Wolfgang Ambros – Wie im Schlaf
Wolfgang Ambros hatte ich schon lange nicht mehr auf dem Plattenteller. Dabei standen seine Platten bei mir so richtig hoch im Kurs. Los ging es 1972 mit „Alles andere zählt net mehr..“ Bis 1986 „No. 13“ stehen die Ambros-Studioalben sowie die Konzeptalben „Ambros – Tauchen – Prokopetz“ und das Live-Werk „Auf ana langen, finster´n Stroß´n“ aus dem Jahr 1979 komplett in meinem Plattenschrank. Dann war auf einmal Schluss. Die Gründe sind vielschichtig. Auf einmal traten andere Dinge in den Mittelpunkt. Beruf, Tochter, Sport und so verlor ich die Musik aus unserem Nachbarland aus den Augen. 2000 keimte die Vorliebe zur Musik von Wolfgang Ambros wieder auf, als er Songs von Tom Waits interpretierte.
Nun habe ich mir mal die Lieder von Bob Dylan, gesungen von Wolfgang Ambros aus dem Regal geholt, lege sie auf den Plattenteller.
Erinnerungen werden wach, doch schnell noch eine weitere Vorbemerkung; Dylans Musik wird seit mehr als ein halbes Jahrhundert gehört und gecovert. Wann es los ging, Dylan in deutscher Sprache zu präsentieren, kann ich natürlich nicht genau sagen, habe gerade aber mal eine von der Zeitschrift Hörzu heraus gebrachtes Doppelalbum von Marlene Dietrich „Mythos Marlene Dietrich“ aus dem Regal geholt. Darauf befinden sich mir „Die Antwort weiß ganz allein der Wind“ und „Sag mir wo die Blumen sind“ zwei Dylan Songs, die bereits Anfang der 60er Jahre von Marlene Dietrich intoniert wurden. Den deutschen Text schrieb übrigens Hans Bradtke, der auch für Schlager wie „Pigalle“ und „Die Zuckerpuppe aus der Bauchtanzgruppe“, gesungen von Bill Ramsey verantwortlich zeichnete. Marlene Dietrich trägt die Dylan Songs sehr getragen, sehr ernst, unter die Haut gehend vor. Ebenfalls in den 60er Jahren nahm das Frankfurter Gesangsduo Christopher & Michael zwei Dylan Songs auf, die sie gemeinsam mit Joan Baez 1968 auf dem Ostermarsch in Frankfurt präsentierten. Mit diesen Beispielen sind die Anfänge bereits geschildert. Ich hätte gute Lust mal mein ganzes Schlagerzeug durchzugehen und werde bestimmt noch weitere einzelne Dylan-Songs finden. Spontan fallen mir nur ein paar Songs ein. Auf seiner LP „Traumtanzzeit“ aus dem Jahr 1975 schloss Stefan Waggershausen die erste LP-Seite mit dem Song „Traumtanz“ ab. Bei Bob Dylan hieß dieser Song „Desolation Row“. Bernies Autobahnband veröffentlichte 1978 die LP „Wenn es Nacht ist in der Stadt“ mit dem damals viel gespielten Song „HR3 wünscht guten Morgen“. Der Titelsong, der die zweite LP-Seite abschließt, stammt aus der Feder von Bob Dylan, ebenso wie „Weit weg – lange her“. (Gibt es übrigens bei yt in einer tollen Version von Stefan Stoppok).
So wie diese Zufallsbeispiele zeigen, stecken bestimmt noch auf einigen anderen LPs Songs von Bob Dylan. Niemand würde vermuten, dass Karel Gott einen Rolling Stones-Song coverte. Aus „Paint it black“ machte Karel Gott „Rot und schwarz“. Doch zurück zu Bob Dylan. Da wird es nämlich einfacher, wenn deutsche Künstler gleich ein ganzes Album mit Dylan-Songs veröffentlichten. Wolfgang Niedecken veröffentliche 1995 die CD „Leopardefell“ und Ernst Schultz präsentierte 2008 die CD „Es ändern sich die Zeiten“. Ja, und dann haben wir diese Ambros-LP aus dem Jahr 1978 „Wie im Schlaf“. Die zehn Songs haben damals einfach gepasst. Je nach Bedarf und Stimmung konnte ich Songs wie „Wahre Liebe (Love minus zero/no limit)“, „Sie g´hört zu mir (She belong to me)“ oder aber „I bin´s ned (It ain´t me Babe)“, „Denk ned noch (Don´t think twice)“ perfekt mit grölen und mich in meinem Herzschmerz suhlen. Die Stimmungen, die die LP damals auslösen konnte, sind, ich erwähnte es an anderer Stelle, verflogen und werden auch nicht zurück kommen, doch die Erinnerungen an eine schöne Zeit werden bleiben. Und so werden Songs wie „Allan wie a Stan (Like a Rolling Stone)“ oder „Des Sandler´s Flucht (Drifter´s Escape)“ weiterhin hier und da für eine Gänsehaut sorgen.
Meine LP ist sowohl, was das Vinyl als auch das Cover anbelangt, in einem ausgezeichnetem Zustand Das Cover sieht man das Alter der LP nicht an und auch das Vinyl lässt nicht erahnen, wie oft die LP damals auf dem Plattenteller lag.
Diese LP wird also stets ein wichtiger Faktor meiner Sammlung bleiben.