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R.i.P. Thomas Friz – Zupfgeigenhansel
Thomas Friz, der gemeinsam mit Erich Schmeckenbecher besser unter Zupfgeigenhansel bekannt wurde, verstarb am 29. August im Alter von 73 Jahren.
Todesnachrichten erreichen uns aus verschiedenen Richtungen täglich, doch da ist dann immer die ein oder andere dabei, die einen besonderen Stich verursacht. Einen solchen Stich versetzte mir die Todesnachricht von Thomas Friz, dessen Musik mich von 1976 bis heute, somit mehr als 40 Jahre, begleitete. Sämtliche Zupf-LPs stehen bei mir im Regal und werden auch heute noch immer mal wieder gehört. Dabei erinnere ich mich noch sehr gut daran als 1976 die erste Zupfgeigenhansel-Veröffentlichung erschien. Die 14 Songs umfassende LP „Volkslieder I“ lief bei mir rauf und runter. Volkslieder, wie zum Beispiel „Es, es, es und es“, mit denen ich bis dahin nichts anfangen konnte, wurden mir näher gebracht. Ich fand auf einmal den Zugang zu einer Musik, mit der ich bis dahin nichts zu tun hatte, nichts anfangen konnte und wollte.
Im Jahresrhythmus erschienen ihre LPs; Volkslieder II 1977, Volkslieder III 1978. Ebenfalls 1978 erschien ihr Buch „Es wollt ein Bauer früh aufstehn – 222 Volkslieder“. Nun hatte ich auch die Möglichkeit, alles zu den Liedern nachzulesen.
1979 folgte mit „Jiddische Lieder- ´ch hob gehert sogn“ ein absolutes Highlight ihrer musikalischen Karriere. 1980 ließen Schmeckenbecher und Thomas Friz ihre erste Live-LP folgen. Diese LP ist für mich heute noch eine fantastische LP. Sie beginnt mit einer wunderschönen Version von „Wenn alle Brünnlein fließen“ und beschließt die erste LP-Seite mit dem von Schmeckenbecher und Friz verfassten Text zu ihrem Lied „Victor Jara“, ein Lied, welches mir heute immer noch unter die Haut geht. Nach „Eintritt frei“ folgte 1982 die LP „Miteinander“, die gerade mit dem, die erste LP-Seite abschließenden Titelsong und dem die zweite LP-Seite eröffnenden „Waldfest“ zwei absolute Höhepunkte beinhaltet.
Es versteht sich von selbst, dass ich in diesen Jahren Zupfgeigenhansel mehrfach live erleben durfte. In meiner Erinnerung hängen geblieben sind Auftritte im Mainzer Unterhaus und ein Auftritt in Wiesbaden, gemeinsam mit Oskar Lafontaine, damaliger Hoffnungsträger der SPD. Damals war ich von Zupfgeigenhansels musikalischen Interpretationen und den Ausführungen Oskar Lafontaine´s gleichermaßen begeistert. Die Begeisterung und Faszination von und für Zupfgeigenhansel ist mir bis heute erhalten geblieben.
Einen Song, den ich unbedingt erwähnen muss, ist auf keiner Zupfgeigenhansel-LP zu finden. Zur, 1982 bei Folk Freak, erschienen Kompilation „Wir wollen Leben“ steuerten Zupfgeigenhansel ihre Version von „Der Deserteur“ bei.
Ihren letzten gemeinsamen Auftritt hatten Thomas Friz und Erich Schmeckenbecher 1986 in der Zeche Bochum.
Thomas Friz veröffentliche auch nach Zupfgeigenhansel einige bemerkenswerte Werke. Gemeinsam mit Klaus Wuckelt erschien 1995 die (etwas andere) Weihnachts-CD „Ich steh an deiner Krippen“, von der ich im Rahmen meines klingenden Adventskalenders einige Musikstücke vorstellte. Erwähnen möchte ich hier noch die von Thomas Friz 1987 veröffentlichte LP „Jiddische Lieder“ (nicht zu verwechseln mir der Zupf-LP). Ein absolut überzeugendes und kraftvolles Werk, welches die Begeisterung Thomas Friz dieser Lieder bestens zur Geltung bringt.
Nach 35 Jahren kamen Schmeckenbecher und Friz 2021 wieder zusammen, erarbeiteten eine Rückschau auf die Zupfgeigenhansel-Jahre. Das Ergebnis ist eine drei CDs umfassende Box.
Nun ist die Stimme von Thomas Friz für immer verstummt. Als kleiner Trost bleiben uns die vielen tollen Tondokumente, die uns der schwäbische Vollblutmusiker in den zurückliegenden Jahrzehnten geschenkt hat.