[REVIEW] Frank Zappa - Hot Rats (1969)
Verfasst: Sa 15. Jul 2023, 10:20
Egozentrisch, anarchisch, verrückt, skurril, brillant: Frank Zappa war all das und noch mehr.
Er war eine Figur, die immer über die Stränge schlug, ein Künstler, der sich nie dem "System" beugte und der bis zu seinem Tod den Mut und die Frechheit besaß, sein ganzes Wesen auf eine Gesellschaft zu spucken, die zu bürgerlich und angepasst war, um ihn zu verstehen. Nach seiner langen und vielseitigen Karriere ist es schwer zu beurteilen, was das wahre künstlerische Profil von Frank Zappa war: Ironie und sein sarkastischer Humor machten ihn zu einem einzigartigen Autor, der gleichermaßen bewundert und kritisiert wurde. Musikalisch bewegte er sich durch alle existierenden Musikgenres und schuf dabei einen typischen "zappa-esken" Sound, der Maßstäbe setzte.
Das fulminante Debütalbum "Freak Out!" brachte ihn wie eine Bombe in die Welt des Rock.
Es war 1966 und Zappa war der Anführer der Freak-Szene.
Die "stupid songs", wie er sie selbst nannte, waren nicht nur Mittel, um die herrschende Scheinheiligkeit und Verlogenheit einer Kultur mit bissigen Kommentaren zu konfrontieren; "stupid songs" um Politiker zu albernen und gruseligen Witzfiguren zu machen; "stupid songs", die absichtlich flache und banale Texte hatten, um die Gestalten, die Zappa so gerne verspottete, noch mehr Ausdruck zu verleihen.
Die Mothers Of Invention waren Zappas treue Gefährten in der frühen Phase seiner Karriere: Sie unterstützten ihn dabei, seine eigenen Spötteleien in Musik zu verwandeln, mit komplexen musikalischen Strukturen, die von unzähligen Nuancen durchzogen waren.
1969 änderte Zappa seine Besetzung und gründete die Hot Rats, zu denen Captain Beefheart, die Geiger Jean Luc Ponty und Don "Sugar Cane" Harris, Ian Underwood und eine eindrucksvolle Rhythmusgruppe gehörten.
Das gleichnamige Hot Rats-Album beginnt auf schwungvolle Weise mit "Peaches En Regalia", einer kleinen Suite, mit exzellenten Arrangements und Orchestrierung.
Das Stück ist eine Verwebung von Texturen, in der Bläser, Keyboards, Gitarre und Klavier miteinander dialogisierten und auf ihre eigene Art und Weise eine stimmige Harmonie erzeugten.
Die erhabene Symphonik prägt ein zeitloses Stück, dass auch nach vielen Jahren noch dem Zahn der Zeit widersteht und dabei seinen Charme bewahrte.
Der sarkastischen Ader von Captain Beefheart, Zappas altem Freund/Rivalen, hat er "Willie The Pimp" anvertraut, der einzige Song, der eine kleine Partitur hatte.
Es ist sein gleichzeitig kehliger und rauer Gesang, der dich wie ein Monster, in das Herz des Songs führt und in einem totalen Gitarrenrausch von Zappa eskaliert.
Das Gitarrensolo wagte sich auf schwieriges Terrain, was die Komplexität der Melodien und die Spielweise anging, er skizzierte die Grundmelodie, um dann in völliger Improvisation davon wieder abzudriften.
Es handelte sich um Gitarrenparts die viel mit Verzerrung, Wah-Wah und einem gnadenlos Rhythmus spielte der keine Verschnaufpause ließ und der hervorragenden Geige von Don "Sugar Cane" Harris begleitet wurde.
Besondere Erwähnung verdient auch die Rhytmusmaschine aus dem Bassist Max Bennett und dem Schlagzeuger John Guerin, die mit kraftvoller Präzision die Band treiben, dass der Track glühend spannend wird.
"Son Of Mr. Green Genes" beginnt mit einer imposanten Einleitung von Keyboards und Bläsern, die Melodie wird einige Minuten lang in wiederholt, bis uns ein Break in ein Crescendo der Spannung katapultiert.
Die Besonderheit dieses Breaks besteht darin, dass Zappa einem der spektakulärsten Gitarren-Einsätze gelingt, indem durch den Sound seines Instruments eine perfekte Symbiose zwischen Brutalität und Harmonie entsteht.
Der Song wechselt immer wieder die Stimmung und erfindet sich in verschiedenen Formen neu; es handelt sich um einen Studio-Jam, in dessen Zentrum auch ein fabelhafter Saxophoneinsatz von Ian Underwood steht, der es schafft, zunächst die Hauptmelodie mit wiederholten und drückenden Akkorden zu unterstützen, um sich dann mit Zappas Gitarre zu duellieren.
Saxophon und E-Gitarre im Einklang: Selten hat eine so einzigartige Kombination im Rock solche Höhen erreicht.
"Little Umbrellas" hingegen führt zu jazzigeren Atmosphären, bei denen der Hauptteil der Arbeit von Keyboards und Orgel bestimmt wird, die einen düsteren Klang erzeugen, fast wie ein Trauermarsch.
Sehr schön sind hier die melodischen Stickereien der Blasinstrumente, wie z. B. der Flöte, die schüchtern, aber anmutig zwischen den Falten des eigentlichen Songs hervorblitzen.
Weiter geht es mit "The Gumbo Variations": Max Bennetts pulsierendes einleitendes Bass-Riff ist das Vorspiel für ein abenteuerliches Saxophonspiel.
Underwood spielt ein meisterliches Solo in reinem Jazz: eine Stilübung ohne Grenzen.
Der Song geht weiter, getragen von einer Rhythmik, die von ungeraden Taktarten überquillt, bis in einer totalen orgiastischen Klangexplosion die Geige von "Sugar Cane" Harris das Ruder übernimmt und ein und brillantes Solo abliefert, bei dem er seinem Instrument Zischlaute und Töne entlockt, die man noch nie zuvor von einer Geige gehört hat.
Die Geige macht Platz für Zappas raue Soli und endet in einer Explosion von jazzigem Avantgardismus der exaltiertesten Art.
Sanfter, smoothiger Jazz ist hier nicht zu Hause.
Im abschließenden "It Must Be A Camel" wird die Stimmung entspannter: Die rücksichtslos ungeraden Takte des Schlagzeugs bilden die Bühne für einen Chor zwischen Saxophon und Klavier im Hintergrund.
Die Brutalität, die wichtige Abschnitte des Albums kennzeichnete, weicht einem raffinierten Ensemble-Sound, der in der Mitte des Stücks von Zappas Solo dominiert wird, dass sich in ruhigeren Klängen entspannt, um uns dann mit plötzlichen, blitzschnellen elektrischen Explosionen zu überraschen.
Fünfzig Jahre liegen die Aufnahmen dieser Perlen zurück, die ihrer Zeit so weit voraus sind, dass sie kein Alter kennen.
Hot Rats ist eine Zäsur zwischen zwei Epochen, in denen Frank Zappa seinen Ideen in totaler Eigenständigkeit freien Lauf lässt und mit einem Ehrgeiz, der über seine Zeitgenossen hinausgeht und den Weg für die interessanteste Periode der Rockgeschichte ebnete.
All tracks are written by Frank Zappa.
Side one
1. "Peaches en Regalia" 3:38
2. "Willie the Pimp" 9:21
3. "Son of Mr. Green Genes" 8:58
Side two
4. "Little Umbrellas" 3:06
5. "The Gumbo Variations" 12:53
6. "It Must Be a Camel" 5:15
Frank Zappa – guitar, octave bass, percussion
Ian Underwood – piano, organus maximus, flute, all clarinets, all saxes
Also featuring
Captain Beefheart – vocals on "Willie the Pimp"
Max Bennett – bass on all tracks except "Peaches en Regalia"
Shuggie Otis – bass on "Peaches en Regalia"
John Guerin – drums on "Willie the Pimp", "Little Umbrellas" and "It Must Be a Camel"
Paul Humphrey – drums on "Son of Mr. Green Genes" and "The Gumbo Variations"
Ron Selico – drums on "Peaches en Regalia"
Don "Sugarcane" Harris – violin on "Willie the Pimp" and "The Gumbo Variations"
Jean-Luc Ponty – violin on "It Must Be a Camel"
Lowell George – rhythm guitar (uncredited)
Production
Producer: Frank Zappa
Director of engineering: Dick Kunc
Engineers: Cliff Goldstein, Jack Hunt, Brian Ingoldsby, Dick Kunc
Arranger: Frank Zappa
Cover design: Cal Schenkel
Design: Cal Schenkel, John Williams
Er war eine Figur, die immer über die Stränge schlug, ein Künstler, der sich nie dem "System" beugte und der bis zu seinem Tod den Mut und die Frechheit besaß, sein ganzes Wesen auf eine Gesellschaft zu spucken, die zu bürgerlich und angepasst war, um ihn zu verstehen. Nach seiner langen und vielseitigen Karriere ist es schwer zu beurteilen, was das wahre künstlerische Profil von Frank Zappa war: Ironie und sein sarkastischer Humor machten ihn zu einem einzigartigen Autor, der gleichermaßen bewundert und kritisiert wurde. Musikalisch bewegte er sich durch alle existierenden Musikgenres und schuf dabei einen typischen "zappa-esken" Sound, der Maßstäbe setzte.
Das fulminante Debütalbum "Freak Out!" brachte ihn wie eine Bombe in die Welt des Rock.
Es war 1966 und Zappa war der Anführer der Freak-Szene.
Die "stupid songs", wie er sie selbst nannte, waren nicht nur Mittel, um die herrschende Scheinheiligkeit und Verlogenheit einer Kultur mit bissigen Kommentaren zu konfrontieren; "stupid songs" um Politiker zu albernen und gruseligen Witzfiguren zu machen; "stupid songs", die absichtlich flache und banale Texte hatten, um die Gestalten, die Zappa so gerne verspottete, noch mehr Ausdruck zu verleihen.
Die Mothers Of Invention waren Zappas treue Gefährten in der frühen Phase seiner Karriere: Sie unterstützten ihn dabei, seine eigenen Spötteleien in Musik zu verwandeln, mit komplexen musikalischen Strukturen, die von unzähligen Nuancen durchzogen waren.
1969 änderte Zappa seine Besetzung und gründete die Hot Rats, zu denen Captain Beefheart, die Geiger Jean Luc Ponty und Don "Sugar Cane" Harris, Ian Underwood und eine eindrucksvolle Rhythmusgruppe gehörten.
Das gleichnamige Hot Rats-Album beginnt auf schwungvolle Weise mit "Peaches En Regalia", einer kleinen Suite, mit exzellenten Arrangements und Orchestrierung.
Das Stück ist eine Verwebung von Texturen, in der Bläser, Keyboards, Gitarre und Klavier miteinander dialogisierten und auf ihre eigene Art und Weise eine stimmige Harmonie erzeugten.
Die erhabene Symphonik prägt ein zeitloses Stück, dass auch nach vielen Jahren noch dem Zahn der Zeit widersteht und dabei seinen Charme bewahrte.
Der sarkastischen Ader von Captain Beefheart, Zappas altem Freund/Rivalen, hat er "Willie The Pimp" anvertraut, der einzige Song, der eine kleine Partitur hatte.
Es ist sein gleichzeitig kehliger und rauer Gesang, der dich wie ein Monster, in das Herz des Songs führt und in einem totalen Gitarrenrausch von Zappa eskaliert.
Das Gitarrensolo wagte sich auf schwieriges Terrain, was die Komplexität der Melodien und die Spielweise anging, er skizzierte die Grundmelodie, um dann in völliger Improvisation davon wieder abzudriften.
Es handelte sich um Gitarrenparts die viel mit Verzerrung, Wah-Wah und einem gnadenlos Rhythmus spielte der keine Verschnaufpause ließ und der hervorragenden Geige von Don "Sugar Cane" Harris begleitet wurde.
Besondere Erwähnung verdient auch die Rhytmusmaschine aus dem Bassist Max Bennett und dem Schlagzeuger John Guerin, die mit kraftvoller Präzision die Band treiben, dass der Track glühend spannend wird.
"Son Of Mr. Green Genes" beginnt mit einer imposanten Einleitung von Keyboards und Bläsern, die Melodie wird einige Minuten lang in wiederholt, bis uns ein Break in ein Crescendo der Spannung katapultiert.
Die Besonderheit dieses Breaks besteht darin, dass Zappa einem der spektakulärsten Gitarren-Einsätze gelingt, indem durch den Sound seines Instruments eine perfekte Symbiose zwischen Brutalität und Harmonie entsteht.
Der Song wechselt immer wieder die Stimmung und erfindet sich in verschiedenen Formen neu; es handelt sich um einen Studio-Jam, in dessen Zentrum auch ein fabelhafter Saxophoneinsatz von Ian Underwood steht, der es schafft, zunächst die Hauptmelodie mit wiederholten und drückenden Akkorden zu unterstützen, um sich dann mit Zappas Gitarre zu duellieren.
Saxophon und E-Gitarre im Einklang: Selten hat eine so einzigartige Kombination im Rock solche Höhen erreicht.
"Little Umbrellas" hingegen führt zu jazzigeren Atmosphären, bei denen der Hauptteil der Arbeit von Keyboards und Orgel bestimmt wird, die einen düsteren Klang erzeugen, fast wie ein Trauermarsch.
Sehr schön sind hier die melodischen Stickereien der Blasinstrumente, wie z. B. der Flöte, die schüchtern, aber anmutig zwischen den Falten des eigentlichen Songs hervorblitzen.
Weiter geht es mit "The Gumbo Variations": Max Bennetts pulsierendes einleitendes Bass-Riff ist das Vorspiel für ein abenteuerliches Saxophonspiel.
Underwood spielt ein meisterliches Solo in reinem Jazz: eine Stilübung ohne Grenzen.
Der Song geht weiter, getragen von einer Rhythmik, die von ungeraden Taktarten überquillt, bis in einer totalen orgiastischen Klangexplosion die Geige von "Sugar Cane" Harris das Ruder übernimmt und ein und brillantes Solo abliefert, bei dem er seinem Instrument Zischlaute und Töne entlockt, die man noch nie zuvor von einer Geige gehört hat.
Die Geige macht Platz für Zappas raue Soli und endet in einer Explosion von jazzigem Avantgardismus der exaltiertesten Art.
Sanfter, smoothiger Jazz ist hier nicht zu Hause.
Im abschließenden "It Must Be A Camel" wird die Stimmung entspannter: Die rücksichtslos ungeraden Takte des Schlagzeugs bilden die Bühne für einen Chor zwischen Saxophon und Klavier im Hintergrund.
Die Brutalität, die wichtige Abschnitte des Albums kennzeichnete, weicht einem raffinierten Ensemble-Sound, der in der Mitte des Stücks von Zappas Solo dominiert wird, dass sich in ruhigeren Klängen entspannt, um uns dann mit plötzlichen, blitzschnellen elektrischen Explosionen zu überraschen.
Fünfzig Jahre liegen die Aufnahmen dieser Perlen zurück, die ihrer Zeit so weit voraus sind, dass sie kein Alter kennen.
Hot Rats ist eine Zäsur zwischen zwei Epochen, in denen Frank Zappa seinen Ideen in totaler Eigenständigkeit freien Lauf lässt und mit einem Ehrgeiz, der über seine Zeitgenossen hinausgeht und den Weg für die interessanteste Periode der Rockgeschichte ebnete.
All tracks are written by Frank Zappa.
Side one
1. "Peaches en Regalia" 3:38
2. "Willie the Pimp" 9:21
3. "Son of Mr. Green Genes" 8:58
Side two
4. "Little Umbrellas" 3:06
5. "The Gumbo Variations" 12:53
6. "It Must Be a Camel" 5:15
Frank Zappa – guitar, octave bass, percussion
Ian Underwood – piano, organus maximus, flute, all clarinets, all saxes
Also featuring
Captain Beefheart – vocals on "Willie the Pimp"
Max Bennett – bass on all tracks except "Peaches en Regalia"
Shuggie Otis – bass on "Peaches en Regalia"
John Guerin – drums on "Willie the Pimp", "Little Umbrellas" and "It Must Be a Camel"
Paul Humphrey – drums on "Son of Mr. Green Genes" and "The Gumbo Variations"
Ron Selico – drums on "Peaches en Regalia"
Don "Sugarcane" Harris – violin on "Willie the Pimp" and "The Gumbo Variations"
Jean-Luc Ponty – violin on "It Must Be a Camel"
Lowell George – rhythm guitar (uncredited)
Production
Producer: Frank Zappa
Director of engineering: Dick Kunc
Engineers: Cliff Goldstein, Jack Hunt, Brian Ingoldsby, Dick Kunc
Arranger: Frank Zappa
Cover design: Cal Schenkel
Design: Cal Schenkel, John Williams