[REVIEW] King Crimson - In The Wake Of Poseidon
Verfasst: Fr 19. Mai 2023, 14:23
Wer sich mit der beinhart verkopften progressiven Rockmusik beschäftigt, wird nicht ohne weiteres an der Band King Crimson vorbeikommen. Als Aushängeschild jener Stilistik werden sie meist im selben Atemzug wie Yes, Gentle Giant, ELP, Genesis oder VdGG genannt. Wenn man im engeren Sinne über die Band diskutieren will, fällt der Schwerpunkt meist auf das grandiose und wegbereitende Debütalbum, das oftmals nicht ohne Grund als Urschrei des Prog bezeichnet wird.
Als sich die Musiklandschaft Ende der 1960er Jahre nach und nach von der Flower Power Bewegung und seinen psychedelischen Klängen erholte, waren die Herren um Robert Fripp ihrer Zeit schon um einiges voraus und ließen sämtliche altbewehrte Regeln des Musikmachens einstürzen, indem sie das Album „In The Court Of The Crimson King“ veröffentlichen. In der allgemeinen Wahrnehmung als Fan des Progressive-Rock ist dieses Album wohl unumstritten als Meisterwerk zu betrachten. Doch so schnell die Band gegründet war und erste Erfolge feiern konnte, mindestens genauso schnell war die Band in 1970 fast schon wieder am Ende ihrer Reise.
Nach der erfolgreich abgeschlossenen Nord Amerika-Tournee, die Ende des Jahres 1969 stattgefunden hatte, standen die Weichen bei fast allen Mitgliedern auf Abschied. Ian McDonnald und Michael Gilles fühlten sich schlicht und ergreifend furchtbar unwohl und konnten dem Tourleben soweit von zu Hause weg nicht viel abgewinnen, weshalb dies die erste und einzige Tour für beide Musiker bei KC sein sollte. Pete Sinfield war im Prinzip der Texter der Band, aber kein Musiker, welcher instrumentale Beiträge den Songs hinzufügen konnte. Auf Dauer wollte er so ebenfalls nicht weitermachen, denn selbst auf Tour war er einzig für die Bühnenbeleuchtung zuständig. Greg Lake sollte sich Anfang 1970 mit Keith Emerson und Carl Palmer zusammentun und zu Weltruhm gelangen.
Jedoch entstand 1970 nun doch ein Album, das unter dem Etikett King Crimson lief und mit einer Besetzung aufgenommen wurde, die es so zu diesem Zeitpunkt prinzipiell schon gar nicht mehr gegeben hatte. Dieses Werk wurde schließlich auf den Namen „In The Wake Of Poseidon“ getauft und erschien erstmals in England im Mai auf Island Records.
Man kann fast schon sagen, die Songs wurden unter der Leitung Fripps mit diversen Gastmusikern aufgenommen. Ian McDonnald war nun endgültig ausgestiegen. Seine Saxophonparts wurden von Mel Collins übernommen und Fripp versuchte sich also selbst am Mellotron. Zudem waren beide Gilles Brüder am Werk beteiligt, mit denen Robert Fripp schon vor King Crimson zusammengearbeitet hatte. Peter Gilles ersetzte am Bass den schon ausgestiegenen Greg Lake, welcher aber noch die Güte hatte und seine Stimme für die Gesangsparts zur Verfügung stellte. Zuvor kam es fast dazu, dass der noch unbekannte Elton John als Sänger dazustoßen würde. Jedoch platzte dieses Unterfangen, da Fripp im letzten Augenblick der Auffassung war, John passe wohl doch nicht recht zu der Musik von King Crimson. Einen weiteren Gastauftritt hatten darüber hinaus Keith Tippett am Klavier und Gordon Haskell als Sänger für „Cadance And Cascade“.
Das Album beginnt mit einem zart sanften a capella Stück, das sich ohne Druck und Zwang in die Ohren des Zuhörers schmiegt bis der aggressive Beginn mit zimmernden Saxophon-Riff von „Pictures Of A City“ in altbekannter Schizoid Man Manier daherkommt. Das Stück ist eindeutig vergleichbar mit dem zuvor angesprochenen Titel aus ihrem ersten Album. Saubere Basslines, verzerrter und druckvoller Gesang sowie wüste und schnelle Taktwechsel untermauern höchstes musikalisches Niveau und würdigen eine ausgezeichnete Fortsetzung des Schizoid Mans ohne sich selbst zu kopieren. Beim nachfolgenden „Cadance And Cascade“ wurde nun der Sänger getauscht, was nicht weniger Qualität zu Tage bringen sollte. Gordon Haskell singt seinen Text ruhig, sanft und achtsam. Der Song erzeugt Bilder im Kopf, als läge man verträumt im Gras und schaut müde und zufrieden dem Sonnenuntergang entegegen. Der Chorus erscheint sehr angenehm und bedeutend melodisch. Sicherlich sind auch hier einige Parallelen zu „I Talk To The Wind“ ersichtlich, wenn auch dieser Titel vielleicht eine Stufe schwungvoller daherkommt. Den Abschluss der ersten Seite macht das Monumentalstück „In The Wake Of Poseidon“. Das Mellotron erzeugt in den acht Minuten hinweg einen wunderbaren Klangteppich, der fast schon ins fantasyartige überschwappt. Die akustische Gitarre ergänzt das Stück hervorragend in seiner Gesamtheit und Greg Lake präsentierte sich einmal mehr mit seiner engelsgleichen Stimme, was für ein begnadeter Sänger er doch war. Vielleicht lehnt man sich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man behauptet, dass das der Titel mit der aller schönsten Stimmung ist, die je in einem King Crimson Lied hervorgebracht worden ist.
Die zweite Seite beginnt ebenfalls mit einer ruhigen instrumentalen Zwischensequenz bis das locker leicht fast schon jazzig soulige „Cat Food“ beginnt. Dieser Titel charakterisiert ein groovendes, wenn auch sehr krummes Klavierspiel und einen Gesang sowie einen Rhythmus, die sehr harmonisch erscheinen und sich gegenseitig ausgezeichnet ergänzen. Der letzte lange Track des Albums, genannt „The Devil’s Triangel“, ist ein Instrumentalstück, gesplittet in drei Teile und erinnert im Ansatz stark an die Schemata des Krautrocks, indem es mit rhythmisch monotonen Klängen zu überzeugen weiß. Die Musik lässt sich wohl am treffendsten mit etwas druckvollen und wabernden beschreiben, das sich am Horizont zu etwas Großem und unbeschreiblich Schrecklichem auftürmt. Auch hier steht das Mellotron als Stimmungsmacher im Mittelpunkt. Abgeschlossen wird das Album mit jenem ähnlichem Gesang, der auch die Einleitung des Werks vollzogen hatte.
Um die Essenz dieses zweiten Studioalbums nochmal auf den Begriff zu bringen, sollte gesagt sein, dass es dem Debütalbum in nichts nachsteht und sich nicht verstecken, geschweige denn kleingeredet werden muss. Ebenso wird eine riesige Palette an Stilen abgedeckt, die das Album zu einem niemals langweilig werden Klassiker machen lässt. Von jazzrockig bis balladesken hinzu epochalen Passagen lässt das Werk fast nichts aus und bedient dabei den Wunschzettel des Prog Hörers in absolut vollem Umfang. Wer sich Zeit und Ruhe für dieses Album nimmt, wird in einen Genuss kommen, den er so nicht mehr missen möchte.
1. Peace – A Beginning (Fripp, Sinfield) – 0:49
2. Pictures of a City (incl. 42nd at Treadmill) (Fripp, Sinfield) – 8:03
3. Cadence and Cascade (Fripp, Sinfield) – 4:27
4. In the Wake of Poseidon (incl. Libra’s Theme) (Fripp, Sinfield) – 7:56
5. Peace – A Theme (Fripp) – 1:15
6. Cat Food (Fripp, Sinfield, McDonald) – 4:54
7. The Devil’s Triangle (Fripp) – 11:39
(i)Merday Morn (Fripp, McDonald)
(ii)Hand of Sceiron (Fripp)
(iii)Garden of Worm (Fripp)
8. Peace – An End (Fripp, Sinfield) – 1:53
Als sich die Musiklandschaft Ende der 1960er Jahre nach und nach von der Flower Power Bewegung und seinen psychedelischen Klängen erholte, waren die Herren um Robert Fripp ihrer Zeit schon um einiges voraus und ließen sämtliche altbewehrte Regeln des Musikmachens einstürzen, indem sie das Album „In The Court Of The Crimson King“ veröffentlichen. In der allgemeinen Wahrnehmung als Fan des Progressive-Rock ist dieses Album wohl unumstritten als Meisterwerk zu betrachten. Doch so schnell die Band gegründet war und erste Erfolge feiern konnte, mindestens genauso schnell war die Band in 1970 fast schon wieder am Ende ihrer Reise.
Nach der erfolgreich abgeschlossenen Nord Amerika-Tournee, die Ende des Jahres 1969 stattgefunden hatte, standen die Weichen bei fast allen Mitgliedern auf Abschied. Ian McDonnald und Michael Gilles fühlten sich schlicht und ergreifend furchtbar unwohl und konnten dem Tourleben soweit von zu Hause weg nicht viel abgewinnen, weshalb dies die erste und einzige Tour für beide Musiker bei KC sein sollte. Pete Sinfield war im Prinzip der Texter der Band, aber kein Musiker, welcher instrumentale Beiträge den Songs hinzufügen konnte. Auf Dauer wollte er so ebenfalls nicht weitermachen, denn selbst auf Tour war er einzig für die Bühnenbeleuchtung zuständig. Greg Lake sollte sich Anfang 1970 mit Keith Emerson und Carl Palmer zusammentun und zu Weltruhm gelangen.
Jedoch entstand 1970 nun doch ein Album, das unter dem Etikett King Crimson lief und mit einer Besetzung aufgenommen wurde, die es so zu diesem Zeitpunkt prinzipiell schon gar nicht mehr gegeben hatte. Dieses Werk wurde schließlich auf den Namen „In The Wake Of Poseidon“ getauft und erschien erstmals in England im Mai auf Island Records.
Man kann fast schon sagen, die Songs wurden unter der Leitung Fripps mit diversen Gastmusikern aufgenommen. Ian McDonnald war nun endgültig ausgestiegen. Seine Saxophonparts wurden von Mel Collins übernommen und Fripp versuchte sich also selbst am Mellotron. Zudem waren beide Gilles Brüder am Werk beteiligt, mit denen Robert Fripp schon vor King Crimson zusammengearbeitet hatte. Peter Gilles ersetzte am Bass den schon ausgestiegenen Greg Lake, welcher aber noch die Güte hatte und seine Stimme für die Gesangsparts zur Verfügung stellte. Zuvor kam es fast dazu, dass der noch unbekannte Elton John als Sänger dazustoßen würde. Jedoch platzte dieses Unterfangen, da Fripp im letzten Augenblick der Auffassung war, John passe wohl doch nicht recht zu der Musik von King Crimson. Einen weiteren Gastauftritt hatten darüber hinaus Keith Tippett am Klavier und Gordon Haskell als Sänger für „Cadance And Cascade“.
Das Album beginnt mit einem zart sanften a capella Stück, das sich ohne Druck und Zwang in die Ohren des Zuhörers schmiegt bis der aggressive Beginn mit zimmernden Saxophon-Riff von „Pictures Of A City“ in altbekannter Schizoid Man Manier daherkommt. Das Stück ist eindeutig vergleichbar mit dem zuvor angesprochenen Titel aus ihrem ersten Album. Saubere Basslines, verzerrter und druckvoller Gesang sowie wüste und schnelle Taktwechsel untermauern höchstes musikalisches Niveau und würdigen eine ausgezeichnete Fortsetzung des Schizoid Mans ohne sich selbst zu kopieren. Beim nachfolgenden „Cadance And Cascade“ wurde nun der Sänger getauscht, was nicht weniger Qualität zu Tage bringen sollte. Gordon Haskell singt seinen Text ruhig, sanft und achtsam. Der Song erzeugt Bilder im Kopf, als läge man verträumt im Gras und schaut müde und zufrieden dem Sonnenuntergang entegegen. Der Chorus erscheint sehr angenehm und bedeutend melodisch. Sicherlich sind auch hier einige Parallelen zu „I Talk To The Wind“ ersichtlich, wenn auch dieser Titel vielleicht eine Stufe schwungvoller daherkommt. Den Abschluss der ersten Seite macht das Monumentalstück „In The Wake Of Poseidon“. Das Mellotron erzeugt in den acht Minuten hinweg einen wunderbaren Klangteppich, der fast schon ins fantasyartige überschwappt. Die akustische Gitarre ergänzt das Stück hervorragend in seiner Gesamtheit und Greg Lake präsentierte sich einmal mehr mit seiner engelsgleichen Stimme, was für ein begnadeter Sänger er doch war. Vielleicht lehnt man sich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man behauptet, dass das der Titel mit der aller schönsten Stimmung ist, die je in einem King Crimson Lied hervorgebracht worden ist.
Die zweite Seite beginnt ebenfalls mit einer ruhigen instrumentalen Zwischensequenz bis das locker leicht fast schon jazzig soulige „Cat Food“ beginnt. Dieser Titel charakterisiert ein groovendes, wenn auch sehr krummes Klavierspiel und einen Gesang sowie einen Rhythmus, die sehr harmonisch erscheinen und sich gegenseitig ausgezeichnet ergänzen. Der letzte lange Track des Albums, genannt „The Devil’s Triangel“, ist ein Instrumentalstück, gesplittet in drei Teile und erinnert im Ansatz stark an die Schemata des Krautrocks, indem es mit rhythmisch monotonen Klängen zu überzeugen weiß. Die Musik lässt sich wohl am treffendsten mit etwas druckvollen und wabernden beschreiben, das sich am Horizont zu etwas Großem und unbeschreiblich Schrecklichem auftürmt. Auch hier steht das Mellotron als Stimmungsmacher im Mittelpunkt. Abgeschlossen wird das Album mit jenem ähnlichem Gesang, der auch die Einleitung des Werks vollzogen hatte.
Um die Essenz dieses zweiten Studioalbums nochmal auf den Begriff zu bringen, sollte gesagt sein, dass es dem Debütalbum in nichts nachsteht und sich nicht verstecken, geschweige denn kleingeredet werden muss. Ebenso wird eine riesige Palette an Stilen abgedeckt, die das Album zu einem niemals langweilig werden Klassiker machen lässt. Von jazzrockig bis balladesken hinzu epochalen Passagen lässt das Werk fast nichts aus und bedient dabei den Wunschzettel des Prog Hörers in absolut vollem Umfang. Wer sich Zeit und Ruhe für dieses Album nimmt, wird in einen Genuss kommen, den er so nicht mehr missen möchte.
1. Peace – A Beginning (Fripp, Sinfield) – 0:49
2. Pictures of a City (incl. 42nd at Treadmill) (Fripp, Sinfield) – 8:03
3. Cadence and Cascade (Fripp, Sinfield) – 4:27
4. In the Wake of Poseidon (incl. Libra’s Theme) (Fripp, Sinfield) – 7:56
5. Peace – A Theme (Fripp) – 1:15
6. Cat Food (Fripp, Sinfield, McDonald) – 4:54
7. The Devil’s Triangle (Fripp) – 11:39
(i)Merday Morn (Fripp, McDonald)
(ii)Hand of Sceiron (Fripp)
(iii)Garden of Worm (Fripp)
8. Peace – An End (Fripp, Sinfield) – 1:53