[REVIEW] Peter Gabriel - i/o (2023)
Verfasst: Fr 15. Dez 2023, 23:45
Die Magie von Peter Gabriel hat mich schon vor langer Zeit gepackt.
Nicht so sehr die allseits gepriesenen Klänge von "So" waren der Beginn meiner Vorliebe für die beeindruckende Stimme und Musik von Peter, sondern sein unübertroffenes Live-Album, "Plays Live".
Das Album, die Songs, sie waren mir damals unbekannt, aber das Cover, mit Peter Gabriel in den Farben von Shock The Monkey, hatte eine enorme Anziehungskraft und es fühlte sich an wie ein Puzzleteil, dass zu The Lamb Lies Down On Broadway gehört, dem letzten Album von Genesis mit Gabriel.
Was dieses Live-Album mit dem überwältigenden "Rhythm Of The Heat", mit dem verletzlichen "San Jacinto", mit dem experimetellen "The Family And The Fishing Net" und dem unvergleichlichen "Family Snapshot" bot, war einfach unglaublich schön und inspirierend.
Von da an hieß es, den Backkatalog zu vervollständigen und Gabriel in seiner musikalischen Entwicklung zu folgen.
Neue Alben, viele Konzerte, immer wieder innovativ, immer wieder überraschend und immer wieder diese unglaublich schöne Stimme.
Und nun, nach mehr als 21 Jahren, gibt es endlich das sehr feine i/o, dass selbst meine kühnsten Erwartungen übertrifft.
Es ist ja nicht so, dass wir in den letzten 21 Jahren keine neue Musik von Peter Gabriel hören konnten, aber sein letztes Studioalbum mit eigenen Songs, Up, stammt aus dem Jahr 2002.
In den letzten Monaten konnten wir uns bereits bei jedem Vollmond auf einen neuen Song aus dem Album freuen.
Das hatte etwas Verwirrendes: Warum sollte man nicht, wie üblich, nach einem Singles-Release das Album veröffentlichen und zum Verkauf bringen?
Die Gründe für diese Entscheidung waren einleuchtend und wohlüberlegt.
Nach Gabriels Einschätzung sind wir als Menschheit heute mehr als fähig, die Welt zu zerstören und es ist notwendig, dass wir unsere Verbindung zur Natur und zur Erde wiederherstellen.
Gabriel spürt diese Verbindung mit der Natur durch den Mond, der eine große Anziehungskraft auf ihn ausübt.
Eine Verbindung also zwischen Erde und menschlicher Erfahrung: eine spirituelle Perspektive.
Es mag etwas dauern, bis man sich auf diesen Gedanken einlässt, aber wenn man das Album einmal in seiner Gesamtheit gehört hat, versteht man es, man fühlt es.
Das Album greift Themen auf, die unsere Menschlichkeit berühren, seien es Emotionen oder soziale Fragen es regt zum Nachdenken an.
Ganz zu schweigen davon, wie schön die Kompositionen sind, die Produktion oder wie großartig Gabriel im Jahr 2023 klingt.
i/o ist ein Longplayer, den man nicht in einem Rutsch durchhört: In den 12 Songs, passiert eine ganze Menge.
Wenn man sich die Scheibe komplett anhört und in seiner Gesamtheit aufnimmt, dann wir man schon enorm gefordert.
Ja, natürlich, man muss sich auch Zeit nehmen.
Mit regelmäßigen Kollaborateuren und musikalischen Schwergewichten wie Tony Levin, David Rhodes und Manu Katché an Gabriels Seite weiß man schon, dass man an der Qualität des Gebotenen keine Zweifel haben muss.
Wenn man dann noch bedenkt, dass er weitere starke Kooperationspartner wie Brian Eno oder Ríoghnach Connolly von The Breath hat, um nur einige zu nennen, wird klar, dass Gabriel darauf bedacht war, dass die LP auch sehr gut klingt.
Wenn man die Leute für die Orchesterarrangements und die Chöre nicht mitzählt, haben mehr als elf Leute an dem Album gearbeitet.
Das erklärt zum Teil, warum man das Album nicht auf einmal ergründen kann, aber die Entdeckungsreise ist ein wahrer Genuss.
12 sehr abwechslungsreiche Tracks, 12 Songs, die gelegentlich an den Sound von Gabriels früherem Schaffen anknüpfen.
Nein, erwarte keinen Abklatsch alter Songs, vielleicht eine Atmosphäre, die man wiedererkennen kann, aber sonst gibt es nur frische Ideen.
Sicher, "So" bleibt sein bisher kommerziell erfolgreichstes Album, aber wie wir von Us und dem bereits erwähnten Up wissen, lässt er sich immer wieder etwas Neues einfallen.
Es sind Songs, die, man ahnt es schon, alle ihren eigenen Sound haben und, wie wir es von Gabriel gewohnt sind, auch nie nur wie ein Popsong klingen.
Die Rhythmen von Meister Levins Bass atmen und vibrieren voller Leben, Manu Katché kombiniert das perfekt mit seinem Schlagzeugspiel.
Die Keyboards bauen die Atmosphären auf und tun gleichzeitig viel mehr als das, sie setzen Akzente, die Gitarren mögen eher im Hintergrund wirken, aber
da sollte man sich nicht täuschen lassen, ihre Rolle ist wirklich unüberhörbar.
Und dann sind da noch die orchestralen Arrangements. Eine vollständige Besprechung auf i/o kommt nicht ohne ihre Erwähnung aus.
Zu einer vollständigen Besprechung von i/o gehört aber noch viel mehr.
Nehmen wir die zwei Mixe, die Gabriel von den Songs anbietet.
Drei sogar, wenn man die Dolby-Atmos-Version mitzählt.
Die beiden, die man regelmäßig schon auf Vinyl und CD findet, unterscheiden sich schon sehr voneinander.
Der renommierte britische Produzent Mark 'Spike' Stent (u.a. Oasis, Mansun, Linkin Park, U2, Björk, Keane, Depeche Mode, Massive Attack) lieferte die Bright-Side-Mixe und der ebenso renommierte amerikanische Produzent Tchad Blake (u.a. Black Keys, Ani DiFranco, Bonnie Raitt, Elvis Costello, Crowded House, Pearl Jam) die Dark-Side-Mixe.
Der Atmos-Mix lag in den Händen des deutschen Tontechnikers und Produzenten Hans-Martin Buff, der bereits mit Chaka Khan, Prince, Zucchero, No Doubt und den Scorpions gearbeitet hat.
Schon das Anhören der beiden regulären Mixe ist ein Erlebnis.
Ja, natürlich hört man, dass man die gleichen Songs hört, aber der Unterschied zwischen den Mixen ist wirklich ein Unterschied wie Tag und Nacht.
Bei einem Album, dass bereits so viel zu entdecken bietet, ist dies eine weitere zusätzliche Dimension, die unterstreicht, wie sehr Gabriel darüber nachdenkt, wie er seine Musik präsentieren möchte.
Und das ist noch nicht alles. Jede Komposition ist mit einem Kunstwerk verbunden, dass speziell zu diesem Song passt.
Das hat Gabriel auch schon bei Us and Up gemacht.
Jetzt hat er sich an Ai Weiwei, Nick Cave, Barthélémy Toguo, Olafur Eliasson, Annette Messager, Antony Micallef, Henry Hudson, Megan Rooney, Cornelia Parker, Tim Shaw, David Spriggs und David Moreno gewandt.
12 außergewöhnliche Kunstwerke, die, wie die 12 Kompositionen, eine Entdeckungsreise in die Welt bieten.
Eine exquisite Auswahl an höchst unterschiedlichen Tracks von gesellschaftlicher Relevanz und Reflexion bis hin zu tatsächlich persönlichen Songs.
i/o ist mit seinen 12 Tracks nicht nur musikalisch und als Kunstwerk ein sehr schönes Album, es ist auch ein Album, dass par excellence das tut, wozu Kunst, wozu Kultur fähig ist und das ist, den menschlichen Geist anzusprechen.
Was für ein unglaublich schönes Album, wie schön, dass Peter Gabriel zurück ist, für viele wird es Erleichterung in diesen dunklen Tagen bringen.
Nicht so sehr die allseits gepriesenen Klänge von "So" waren der Beginn meiner Vorliebe für die beeindruckende Stimme und Musik von Peter, sondern sein unübertroffenes Live-Album, "Plays Live".
Das Album, die Songs, sie waren mir damals unbekannt, aber das Cover, mit Peter Gabriel in den Farben von Shock The Monkey, hatte eine enorme Anziehungskraft und es fühlte sich an wie ein Puzzleteil, dass zu The Lamb Lies Down On Broadway gehört, dem letzten Album von Genesis mit Gabriel.
Was dieses Live-Album mit dem überwältigenden "Rhythm Of The Heat", mit dem verletzlichen "San Jacinto", mit dem experimetellen "The Family And The Fishing Net" und dem unvergleichlichen "Family Snapshot" bot, war einfach unglaublich schön und inspirierend.
Von da an hieß es, den Backkatalog zu vervollständigen und Gabriel in seiner musikalischen Entwicklung zu folgen.
Neue Alben, viele Konzerte, immer wieder innovativ, immer wieder überraschend und immer wieder diese unglaublich schöne Stimme.
Und nun, nach mehr als 21 Jahren, gibt es endlich das sehr feine i/o, dass selbst meine kühnsten Erwartungen übertrifft.
Es ist ja nicht so, dass wir in den letzten 21 Jahren keine neue Musik von Peter Gabriel hören konnten, aber sein letztes Studioalbum mit eigenen Songs, Up, stammt aus dem Jahr 2002.
In den letzten Monaten konnten wir uns bereits bei jedem Vollmond auf einen neuen Song aus dem Album freuen.
Das hatte etwas Verwirrendes: Warum sollte man nicht, wie üblich, nach einem Singles-Release das Album veröffentlichen und zum Verkauf bringen?
Die Gründe für diese Entscheidung waren einleuchtend und wohlüberlegt.
Nach Gabriels Einschätzung sind wir als Menschheit heute mehr als fähig, die Welt zu zerstören und es ist notwendig, dass wir unsere Verbindung zur Natur und zur Erde wiederherstellen.
Gabriel spürt diese Verbindung mit der Natur durch den Mond, der eine große Anziehungskraft auf ihn ausübt.
Eine Verbindung also zwischen Erde und menschlicher Erfahrung: eine spirituelle Perspektive.
Es mag etwas dauern, bis man sich auf diesen Gedanken einlässt, aber wenn man das Album einmal in seiner Gesamtheit gehört hat, versteht man es, man fühlt es.
Das Album greift Themen auf, die unsere Menschlichkeit berühren, seien es Emotionen oder soziale Fragen es regt zum Nachdenken an.
Ganz zu schweigen davon, wie schön die Kompositionen sind, die Produktion oder wie großartig Gabriel im Jahr 2023 klingt.
i/o ist ein Longplayer, den man nicht in einem Rutsch durchhört: In den 12 Songs, passiert eine ganze Menge.
Wenn man sich die Scheibe komplett anhört und in seiner Gesamtheit aufnimmt, dann wir man schon enorm gefordert.
Ja, natürlich, man muss sich auch Zeit nehmen.
Mit regelmäßigen Kollaborateuren und musikalischen Schwergewichten wie Tony Levin, David Rhodes und Manu Katché an Gabriels Seite weiß man schon, dass man an der Qualität des Gebotenen keine Zweifel haben muss.
Wenn man dann noch bedenkt, dass er weitere starke Kooperationspartner wie Brian Eno oder Ríoghnach Connolly von The Breath hat, um nur einige zu nennen, wird klar, dass Gabriel darauf bedacht war, dass die LP auch sehr gut klingt.
Wenn man die Leute für die Orchesterarrangements und die Chöre nicht mitzählt, haben mehr als elf Leute an dem Album gearbeitet.
Das erklärt zum Teil, warum man das Album nicht auf einmal ergründen kann, aber die Entdeckungsreise ist ein wahrer Genuss.
12 sehr abwechslungsreiche Tracks, 12 Songs, die gelegentlich an den Sound von Gabriels früherem Schaffen anknüpfen.
Nein, erwarte keinen Abklatsch alter Songs, vielleicht eine Atmosphäre, die man wiedererkennen kann, aber sonst gibt es nur frische Ideen.
Sicher, "So" bleibt sein bisher kommerziell erfolgreichstes Album, aber wie wir von Us und dem bereits erwähnten Up wissen, lässt er sich immer wieder etwas Neues einfallen.
Es sind Songs, die, man ahnt es schon, alle ihren eigenen Sound haben und, wie wir es von Gabriel gewohnt sind, auch nie nur wie ein Popsong klingen.
Die Rhythmen von Meister Levins Bass atmen und vibrieren voller Leben, Manu Katché kombiniert das perfekt mit seinem Schlagzeugspiel.
Die Keyboards bauen die Atmosphären auf und tun gleichzeitig viel mehr als das, sie setzen Akzente, die Gitarren mögen eher im Hintergrund wirken, aber
da sollte man sich nicht täuschen lassen, ihre Rolle ist wirklich unüberhörbar.
Und dann sind da noch die orchestralen Arrangements. Eine vollständige Besprechung auf i/o kommt nicht ohne ihre Erwähnung aus.
Zu einer vollständigen Besprechung von i/o gehört aber noch viel mehr.
Nehmen wir die zwei Mixe, die Gabriel von den Songs anbietet.
Drei sogar, wenn man die Dolby-Atmos-Version mitzählt.
Die beiden, die man regelmäßig schon auf Vinyl und CD findet, unterscheiden sich schon sehr voneinander.
Der renommierte britische Produzent Mark 'Spike' Stent (u.a. Oasis, Mansun, Linkin Park, U2, Björk, Keane, Depeche Mode, Massive Attack) lieferte die Bright-Side-Mixe und der ebenso renommierte amerikanische Produzent Tchad Blake (u.a. Black Keys, Ani DiFranco, Bonnie Raitt, Elvis Costello, Crowded House, Pearl Jam) die Dark-Side-Mixe.
Der Atmos-Mix lag in den Händen des deutschen Tontechnikers und Produzenten Hans-Martin Buff, der bereits mit Chaka Khan, Prince, Zucchero, No Doubt und den Scorpions gearbeitet hat.
Schon das Anhören der beiden regulären Mixe ist ein Erlebnis.
Ja, natürlich hört man, dass man die gleichen Songs hört, aber der Unterschied zwischen den Mixen ist wirklich ein Unterschied wie Tag und Nacht.
Bei einem Album, dass bereits so viel zu entdecken bietet, ist dies eine weitere zusätzliche Dimension, die unterstreicht, wie sehr Gabriel darüber nachdenkt, wie er seine Musik präsentieren möchte.
Und das ist noch nicht alles. Jede Komposition ist mit einem Kunstwerk verbunden, dass speziell zu diesem Song passt.
Das hat Gabriel auch schon bei Us and Up gemacht.
Jetzt hat er sich an Ai Weiwei, Nick Cave, Barthélémy Toguo, Olafur Eliasson, Annette Messager, Antony Micallef, Henry Hudson, Megan Rooney, Cornelia Parker, Tim Shaw, David Spriggs und David Moreno gewandt.
12 außergewöhnliche Kunstwerke, die, wie die 12 Kompositionen, eine Entdeckungsreise in die Welt bieten.
Eine exquisite Auswahl an höchst unterschiedlichen Tracks von gesellschaftlicher Relevanz und Reflexion bis hin zu tatsächlich persönlichen Songs.
i/o ist mit seinen 12 Tracks nicht nur musikalisch und als Kunstwerk ein sehr schönes Album, es ist auch ein Album, dass par excellence das tut, wozu Kunst, wozu Kultur fähig ist und das ist, den menschlichen Geist anzusprechen.
Was für ein unglaublich schönes Album, wie schön, dass Peter Gabriel zurück ist, für viele wird es Erleichterung in diesen dunklen Tagen bringen.