[REVIEW] Little Nemo • The World Is Flat (1992)
Verfasst: Sa 22. Apr 2023, 11:21
"The World Is Flat" war das dritte reguläre Album der französischen Band Little Nemo um den charismatischen Gitarristen Vincent Le Gallo, lässt man mal zwei ganz zu Anfang veröffentlichte Mini Alben ausser acht. Man hörte auf diesem meiner Meinung nach besten Album der Band nicht an, dass sie aus Frankreich stammte. Vielmehr bot sie hier eine ausgereifte Platte, die sich stilistisch irgendwo zwischen den australischen The Church und den englischen The Cure bewegte. Einzig die beiden Titel "Au Milieu du Ciel" und "Bain du Minuit" verrieten einen frankophilen Hintergrund.
Der Leadsänger Olivier Champeau erinnert von der Stimmlage und der Phrasierung ein bisschen an Ian Broudie (The Lightning Seeds), die Musik klingt jedoch wesentlich rockiger und auch viel distingierter und eleganter als diejenige von Broudie, auch weil sie sich nicht nur auf popmusikalischen Schönklang beschränkt, sondern durchaus den Anspruch erhebt, im gehobenen Segment des Art Rock mitzumischen, was sowohl dem Sänger, als auch der Band insgesamt vortrefflich und scheinbar mühelos gelingt. Wenn Olivier Champeau schliesslich ins schwärmerisch Erzählerische fällt, erreicht er schon fast die Klasse von Kinks-Mastermind Ray Davies, denn auch bei Olivier Champeau überwiegen in den Songtexten die kleinen Alltagserlebnisse, denen man in der Regel viel Beachtung schenkt, jedoch selten darüber schreiben oder singen mag. Letztlich findet sich alles, was man erlebt, in der Empfindung, in der Liebe, im Herzen wieder.
Das gesamte Werk klingt wie aus einem Guss, es gibt keinerlei Schwachstellen, und das musikalische Programm ist vielfältig und gut in Szene gesetzt: Leichte balladeske oft akustisch gehaltene Kleinode wechseln sich ab mit wuchtig eruptierenden rockigen Ausbrüchen und spielen gekonnt mit den Gefühlen von innerer Ruhe einerseits und geballter Kraft auf der anderen Seite. "Late World Shift" ist so ein Brocken von ungeheurer Wucht, ein Untergang und gleichzeitig Neuanfang, man gerät in einen Strudel der Gefühle und wird nicht erlöst - der Song endet im Chaos. Ganz anders "Pray For A Great Day": Hier stimmt der Beat. Es rockt und man will schon seine grossen Zehen zum wippen bringen, doch eine sogleich einsetzende Flöte, gespielt von Gastmusiker Stéphane Marchi, hält den Kraftausbruch gekonnt zurück, leitet den Song auf eine positive, fast liebliche Spur, steigert sich, überlässt der Band den Groove und entwickelt sich zu einem überaus stolzen Rocksong, bei welchem bald der ganze Fuss wippt. Auch hier klingt der schliesslich als Höhepunkt einsetzende Refrain hörbar nach den Australiern von The Church.
Das aus meiner Sicht beste Stück des ganzen Albums aber ist "Late World Shift", ein richtig gut gemachter und sehr düsterer Rocktitel, der mit Sprachfetzen und atonalen Beigaben spielt und mit einem stoisch wirkenden Fast-Einakkorder-Riff richtiggehend Unbehagen verbreiten kann und dabei fast schon den Stoner Rock Bereich streift. Würde man eigentlich auf dieser Platte nicht unbedingt erwarten. Sehr geil!
Und dann ist da auch noch "Rumours" aus der Feder von Keyboarder Ronan Lesergent, das mit diesem leichten und einnehmenden, an Sprechgesang erinnernden Singsang-Monolog und dem etwas Musical-artigen, wie aus einer billigen Burleske stammenden Piano-Spiel frappant an Bill Nelson und dessen Songs, die er mit seinen Be-Bop Deluxe gespielt hat, erinnert.
Alles in allem ist "The World Is Flat" ein ausgezeichnetes Art Rock Album geworden, das keinesfalls einen rein künstlerischen Approach erhebt, aber dennoch alles andere als ein ganz gewöhnliches Rockalbum ist. Aufgenommen im Oktober bis Dezember 1991 im Val d'Orge Studio und veröffentlicht auf dem kleinen Independent Label Single KO, das in Frankreich von Virgin Records vertrieben wurde. Eine herrlich melodiöse Rockplatte.
Der Leadsänger Olivier Champeau erinnert von der Stimmlage und der Phrasierung ein bisschen an Ian Broudie (The Lightning Seeds), die Musik klingt jedoch wesentlich rockiger und auch viel distingierter und eleganter als diejenige von Broudie, auch weil sie sich nicht nur auf popmusikalischen Schönklang beschränkt, sondern durchaus den Anspruch erhebt, im gehobenen Segment des Art Rock mitzumischen, was sowohl dem Sänger, als auch der Band insgesamt vortrefflich und scheinbar mühelos gelingt. Wenn Olivier Champeau schliesslich ins schwärmerisch Erzählerische fällt, erreicht er schon fast die Klasse von Kinks-Mastermind Ray Davies, denn auch bei Olivier Champeau überwiegen in den Songtexten die kleinen Alltagserlebnisse, denen man in der Regel viel Beachtung schenkt, jedoch selten darüber schreiben oder singen mag. Letztlich findet sich alles, was man erlebt, in der Empfindung, in der Liebe, im Herzen wieder.
Das gesamte Werk klingt wie aus einem Guss, es gibt keinerlei Schwachstellen, und das musikalische Programm ist vielfältig und gut in Szene gesetzt: Leichte balladeske oft akustisch gehaltene Kleinode wechseln sich ab mit wuchtig eruptierenden rockigen Ausbrüchen und spielen gekonnt mit den Gefühlen von innerer Ruhe einerseits und geballter Kraft auf der anderen Seite. "Late World Shift" ist so ein Brocken von ungeheurer Wucht, ein Untergang und gleichzeitig Neuanfang, man gerät in einen Strudel der Gefühle und wird nicht erlöst - der Song endet im Chaos. Ganz anders "Pray For A Great Day": Hier stimmt der Beat. Es rockt und man will schon seine grossen Zehen zum wippen bringen, doch eine sogleich einsetzende Flöte, gespielt von Gastmusiker Stéphane Marchi, hält den Kraftausbruch gekonnt zurück, leitet den Song auf eine positive, fast liebliche Spur, steigert sich, überlässt der Band den Groove und entwickelt sich zu einem überaus stolzen Rocksong, bei welchem bald der ganze Fuss wippt. Auch hier klingt der schliesslich als Höhepunkt einsetzende Refrain hörbar nach den Australiern von The Church.
Das aus meiner Sicht beste Stück des ganzen Albums aber ist "Late World Shift", ein richtig gut gemachter und sehr düsterer Rocktitel, der mit Sprachfetzen und atonalen Beigaben spielt und mit einem stoisch wirkenden Fast-Einakkorder-Riff richtiggehend Unbehagen verbreiten kann und dabei fast schon den Stoner Rock Bereich streift. Würde man eigentlich auf dieser Platte nicht unbedingt erwarten. Sehr geil!
Und dann ist da auch noch "Rumours" aus der Feder von Keyboarder Ronan Lesergent, das mit diesem leichten und einnehmenden, an Sprechgesang erinnernden Singsang-Monolog und dem etwas Musical-artigen, wie aus einer billigen Burleske stammenden Piano-Spiel frappant an Bill Nelson und dessen Songs, die er mit seinen Be-Bop Deluxe gespielt hat, erinnert.
Alles in allem ist "The World Is Flat" ein ausgezeichnetes Art Rock Album geworden, das keinesfalls einen rein künstlerischen Approach erhebt, aber dennoch alles andere als ein ganz gewöhnliches Rockalbum ist. Aufgenommen im Oktober bis Dezember 1991 im Val d'Orge Studio und veröffentlicht auf dem kleinen Independent Label Single KO, das in Frankreich von Virgin Records vertrieben wurde. Eine herrlich melodiöse Rockplatte.