[PORTRAIT] Wilco
Verfasst: So 9. Feb 2025, 22:54


Anfang der 90er formulierte eine Band namens UNCLE TUPELO, nahe Chicago, einen Musikstil
der punkigen Rock mit Fiddle, Banjo, Dobro, Pedal Steel und folk-inspiriertem Harmoniegesang kombinierte.
Der Stilbegriff „Alternative Country“ kam auf und wurde besonders mit UNCLE TUPELO als Urheber in Verbindung gebracht.
Die beiden Bandköpfe Jay Farrar und Jeff Tweedy zerstritten sich, nach vier Alben, wodurch zwei weitere einflussreiche Bands -WILCO und SON VOLT- entstanden.




Tweedy konnte die restlichen UNCLE TUPELO- Mitglieder für WILCO gewinnen und legte schon 1995 das Debüt A.M. vor, welches noch stark vom Alternative Country- Stil geprägt war.
Im Vergleich zu SON VOLT'S Output TRACE, im gleichen Jahr, fielen die Songs deutlich schwächer aus.
Das änderte sich allerdings mit der Doppel-CD BEING THERE die 1996 herauskam und euphorische Kritiken erhielt.
Nachdem ich ein Review im deutschen Rolling Stone gelesen hatte, hielt ich, begierig, wochenlang nach der Scheibe Ausschau, sie kam in Europa erst viel später raus.
Die Musik war nun weniger von countryeinflüssen geprägt, energiereicher und ließ nun mehr Spuren von den Stones, Big Star und den Kinks erkennen.
Mit dem 99er Werk -SUMMERTHEETH- entwickelte sich die Band, mit deutlichen Beach Boys-Einflüssen, keyboardorientiertem Sound und raffinierten Songwriting abermals weiter.
Alternative Country bot diese Musik nur noch im entfernten Sinne.
Zum großen Wurf wurde dann YANKEE HOTEL FOXTROT, die jedoch von der Plattenfirma, Reprise, abgelehnt wurde weil ihnen der experimentelle Einschlag der Band nicht zusagte.
Die Band musste sich eine neue Firma (Nonsuch) suchen, weshalb sich die Veröffentlichung hinzog.
Eine derartige Entwicklung hätte der Band, zu Beginn, niemand zugetraut.
Auch 2004 entzogen sie sich mit A GHOST IS BORN jeglicher Kategorisierung und sind nun wohl eher dem Alternative Rock zuzuordnen.
Diesmal präsentierten sie sich mit experimentellem Noiserock und einigen Krautrock-Ausflügen.
Erdiger fiel dagegen SKY BLUE SKY aus dem Jahr 2007 aus.
Eine großartige Gitarrenplatte die selbst an die großen Werke von Neil Young & Crazy Horse heranreicht.
In den Indie-Popbereich zog es die Band, 2009 mit der Scheibe "WILCO (THE ALBUM)", wie gewohnt mit großartigen Songwriting.
Dass Wilco auch als Liveband funktionieren beweist die Doppel CD KICKING TELEVISION – Live In Chicago von 2005, sowie die DVD ASHES OF AMERICAN FLAGS: Wilco Live von 2009 - beide unverzichtbar!
Zu erwähnen wäre noch das 98er Projekt MERMAID AVENUE mit Billy Bragg der auf Initiative von Nora Guthrie der Tochter von Woody Guthrie dessen Songtexte er vertonen sollte.
Bragg holte WILCO ins Boot da er durch sie den amerikanischen musikalischen Geist repräsentiert sah.
Dabei fielen zwei CDs ab, die viel Kritikerlob erhielten.
Die Zusammenarbeit von Bragg/Tweedy gestaltete sich jedoch als schwierig und wurde nicht weitergeführt.
Für mich ist WILCO eine der interessantesten und wichtigsten aktiven Bands der letzten Dekade, kaum eine Gruppe bot ähnlich viele Überraschungsmomente und schrieb dazu noch immer besser werdende Songs.
