[REVIEW] Elmer City Rambling Dogs • Jam It! (1975)
Verfasst: So 5. Nov 2023, 13:59
Von allen obskuren Platten in meiner Sammlung ist das eine der skurrilsten und kuriosesten, weil fast nichts stimmt, was man über diese lokale Band aus Elmer (New Jersey) an Informationen findet. Da wird von einer Biker Rock Band geschrieben, von massenhaftem Alkoholgenuss während der Plattenaufnahmen und auch sonst von ziemlich exzessivem Rock'n'Roll. Die Realität sieht wesentlich nüchterner aus. Die Band, welche stilistisch irgendwo im Countryrock- oder Southern Rock-Bereich angesiedelt ist, war keine professionelle Band, sondern eher semiprofessionell, wenn nicht gar eine Amateur- oder Feierabend-Truppe. Allerdings mit einem schon ansprechenden Approach. Was bei der Band natürlich das Augenfälligste war: Die Plattenhülle war extrem geschmacklos, obwohl sie als Comic eine gute Gattung macht. Dazu das eigene Plattenlabel: Hundescheisse Records - inklusive Hundeköttel als Firmenlogo auf der LP (!). Die Musiker müssen wirklich einen sehr seltsamen Bezug zu Hunden gehabt haben, als sie dieses Konzept auf die Beine stellten. Man kann das weder mit Humor, noch mit Satire, aber auch nicht mit sowas wie zynischer Frank Zappa-Attitüde erklären. Das Cover ist irgendwie einfach seltsam.
Konträr zu diesem optischen Ersteindruck steht dann allerdings die Musik der Band, die alles andere als amateurmässig klingt. Da waren schon Könner am Werk, die ihr Handwerk verstanden. Sänger Teeny Tar, Gitarrist James Rowland, Keyboarder Ritchie Verrill und Mike Masciarelli wurden bei diesen Aufnahmen unterstützt unter anderem vom Pennsauken Cricket Glee Club, was immer auch deren Einsatz war. Ausserdem steht der Name Eddie Harris als Mitproduzent auf dem Backcover der Platte. Ob es sich hierbei allerdings um den bekannten Jazz-Musiker selben Namens handelt, ist ungewiss, aber eher unwahrscheinlich.
Die Platte bietet so einige musikalische Highlights, wie etwa "Queenie", "The Prowler" oder den "Jailhouse Blues", die einen sehr süffigen Bluesrock zeigen, der auch einige Elemente des Swamp Rocks bietet. Vergleiche etwa mit der Band Potliquor aus Louisiana drängen sich auf, jedoch halten sich die bluesigen Töne bei den Dogs eher in Grenzen. Mehrheitlich wird, wie es der Titel der LP suggeriert gejammt; und auch wenn die Platte ganze vier Monate Aufnahmezeit ausweist (von Januar bis März plus August 1975), so klingt sie doch eher livemässig, was dem Charakter der Songs natürlich überhaupt nicht schadet. Im Gegenteil: die Musik wirkt dadurch ehrlicher und vor allem sehr direkt. Hier wurde auf jeden Fall nichts überproduziert, und wenn man sich die Songs anhört, dann dürfte die Band live nicht gross anders geklungen haben. Dieser Live-Charakter in den Stücken gefällt mir sehr gut.
Die Band konnte Anfang 1976 auch im legendären CBGB's auftreten, vielleicht auch deswegen, weil sie stilistisch wandelbar war und sich einem bestimmten Publikum anzupassen verstanden, was ebenfalls ein Indiz für eine Amateurband ist. Profis spielen ihr Ding und zeigen dabei mitunter wenig stilistischen Spielraum. Die originale Vinyl LP wird immer wieder mal relativ preiswert angeboten. Neuwertige oder gar noch ungeöffnete Exemplare haben inzwischen jedoch die 50 Euro-Marke deutlich überschritten.