dicke Lippe“. Zu dieser Zeit, 1979, erschien bei Trikont die LP „Jagdfieber“ mit dem Opener „Brutto-Sozial-Produkt“. Zu dieser Zeit war ich Vorsitzender eines SPD-Ortsvereins und hatte die Absicht, ein Konzert mit „Dicke Lippe“ zu veranstalten. Daraus wurde nichts. Woran es scheiterte; ich weiß es nicht mehr. In Erinnerung ist mir aber immer noch, dass es letztendlich ein Konzert mit Hein & Oss (Kröher) wurde, dies ist dann aber tatsächlich eine ganz andere Geschichte. Hier geht es um Friedel Geratsch und Geier Sturzflug und die starteten 1983 mit ihrer zweiten LP „Heiße Zeiten...“ und eben ihrem „Bruttosozialprodukt“ so richtig durch.
Davor lag aber ihr Erstling „Runtergekommen“. Die LP hat halt nicht diese Kracher wie „Bruttosozialprodukt“ oder „Besuchen sie Europa“, sie hat aber in den elf Songs verdammt viel zu bieten. Schon damals wurde Geier Sturzflug in die Genre-Schublade der Neuen Deutschen Welle gepackt. Ich frage mich: Warum? Geier Sturzflug hatte wirklich mehr zu bieten, da sind richtig starke Texte; auf dem Innencover ist nachzulesen, dass diese, sowie die Musik von „Geier Sturzflug“ stammen. Wenn ich mir die heutigen Texte so anhöre, sehe ich auch hinter den Texten des Jahres 1981 eine deutliche Geratsch-Handschrift. Neben den guten Texten gibt’s klasse Musik, bei der die Band locker, flockig durch die Genre-Schubladen hüpft. Hier Rock and Roll, da mal knackiger Rock mit einer gewissen Punk Attitüde und Ska und Reggae lassen ebenfalls grüßen. Die Texte sind weit entfernt von dem, was damals die NDW zu bieten hatte. Ich muss heute nicht klären, warum Geier Sturzflug unter NDW subsumiert wurde, vielleicht war es der Türöffner bei der damaligen Jugend, also bei uns, die wir heute unter dem Begriff „Senioren“ zusammen gefasst werden.
Egal, „Untergekommen“ hat tolle Songs zu bieten. Es geht gut los mit „Schotter blau gebündelt“, geht mit „Sänger inner Band“ gepflegt weiter und über meine Favoriten „Raggae im Ruhrgebiet“ sowie „Marihuana“ gekonnt und abwechslungsreich weiter. Die Höhepunkte der zweiten LP-Seite sehe ich in „Mokkadischu“, „Lebkuchenherz“ und „Diese Welt“.
In irgend einer Kritik las ich „Diese LP ist keine Offenbarung, jedoch sehr solide“. Ich sag´s frei raus, eine solche Klassifizierung halte ich für Quatsch. Gute bis sehr gute Texte, klasse und abwechslungsreiche Musik, alles perfekt abgemischt und in bester Tonqualität, da kann man wirklich nur von einem perfekten Start sprechen. „Runtergekommen“ ist für mich auch heute noch absolut hörenswert.
Übrigens, nach der dritten LP war erst einmal Ende mir Geier Sturzflug, eine Pause die bis in die 90er Jahre dauerte. Für mich übrigens auch, in den 80ern stand dann erst mal die „Glückliche Familie“ im Mittelpunkt. Musik war dann erst wieder in den 90er Jahren angesagt; also nach der Scheidung...