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[REVIEW] Joni Mitchell - Blue (1971)

Verfasst: Do 13. Apr 2023, 13:45
von BRAIN
Es gibt Alben, die müssen eigentlich nicht mehr vorgestellt werden aber die Begeisterung hält mich einfach nicht davon ab immer wieder davon zu sprechen/schreiben.
BLUE von Joni Mitchell ist ein solches Album.
Seit der Veröffentlichung im Jahr 1971 existiert das Album unabhängig von Zeit und Raum.
So ein Album, das sich anfühlt, als wäre es schon immer da gewesen und von dem man sicher ist, dass es immer da sein wird.
Und jetzt, ein halbes Jahrhundert nach seiner ursprünglichen Veröffentlichung, klingt es, als wäre es gestern aufgenommen worden.

Viele nennen BLUE ein extrem persönliches Album.
Sich mit Jonis Liedern zu beschäftigen die von Depressionen und anderen drastischen Lebensereignissen handeln, kann sehr ergreifend sein.
Wenn es eine Sache gibt, die die Mythenbildung rund um dieses Album charakterisiert, dann ist es die Diskussion darüber, an wen die Songs adressiert sind.
Graham Nash? James Taylor? Leonard Cohen sogar?
Das ist eigentlich die falsche Diskussion, es spielt überhaupt keine Rolle.
Denn was Mitchell auf BLUE großartig macht, ist Gefühle aufzunehmen, sie zu kanalisieren und sie durch diese großartigen Songs der Welt zu schenken.
Songs für die die Autorin auf erschreckend offene und ehrliche Weise auf persönliche Erfahrungen zurückgegriffen hat, die das Hören von BLUE zu einer sehr persönlichen Erfahrung für den Zuhörer macht.

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Nehmen wir zum Beispiel den Titeltrack, der einen an der Kehle packt und der Klavierpart Hackfleisch aus deiner Seele macht.
Fast jeder Satz kann auf vielfältige Weise erklärt werden.
Singt sie es einer Person namens Blue vor? Oder singt sie hier über einen Geisteszustand? Es kann auch nur ein Stift sein, mit dem sie schreibt:
"Acid, booze, and ass, needles, guns, and grass",bei dem es darum gehen kann, dass jemand abrutscht, oder ganz allgemein um das Ende des Hippie-Traums?
Die Stärke des Songs und das ist beispielhaft für das gesamte Album ist, dass er durch die verschiedenen Interpretationen, mit dem Leben des Hörers wächst.
In deinen dunkelsten Momenten fühlt sich BLUE an wie eine Depression.
In Momenten einer schwierigen Lebensphase ist BLUE da, um diese Gefühle zu kanalisieren, was auch für die Mehrheit der anderen Songs gilt.
Zum Beispiel ist "A Case Of You" ein wunderschönes Liebeslied, aber auch ein Spiegelbild der bitteren Erkenntnis, dass manche Menschen nicht gut für dich sind, obwohl du nicht ohne sie auskommst.
Little Green, geschrieben über ihre Tochter, die zur Adoption freigegeben wurde, packt dich auch ohne dieses Wissen an der Kehle.

Komplexität und Dualität stecken in allen Songs von daher kann BLUE als musikalisches Kunstwerk bezeichnet werden, dass die Probleme der Menschen einfängt.
Auf hohe und hoffnungsvolle Erwartungen an das Leben folgen im Opener "All I Want" der Schmerz, den Menschen einander antun können(So you too, then we both get so blue)
Es ist so nachvollziehbar, dass das Hören von BLUE sich anfühlt, als würde Joni dir einen schmutzigen Spiegel vorhalten, indem du dich bald selber erkennst.

Songs sind wie Tattoos, singt Mitchell im Titeltrack und man könnte das nicht treffender beschreiben, denn gute Musik geht wie ein Tattoo unter die Haut und nie mehr weg.
Da kannst du bürsten und schrubben wie du willst, es bleibt dir permanent in Erinnerung.
BLUE verschwindet nie wieder aus deinem Leben wenn du die Scheibe einmal verinnerlicht hast.
Sobald es seinen Weg in dein Leben gefunden hat, geht es nie wieder weg.

Seite 1
All I Want – 3:32
My Old Man – 3:33
Little Green – 3:25
Carey – 3:00
Blue – 3:00

Seite 2
California – 3:48
This Flight Tonight – 2:50
River – 4:00
A Case of You – 4:20
The Last Time I Saw Richard – 4:13

Veröffentlichung: 22. Juni 1971

Besetzung:
Joni Mitchell – Gesang, Gitarre, Piano, Dulcimer
Stephen Stills – Gitarre, Bass
James Taylor – Gitarre
Russ Kunkel – Schlagzeug
Sneaky Pete Kleinow – Pedal-Steel-Gitarre

Produktion:
Joni Mitchell

Studio:
A&M Studios, Hollywood

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Re: [REVIEW] Joni Mitchell - Blue (1971)

Verfasst: Do 13. Apr 2023, 20:44
von Beatnik
Das habe ich mir jetzt auch mal angehört und es gefällt mir supergut. Mir war das gar nicht mehr bewusst, dass Joni Mitchell den Nazareth Hit "This Flight Tonight" komponiert hat. Ihre Version ist so anders und so traumhaft schön. Auch diese Platte kommt auf den Einkaufszettel. Toll! 👍

Re: [REVIEW] Joni Mitchell - Blue (1971)

Verfasst: Fr 14. Apr 2023, 00:34
von BRAIN
Vielleicht der Beginn einer neuen Liebe? :lol:
Ich mag auch den ganzen Laurel Canyon Mythos darum.
Ganz groß!

Re: [REVIEW] Joni Mitchell - Blue (1971)

Verfasst: Fr 14. Apr 2023, 12:52
von nixe
BRAIN hat geschrieben: Fr 14. Apr 2023, 00:34 Vielleicht der Beginn einer neuen Liebe? :lol:
Ich mag auch den ganzen Laurel Canyon Mythos darum.
Ganz groß!
Die doppelDVD davon steht hier.

Re: [REVIEW] Joni Mitchell - Blue (1971)

Verfasst: Do 27. Apr 2023, 16:23
von Emma Peel
Joni Mitchell hatte in gewisser Weise Glück, mit ihren ersten drei Einspielungen "Song To A Seagull", "Clouds" und "Ladies Of The Canyon" den Zahn der Zeit bzw. den Geschmack einer breiteren Hörerschaft getroffen zu haben. Denn unumstritten handelt es sich hierbei um hervorragende Platten. Die Individualität dieser drei Alben sind das besondere Ausdrucksmerkmal. Zudem zeichnete sich die Künstlerin durch ihr handwerkliches Geschick aus, in dem sie die Cover selbst gestaltete bzw. malte.

Das vierte Album "Blue" stand unter einem anderen Stern. Mit der Farbe "blau" signalisierte sie ihre innere Zerrissenheit und Unruhe, die geprägt waren durch partnerschaftliche Trennungen. Das Album diente somit als eine Art Aufarbeitung ihres seelischen Zustandes. Gerade die schonungslose Offenbarung ihres Zustandes sind die Eckpfeiler dieses Albums. Die Musikstücke sind sehr in sich gekehrt und erschließen sich nicht sogleich. Es ist de facto ein Reifeprozess, sich das Album zu erarbeiten, ehe es sich einem erschließt. Dann aber tun sich die einzelnen Glanzlichter in den Songs auf.

Re: [REVIEW] Joni Mitchell - Blue (1971)

Verfasst: Do 27. Apr 2023, 19:17
von Lavender
BRAIN hat geschrieben: Do 13. Apr 2023, 13:45 Es gibt Alben, die müssen eigentlich nicht mehr vorgestellt werden aber die Begeisterung hält mich einfach nicht davon ab immer wieder davon zu sprechen/schreiben.
BLUE von Joni Mitchell ist ein solches Album.
Seit der Veröffentlichung im Jahr 1971 existiert das Album unabhängig von Zeit und Raum.
So ein Album, das sich anfühlt, als wäre es schon immer da gewesen und von dem man sicher ist, dass es immer da sein wird.
Und jetzt, ein halbes Jahrhundert nach seiner ursprünglichen Veröffentlichung, klingt es, als wäre es gestern aufgenommen worden.

Viele nennen BLUE ein extrem persönliches Album.
Sich mit Jonis Liedern zu beschäftigen die von Depressionen und anderen drastischen Lebensereignissen handeln, kann sehr ergreifend sein.
Wenn es eine Sache gibt, die die Mythenbildung rund um dieses Album charakterisiert, dann ist es die Diskussion darüber, an wen die Songs adressiert sind.
Graham Nash? James Taylor? Leonard Cohen sogar?
Das ist eigentlich die falsche Diskussion, es spielt überhaupt keine Rolle.
Denn was Mitchell auf BLUE großartig macht, ist Gefühle aufzunehmen, sie zu kanalisieren und sie durch diese großartigen Songs der Welt zu schenken.
Songs für die die Autorin auf erschreckend offene und ehrliche Weise auf persönliche Erfahrungen zurückgegriffen hat, die das Hören von BLUE zu einer sehr persönlichen Erfahrung für den Zuhörer macht.

Bild

Nehmen wir zum Beispiel den Titeltrack, der einen an der Kehle packt und der Klavierpart Hackfleisch aus deiner Seele macht.
Fast jeder Satz kann auf vielfältige Weise erklärt werden.
Singt sie es einer Person namens Blue vor? Oder singt sie hier über einen Geisteszustand? Es kann auch nur ein Stift sein, mit dem sie schreibt:
"Acid, booze, and ass, needles, guns, and grass",bei dem es darum gehen kann, dass jemand abrutscht, oder ganz allgemein um das Ende des Hippie-Traums?
Die Stärke des Songs und das ist beispielhaft für das gesamte Album ist, dass er durch die verschiedenen Interpretationen, mit dem Leben des Hörers wächst.
In deinen dunkelsten Momenten fühlt sich BLUE an wie eine Depression.
In Momenten einer schwierigen Lebensphase ist BLUE da, um diese Gefühle zu kanalisieren, was auch für die Mehrheit der anderen Songs gilt.
Zum Beispiel ist "A Case Of You" ein wunderschönes Liebeslied, aber auch ein Spiegelbild der bitteren Erkenntnis, dass manche Menschen nicht gut für dich sind, obwohl du nicht ohne sie auskommst.
Little Green, geschrieben über ihre Tochter, die zur Adoption freigegeben wurde, packt dich auch ohne dieses Wissen an der Kehle.

Komplexität und Dualität stecken in allen Songs von daher kann BLUE als musikalisches Kunstwerk bezeichnet werden, dass die Probleme der Menschen einfängt.
Auf hohe und hoffnungsvolle Erwartungen an das Leben folgen im Opener "All I Want" der Schmerz, den Menschen einander antun können(So you too, then we both get so blue)
Es ist so nachvollziehbar, dass das Hören von BLUE sich anfühlt, als würde Joni dir einen schmutzigen Spiegel vorhalten, indem du dich bald selber erkennst.

Songs sind wie Tattoos, singt Mitchell im Titeltrack und man könnte das nicht treffender beschreiben, denn gute Musik geht wie ein Tattoo unter die Haut und nie mehr weg.
Da kannst du bürsten und schrubben wie du willst, es bleibt dir permanent in Erinnerung.
BLUE verschwindet nie wieder aus deinem Leben wenn du die Scheibe einmal verinnerlicht hast.
Sobald es seinen Weg in dein Leben gefunden hat, geht es nie wieder weg.

Seite 1
All I Want – 3:32
My Old Man – 3:33
Little Green – 3:25
Carey – 3:00
Blue – 3:00

Seite 2
California – 3:48
This Flight Tonight – 2:50
River – 4:00
A Case of You – 4:20
The Last Time I Saw Richard – 4:13

Veröffentlichung: 22. Juni 1971

Besetzung:
Joni Mitchell – Gesang, Gitarre, Piano, Dulcimer
Stephen Stills – Gitarre, Bass
James Taylor – Gitarre
Russ Kunkel – Schlagzeug
Sneaky Pete Kleinow – Pedal-Steel-Gitarre

Produktion:
Joni Mitchell

Studio:
A&M Studios, Hollywood

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Sehr schön geschrieben. Teile bezüglich des Albums viele Deiner Aussagen. Blue steht hier auch. Werde ich nachher mal wieder auf meinen Plattenteller legen. Alle Songs kommen aber nicht schwermütig rüber. So zum Beispiel "Carey".